Essen. Im „Daktari“ haben schon Promis wie Matthias Schweighöfer Drinks geordert. Warum Essens exotischste Cocktailbar trotzdem noch ein Geheimtipp ist.

Wer ein Fleckchen Exotik mitten in Essen sucht, der steuert nicht unbedingt die Juliusstraße an. Dies schmale Seitenstraße an der Huyssenallee gilt vielen eher als Abkürzung zum Hauptbahnhof, auch die direkte Nachbarschaft zu Aalto-Theater und Konzerthaus hat die Adresse nicht unbedingt veredelt. Und doch ist die Gastroadresse mit der Hausnummer vier seit langem ein echter Geheimtipp: seit 20 Jahren residiert dort das „Daktari“. „Die älteste inhabergeführte Cocktail-Bar in Essen“, sagt Betreiber Sven Momber.

Abseits von Essens hipper Ausgehmeile, der Rü, und mit angenehm deutlicher Distanz zum Dschungel der Systemgastronomie will er die kuschelige Cocktail-Oase ins nächste Jahrzehnt führen. Schon Schauspieler Matthias Schweighöfer und Fußballer Gerald Asamoah haben hier einen Drink bestellt.

„Daktari“ ist eine von wenigen „Tiki“-Bars in Deutschland

Viele Zutaten, besondere Gläser und zumeist ein guter Schuss Rum gehören zu den Klassikern einer Tiki-Bar wie dem „Daktari“.
Viele Zutaten, besondere Gläser und zumeist ein guter Schuss Rum gehören zu den Klassikern einer Tiki-Bar wie dem „Daktari“. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Momber ist gerade mal zehn Jahre älter als die Ausgeh-Institution. Aufs Daktari aufmerksam gemacht wurde er bei einem Messe-Job in Hannover, da war der damalige Lehramts-Student schon ein paar Jahre in Essen zu Hause. „Ich fand die Atmosphäre sofort großartig.“ Bald war er nicht nur Gast, sondern stand selber hinter der Theke. Vor vier Jahren hat er das „Daktari“ dann von Vorbesitzer Andreas Pulla übernommen.

Am 1. April feiern beide Geburtstag, Bar und Besitzer. Ob sie mit einer „Dirty Diana“ anstoßen oder sich einen gepflegten Long Island Iced Tea gönnen – getrunken wird im „Daktari“ auf jeden Fall mit Stil und Deko. Das gehört sich so in einer „Tiki“-Bar, von denen es in der Republik nicht viele gibt. Im Ruhrgebiet steht das „Daktari“ alleine für diese Art von Ausschank, der auf Männer wie Donn Beach zurückgeht, die in den 1930ern auf die Idee kamen, sich das Paradies doch einfach mit ordentlich Promille in Gläser abzufüllen.

„Hier kann man sein Fernseh stillen ohne das Ruhrgebiet zu verlassen“

Viel Rum, viel Eis, viele Zutaten waren das Geheimnis für die exotischen Drinks, die für manchen auch so etwas wie in Alkohol versenkter Eskapismus wurden. Mit polynesischen und karibischem Dekor, die man im „Daktari“ ins Afrikanische gewendet hat. Das warme Ambiente mit bauchigen Kalabassen, wild gemusterten Stoffen und afrikanischen Holzschnitzerein ist bis heute einmalig. Und wer den 29-jährigen Bartender im Hawaiihemd erlebt, weiß, dass er den Auftrag ernst nimmt: „Hier kann man Fernweh stillen ohne das Ruhrgebiet zu verlassen.“

Bei der Arbeit: Barkeeper Sven Momber hat das „Daktari“ vor vier Jahren übernommen. Am 1. April feiern Bar und Betreiber gemeinsam Geburtstag.
Bei der Arbeit: Barkeeper Sven Momber hat das „Daktari“ vor vier Jahren übernommen. Am 1. April feiern Bar und Betreiber gemeinsam Geburtstag. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

In Corona-Zeiten ist sowas willkommener denn je, weshalb Momber und sein Team die treue Kundschaft auch in den vergangenen Monaten nicht auf dem Trockenen haben sitzen lassen. Jede Woche gibt es eine neue „Cocktail-to-go“-Angebote. Mit ungewöhnlichen Kreationen wie einer Candy Slush Colada mit hausgemachtem Popcornsirup oder einem „Black Pearl“ mit geräucherter Sesam-Infusion zum Mitnehmen.

Viele Drinks sind inzwischen vegan und mit frischen und regionalen Zutaten kreiert

Wer die Karte liest, merkt schnell, dass es im „Daktari“ nicht um Cocktailkirsche und ordentlich Umdrehung geht. Der Trend zum veganen Lebensstils hat hier ebenso Einzug gehalten wie die Themen Nachhaltigkeit und Zero-Waste-Bewegung. Seinen Abfall habe er wöchentlich um die Hälfte reduziert, berichtet Momber. Und wenn der gebürtige Duisburger einmal in der Woche in der Küche steht, um Cocktail-Ingredienzien wie Mandelsirup und Mangoschaum herzustellen, wird auch die Limone für den Lemon Curd Daiquiri bis zum letzten Häutchen ausgepresst.

Mit dem Außerhaus-Verkauf eines Lichtburg-Cocktails hat das „Daktari“ im vergangenen Jahr Essens Traditionskino unterstützt.
Mit dem Außerhaus-Verkauf eines Lichtburg-Cocktails hat das „Daktari“ im vergangenen Jahr Essens Traditionskino unterstützt. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Das schmeckt dem studentischen Publikum genauso wie den reiferen Konzerthaus-Besuchern, von denen der ein oder andere mit „Daktari“ auch noch die gleichnamige Fernsehserie aus den 1960er Jahren verbindet. Einen Drink namens „Clarence“ hat es natürlich auch schon gegeben. Doch nicht nur filmisch geht das „Daktari“ mit der Zeit, wenn Kino-Freund Momber Drinks wie „Grand Budapest Hotel“ kreiert oder einen „Lichtburg“-Cocktail, mit dessen Außerhaus-Verkauf er im vergangenen Jahr Essens Traditionskino unterstützt hat.

Auch die Klassiker im Glas bekommen an der Juliusstraße einen neuen Kick. Momber setzt vor allem auf frische Zutaten und regionale Produkte. Da verbindet sich dann auch schon mal ein Stauder-Sirup mit einem Letzte-Schicht-Korn zur süffigen Ruhrgebietsmischung. Die Ideen gehen dem jungen Bartender nicht aus. Doch standen früher mal bis zu 300 Drinks auf der Karte, hat Momber das Angebot inzwischen auf rund 80 Cocktails beschränkt. Jedes Jahr gibt es dafür eine ganz neue Karte. Nur ein Klassiker wird wohl immer im Angebot bleiben. Den Mai Tai nach Originalrezept zählt Momber auch zu seinen persönlichen Lieblingsdrinks.