Essen. Kultur für alle verspricht das neue Projekt „Aalto-Mobil“. Was Heimbewohner, Behinderte, Inhaftierte vom beweglichen Musiktheater erwarten können.

Singen, bis der Chefinspektor kommt: So geht es derzeit im Aalto-Foyer, wo die „Königin der Nacht“ plötzlich verschwindet und der schräge Vogel Papageno zum gefiederten Hauptverdächtigen wird. Denn Mozarts „Zauberflöte“ verwandelt sich mit Gesang und Dialogen in einen echten Opern-Krimi. Im Aalto-Foyer feiert „Der Vogelfänger im Kreuzverhör“ am Dienstag, 23. März, 20.15 Uhr, im Livestream auf Youtube seine Videopremiere.

Wendy Krikken als Papagena (links) wird von Regisseurin Marie-Helen Joël und dem musikalischen Leiter Heribert Feckler (Mitte) für die Hauptprobe vorbereitet. Mark Weigel, hier rechts als Chefinspektor, hat auch an der Inszenierung von „Vogelfänger im Kreuzverhör“ mitgewirkt.
Wendy Krikken als Papagena (links) wird von Regisseurin Marie-Helen Joël und dem musikalischen Leiter Heribert Feckler (Mitte) für die Hauptprobe vorbereitet. Mark Weigel, hier rechts als Chefinspektor, hat auch an der Inszenierung von „Vogelfänger im Kreuzverhör“ mitgewirkt. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Mezzosopranistin und Musiktheaterpädagogin Marie-Helen Joël hat die Geschichte mit Wiedererkennungswert mit dem Gespür ihrer juristisch geprägten Familie erdacht und unterstützt von Musicalsänger Mark Weigel auf den Weg gebracht. Es ist der Auftakt des vom Land NRW mit rund 500.000 Euro geförderten Projekts AaltoMobil. Es ist auf drei Jahre angelegt und soll neun Musiktheater-Produktionen zu Menschen bringen, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht ins Theater kommen können. Also kommt die Kultur zu ihnen. „Es sind vor allem Altersheime, in die wir gehen möchten, aber auch Krankenhäuser, Hospize, Schulen in Randgebieten oder Justizvollzugsanstalten“, berichtet Marie-Helen Joël. Und damit zeigt sich eine der Schwierigkeiten. „Es gibt keine klar abgegrenzte Zielgruppe.“

Bekannte Melodien und Wortwitz

Die Voraussetzungen sind bei den Zuschauern vor Ort sehr verschieden. Mit einer einstündigen Mixtur aus bekannten Melodien, Wortwitz und Verstand versuchen Marie-Helen Joël, Mark Weigel und der musikalische Leiter Heribert Feckler, möglichst alle unter einen Hut zu kriegen. „Wir erzählen die Geschichte nicht eins zu eins, wir verändern die Struktur und gehen spielerisch mit den Elementen um“, so Marie-Helen Joël.

„Der Vogelfänger im Kreuzverhör“. Noch in dieser Spielzeit folgt „Der Ring in einer Stunde“. In der nächsten sind „Yesterday light“ oder auch „Carmen“ angedacht.

Aus der Corona-Not „Hänsel und Gretel“ auch als Hörspiel geboren

Am Schluss kommt das berühmte „Pa, Pa, Pa, Papagena“ in einem Rap vor. Szene mit Thomas Hohler, Björn Kuhn und Wendy Krikken (von links).
Am Schluss kommt das berühmte „Pa, Pa, Pa, Papagena“ in einem Rap vor. Szene mit Thomas Hohler, Björn Kuhn und Wendy Krikken (von links). © FUNKE Foto Services | Foto: Kerstin Kokoska

Mobile Produktionen für Kinder und Jugendliche realisieren Theater schon regelmäßig. Angebote für in ihrer Bewegung eingeschränkte Erwachsene sind eher selten. Das lässt sich auch an den vielen Anmeldungen ablesen, die das Aalto-Team sogar aus Hamburg erreichen. Da Corona die geplanten Auftritte noch unmöglich macht, wurde aus der Not eine zusätzliche Idee geboren: „Kurzer Prozess mit Hänsel und Gretel“ wurde als Hörspiel aufgenommen. „Es kann zum Beispiel in die Hausanlage von Heimen eingespeist werden. 22 Comicbilder erzählen die Geschichte. Die Bewohner könnten sie von ihren Fenstern aus verfolgen“, erklärt Marie-Helen Joël.

Welche Sänger ausgewählt werden, ergibt sich aus Können und Verfügbarkeit. Bei dem Musikstück nach Humperdinck sind Ensemblemitglied Christina Clark und Karin Strobos dabei und Essener Philharmoniker, beim „Vogelfänger“ sind es mehr freie Sänger und Musiker. Dank dieses Projekts können auch sie wieder arbeiten. Eine Entdeckung ist Wendy Krikken, die als Talent des Opernstudios NRW an das Aalto-Theater kam. Und was für eins. Die junge Sopranistin meistert die Papagena ebenso wie die Königin der Nacht, die Pamina- ebenso wie die Bildnis-Arie mit toller Bandbreite. Da kann man sich schon mal verknallen - in eine Oper.

Onlinepremiere und Hausbesuche

Das Projekt AaltoMobil startet heute um 20.15 Uhr mit „Vogelfänger im Kreuzverhör“ nach Mozarts „Zauberflöte“ .

Die Aufführung kann kostenlos über den YouTube-Kanal des Aalto-Musiktheaters www.youtube.com/AaltoMusiktheaterEssen abgerufen werden und über die Website des Aalto-Musiktheaters. Im Anschluss steht das Video noch vier Wochen lang zur Verfügung.

von „Kurzer Prozess mit Hänsel und Gretel“ und „Vogelfänger im Kreuzverhör“ können von Alten- oder Behindertenheimen, Hospizen oder Justizvollzugsanstalten gebucht werden unter .

Rahmenbedingungen: Dauer ca. 1 Stunde, Unkostenbeitrag € 100 pro Vorstellung, Spielfläche ca. 8 x 8 Meter, Klavier erwünscht.