Essen. Essener Landwirte teilen Äcker in Parzellen, säen Gemüse und vermieten die Felder an Privatpersonen. Ein beliebtes Hobby in der Corona-Krise.
Immer mehr Essener entdecken das Gärtnern für sich und immer mehr Landwirte stellen dafür ihre Ackerfläche zur Verfügung. Vor der Saison wird einmal eingesät, Pflege und Ernte wird dann den Mietern überlassen. Wer will, kann auch nachsäen.
Gemüse für vier bis sechs Personen
„Die Essener suchen jetzt Naherholung und Programm, das man trotz Corona in der eigenen Stadt machen kann“, weiß Nikolas Weber. Der 38-jährige Landwirt bietet auf dem Oberschuirshof in Schuir 400 Parzellen an, jede einzelne ist 50 Quadratmeter groß. Das bringe Gemüse für vier bis sechs Personen, so Weber, der den Kontakt zu seinen Mietern - viele sind schon Stammkunden - schätzt: „Im ersten Jahr harken sie die Möhrensamen aus der Erde“, weiß der Landwirt, das passiere ihnen aber nur einmal.
„Im zweiten Jahr unterhalte ich mich mit ihnen über das Wetter und überlege warum welche Gemüsesorte gut oder schlecht gewachsen ist“ und im dritten Jahr gehe es dann oft um Krankheiten und Schädlinge wie Mehltau, Schnecken und Kartoffelkäfer. „Wer an dem Punkt angekommen ist, hat wieder ein Gefühl für Lebensmittel und Natur“, so der Landwirt, der seinem Ziel dann auch ein Stück näher gekommen ist.
Er möchte, dass sich der Ruf der Landwirte wieder bessert: „Wir sind nicht für den Klimawandel und das Insektensterben zuständig, wir sind höchstens ein Teil davon.“ Sein Berufsstand habe leider eine zu schlechte Lobby.
Weber ist viel an der Aufklärungsarbeit gelegen. Er zeigt interessierten Besuchern und Acker-Mietern seinen Hof und die Stallungen und er freut sich, wenn die Kunden merken, dass nicht jede Kohlrabi gleich aussieht und das eine Zucchini in drei Tagen von Unterarm- zu Oberschenkel-Dicke wachsen kann. Er hat beobachtet, dass viele jedes Jahr wieder eine Parzelle mieten: „Die wollen es wissen, die wollen sich optimieren und die wollen sich entspannen, das ist wie eine Therapie für manche.“
Zertifizierte Bioland-Betriebe in Fischlaken und Horst
Als Weber vor zwölf Jahren mit seinen Selbsternte-Feldern anfing war er noch einer der Pioniere. Noch ein bisschen früher dran war der Mittelhammshof der Familie Maas in Fischlaken, die sich bereits vor 15 Jahren dafür entschieden hat. Der Mittelhammshof und der Klosterberghof in Horst sind die beiden einzigen Angebote in Essen für jene, die Wert auf Bioprodukte legen. Beides sind zertifizierte Bioland-Betriebe.
Die Saisonmiete für eine 50-Quadratmeter-Zelle beträgt zwischen 160 Euro auf dem Oberschuirshof und 229 Euro auf dem Klosterberghof. Landwirt Hubertus Budde vom Mechtenberghof in Kray erklärt, dass es für die Mieter günstiger sei, das Gemüse vom Feld zu nehmen, als gleichwertiges im Geschäft zu kaufen. Für den Landwirt sei es zwar lukrativer Parzellen zu vermieten statt große Ackerflächen zu bewirtschaften, aber auch deutlich mehr Arbeit.
Während auf einem großen Acker meist eine Getreide- oder Gemüsesorte wächst – „Da muss für die Einsaat ich nur einmal mit dem Traktor drüber“ –, bekommen die Parzellen-Mieter die ganze Bandbreite von Salat über Kartoffeln, Möhren, Zucchini, Kürbis bis hin zu Kohlsorten, die man auch am Ende der Saison im November noch ernten kann. Rund 20 Gemüsesorten bieten die Essener Landwirte ihren Mietern an.
Dazu kommen die Beratungsgespräche, einige Landwirte pflegen den Kundenkontakt auch per Newsletter, Videos und Rezeptideen: „Wir begleiten unsere Kunden bis an den Tellerrand“, erklärt Tobias Paulert, Gründer des Essener Unternehmens Ackerhelden, die die Parzellen auf dem Klosterberghof anbieten. „Es macht uns unheimlich viel Freude“, so Paulert - spätestens, wenn er Fotos vom Candle-Light-Dinner zugeschickt bekommt, das mit selbst geernteten Gemüse zubereitet wurde.
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Trotz der hohen Nachfrage melden alle Landwirte: Es sind noch wenige Parzellen frei. Wer für diese Saison eine mieten will sollte jedoch schnell sein.
Klosterberghof, Weg am Berge 39 in Horst: Biolandbetrieb mit 200 Parzellen. Miete für 40 Quadratmeter von Mai bis Ende November: 229 Euro. Infos: www.ackerhelden.de
Oberschuirshof, Schuirweg 61 in Schuir: 400 Parzellen mit je 50 Quadratmetern. Die Miete für die Saison, von Anfang Mai bis Ende November kostet 160 Euro. Infos: www.feldfreunde.de
Mittelhammshof, Margrefstraße 15 in Fischlaken: Biolandbetrieb mit 180 Parzellen. Miete für 50 Quadratmeter von Mai bis Mitte Oktober: 180 Euro, man kann auch 100 Quadratmeter für 300 Euro mieten. Infos: www.mittelhammshof.de
Winkhauser Tal, Ecke Reuterstraße/Hansbergstraße an der Stadtgrenze Schönebeck/Mülheim. Die Saison startet im Mai, eine 50 Meter große Parzelle kostet 200 Euro Saisonmiete, man kann auch 100 Quadratmeter für 350 Euro mieten oder individuelle Größen absprechen. Infos gibt es auf der Facebook-Seite von Matthias Ott unter dem Suchwort „Pott-Gärten“ oder unter 0178-1541222
Mechtenberghof, Am Mechtenberg 5 in Kray: 140 Parzellen mit je 45 Quadratmetern. Die Miete für die Saison, die Ende April beginnt 229 Euro, man kann auch 90 Quadratmeter für 439 Euro mieten. Infos: www.meine-ernte.de
Landwirtschaftsbetrieb Thomas Leuchten, In der Borbeck 80 in Werden: 38 Parzellen mit 50 oder 100 Quadratmetern stehen zur Verfügung. Die Miete für die Saison, die Ende April beginnt und Ende Oktober endet beträgt 200 Euro für ein kleines und 350 Euro für ein großes Feld. Man kann auch Felder ohne Vorbepflanzung mieten. Infos: 0176 23595556