Essen. Die Pandemie lähmt die Hochzeitsbranche auch in Essen. Wie Hochzeitsplaner und Trauredner mit der Unsicherheit umgehen.

Im Mai nimmt die Hochzeitssaison normalerweise so richtig Fahrt auf – doch der Kalender von Hochzeitsplanerin Theresa Steven ist leer. „Es hängt eine große Unsicherheit über uns“, sagt die Essenerin. „Die Branche hat gerade wirklich zu kämpfen.“ Im vergangenen Jahr hat sie nur eine einzige Hochzeitsfeier umsetzen können und auch im diesem Jahr macht die Corona-Pandemie ihr und vielen Brautpaaren wieder einen Strich durch die Rechnung.

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Frühestens im August wird die nächste von ihr geplante Feier stattfinden. Alle anderen Partys sind entweder verschoben oder abgesagt. „Ich bin froh, dass ich einen Hauptjob habe, von dem ich Miete und Essen zahlen kann“, sagt Steven, die als Projektmanagerin arbeitet und nebenberuflich über ihre Firma „Schmetterlinge im Bauch“ Hochzeiten plant. Als die Kontaktbeschränkungen im Frühjahr und Sommer 2020 die Pläne der Brautpaare durchkreuzten, war es auch für die Hochzeitsplanerin kaum vorstellbar, dass es ein Jahr später wieder zum großen Zittern um die Termine kommen würde.

Eheschließungen ohne große Party

Zwar hat sich die Zahl der Eheschließungen in Essen durch die Corona-Pandemie nur leicht verändert – wie schon in den Vorjahren waren es nach Angaben der Stadt Essen im vergangenen Jahr mehr als 2000 – aber viele Paare haben ihre kirchlichen oder freien Trauungen verschoben. Und damit auch die große Feier, in die viele Dienstleister eingebunden sind. „Alle haben auf 2021 gesetzt und müssen jetzt doch wieder schieben“, sagt Steven.

In der Agentur Traumhochzeit muss Hochzeitsplaner Daniel Peulen mit vielen Paaren eine Verschiebung ihrer großen Feiern organisieren, weil die Kontaktbeschränkungen große Gesellschaften aktuell nicht zulassen.
In der Agentur Traumhochzeit muss Hochzeitsplaner Daniel Peulen mit vielen Paaren eine Verschiebung ihrer großen Feiern organisieren, weil die Kontaktbeschränkungen große Gesellschaften aktuell nicht zulassen. © Seel Photodesign

Ähnliches beobachtet Hochzeitsplaner Daniel Peulen von der Agentur Traumhochzeit. „Im letzten Jahr haben 5 von 30 geplanten Hochzeiten stattgefunden, eigentlich wäre ich von April bis Oktober fast jedes Wochenende unterwegs gewesen“, sagt der 34-jährige Eventmanager. „Jetzt stehen wir wieder vor dem gleichen Problem. Und viele Paare verschieben gar nicht mehr, sondern stornieren ganz, weil sie keinerlei Planungssicherheit haben.“

Im Vorjahr seien viele in der Branche noch sehr kulant gewesen, hätten mit den Brautpaaren kostenlos neue Termine vereinbart. Doch nun stoßen die Dienstleister der Branche an Grenzen, denn erstens blockieren verschobene Hochzeiten Termine, an denen wieder andere Brautpaare interessiert gewesen wären, und zweitens geht das Termin-Verschiebungs-Karussell in die nächste Runde.

Absagen treffen viele Dienstleister

„Das Besondere an der Hochzeitsbranche ist, dass wir ein Sammelbecken für ganz viele Gewerke sind“, sagt die Essener Traurednerin Nina Richert. Daher träfen die Stornierungen nicht nur Planer und Redner, sondern auch viele andere Berufe wie Caterer, Fotografen, Musiker, Konditoren, Floristen, Schneider, Goldschmiede und und und. In Essen haben sich verschiedene Dienstleister zum Wedding Collective zusammengeschlossen und kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie die vierte Hochzeitsmesse veranstaltet.

Traurednerin Nina Richert aus Essen hofft, dass zumindest Feiern in kleinerem Rahmen bald wieder möglich sind.
Traurednerin Nina Richert aus Essen hofft, dass zumindest Feiern in kleinerem Rahmen bald wieder möglich sind. © Denise Elting

Nun würden sie sich so gut es ging auch in der Krise gegenseitig unterstützen, sagt Richert. Sie selbst schreibt in einem Blog, veröffentlicht „Feierabendgedanken“ im eigenen Podcast und betreibt einen Instagram-Kanal. Die Reichweite nutze sie aktuell gerne, um Angebote auf Angebote von Gastronomen hinzuweisen oder neue Platten befreundeter Musiker.

Für die Paare, die ihre Feier absagen, weil sie das Hin und Her nicht mehr ertragen, habe sie genauso Verständnis wie für die schwierige Situation vieler Solo-Selbstständiger. Für beide Seiten hofft sie darauf, dass bei geringeren Inzidenzwerten bald wieder Feiern möglich sein werden – wenn auch in kleinerem Rahmen, mit Schnelltests und Kontaktnachverfolgung. Das hätte aus ihrer Sicht weit mehr als einen wirtschaftlichen Effekt. „Es fällt gerade viel flach, was der Gesellschaft Motivation, Freude und Zusammenhalt gibt“, sagt Richert. „Es fehlen die Augenblicke, in denen wir alle unsere Batterien wieder aufladen können.“ Allein die Perspektive darauf würde den Paaren und vielen in der Branche helfen.