Essen-Horst. . Zweigbetrieb des Franz Sales-Hauses hat sich das Bioland-Siegel erarbeitet. Einrichtung bringt Struktur in das Leben behinderter Menschen.
Klosterberghof. Klingt nach Tirol. Oder Bayern. Auf jeden Fall aber nach irgendwo südlich des Weißwurstäquators. Tatsächlich jedoch liegt auch ein Klosterberghof tief im Essener Osten auf den Ruhrhöhen in Horst an der Grenze zu Bochum.
Als Zweigbetrieb der Franz Sales Werkstätten GmbH sind dort auch Menschen mit geistiger Behinderung beschäftigt – und die helfen tatkräftig mit, dass die Kriterien für das vor nun 25 Jahren verliehene und regelmäßig streng überprüfte Bio-Siegel des größten ökologischen Anbauverbandes „Bioland“ auch eingehalten werden. Kreislaufwirtschaft ohne Stickstoffdünger oder chemisch-synthetische Pestizide.
Klosterberghof wurde im Jahr 1319 erstmals erwähnt
Idylle pur. Der denkmalgeschützte, geschichtlich erstmals im Jahr 1319 erwähnte und 1939 vom Franz Sales Haus übernommene Klosterberghof hat Charme. Ponys, Hühner und Rinder, Katzen und Kaninchen, Streuobst, Hofhund Bella, Wiesen, Weiden und auf 30 Hektar jede Menge weites Land. Sieht aus nach „Urlaub auf dem Bauernhof“. Und schmeckt und duftet auch so. Herrlich.
Unterm Strich aber muss auch am Klosterberghof Geld verdient werden. Dass man die Franz Sales Werkstätten GmbH als Träger im Rücken hat, macht es sicherlich ein wenig einfacher, gleichwohl jedoch müssen sich Betriebsleiter Andreas Martens und sein aus angestellten Mitarbeitern und elf behinderten Menschen bestehendes Team tagtäglich der Konkurrenz stellen. Bio-Läden sind wieder schwer im Kommen, vertreiben mittlerweile oft Komplettsortimente mit Wein, Taschentüchern und sogar Kinderbüchern – so dass sie sich auch in Horst strecken müssen.
Bio-Läden sind schwer im Kommen
Ein Großteil der Erzeugnisse geht an die „Flotte Karotte“, einen mobilen Weitervermarkter mit Sitz auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Holland in Wattenscheid. Seit 1996 liefern Christian Goerdt, der zuvor als Agraringenieur auf dem Klosterberghof arbeitete und ihn 1989 auf ökologischen Anbau umstellte, von dort aus Bio-Ware aus, die sie unter anderem aus Horst beziehen.
Zudem gibt am Klosterberghof den klassischen Hofladen mit dem klassischen Sortiment. Eier, alte Kartoffelsorten wie die „Blauen Schweden“ oder die „Bamberger Hörnchen“, Gemüse, Rindfleisch, Obst und Säfte aus eigener Herstellung. „Natürlich kaufen wir aber noch allerlei zu, denn die Kunden wollen nicht für jedes Produkt anderswo hinfahren müssen“, beschreibt Andreas Martens, 52 und gebürtiger Holländer. Über 1000 Artikel werden aktuell im Hofladen am Weg am Berge 39 angeboten, „denn auch ein Bio-Betrieb muss natürlich rentabel sein“.
Vieles auf dem Hof wird in Handarbeit erledigt
Ein Teil seiner Arbeit besteht aus der Landwirtschaft. Ein anderer daraus, die Menschen aus dem Franz Sales Haus anzuleiten, deren Leben neue oder eine bessere Struktur zu geben. „Hier gibt’s viel Handarbeit, wir brauchen sie.“
Menschen wie Ralf Koch, der die Kaninchen betreut. Oder Dagmar. Sie verteilt die Post und sorgt dafür, dass es stets sauber ist am Hof. Und Michael Lösch kümmert sich um die gut 250 Hühner und vier Hähne, die er nahezu alle beim Vornamen kennt . . . „Außerdem bin ich hier auch der Kühe-Flüsterer“, scherzt der 36-Jährige.
Limousin-Rinder sind sehr widerstandsfähig
Heißt: Er kennt sich auch mit den aus Frankreich stammenden Limousin-Rindern aus, die für ihre Robustheit und gute Fleischqualität geschätzt werden. 13 Kühe, die wie die drei verbliebenen Klosterberghofkühe jedes Jahr kalben, weil der hofeigene Bulle per Natursprung ganze Arbeit leistet.
Wie’s in diesem Jahr läuft, muss man sehen, denn „Johann“, der neue Bulle am Platz, ist gerade erst gekauft worden und mit anderthalb Jahren noch ein Frischling. Wie auch immer: Ab Ende April stehen die Rindviecher mit ihren Kälbern draußen auf der Weide, und dann muss Johann Leitkuh Josefine und den anderen zeigen, was er drauf hat.
Jungbulle beglückt 13 Kühe
Irgendwann werden die Kälber zur Mast weiterverkauft und die Muttertiere bei einem kooperierenden Betrieb in Ostfriesland geschlachtet, der dem Demeter-Anbauverband angehört. Das Fleisch gleichwohl wird teilweise am Klosterberghof wiedervermarktet. Nur bei Anne ist Betriebsleiter Martens hin- und hergerissen. Anne ist mit 18 Jahren die alte Dame unter den Limousin-Rindern und hat mit 15 Kälbern ihren Job mehr als erfüllt. „Mal sehen, vielleicht kriegt sie ja hier ihr Gnadenbrot.“
>>> Hofladen und Ponyreiten
Der Hofladen am Klosterberghof in Horst steht montags und mittwochs von 14 bis 18.30 Uhr geöffnet, freitags von 12 bis 18.30 Uhr und samstags von 9.30 bis 12.30 Uhr Besuchern offen. Mittwochs (16-18 Uhr) bietet das Hofteam ein Ponyreiten mit Fritzi und Funny an.
Kontakt: Klosterberghof, Weg im Berge 39. 53 35 45.