essen. . Andreas Pulla, Barkeeper und Inhaber der angesagten Daktari-Cocktailbar, hat zwei Drinks für die Neujahrs-Party zum nachmachen entworfen.

  • Andreas Pulla verrät Tipps und Tricks, wie perfekter Cocktail auch zu Hause gelingt
  • Wenn man keinen Edelstahl-Shaker zur Hand hat, tut es auch ein altes Rotkohl-Glas
  • Barmann bediente schon Naomi Campbell, Claudia Schiffer, Peter Ustinov und Thomas Gottschalk

Gute Barmänner sind geschickte Handwerker, Geschmackskünstler sowieso und immer auch darstellende Künstler. Mit sicheren Griffen legt Andreas Pulla drei Apfelschnitze auf den Glasboden, noch zwei Teelöffel (Rohr-)Zucker darüber – und dann drückt er das Obst mit dem Stößel gut an, damit die Aromen freikommen.

„Genauigkeit ist wichtig“, sagt der Barmann, der zu den profiliertesten der Stadt zählt und eigens für unsere Leser zwei fruchtige Silvester-Cocktails zum Nachmachen kreiert hat.

Das Besondere daran: Ihre Zutatenliste ist übersichtlich, die Herstellung wirklich kinderleicht, ja, und wer gerade keinen teuren Edelstahl-Shaker zur Hand hat, der darf gerne das alte Rotkohl-Glas (mit Deckel, bitte gut gesäubert) einsetzen.

Der alkoholfreie „Apfelstrudel“

Kreation Nummer eins – ideal für kleine Genießer und nüchterne Feierbiester – wird nicht-alkoholisch sein. „Ich nenne ihn Apfelstrudel“, sagt der 58-Jährige augenzwinkernd, und fügt einige gefrorene Erdbeeren zu den drei Apfelschnitzen hinzu.

Sie bringen nicht nur Farbe und Geschmack ins Glas, sie ersetzen auch die Eiswürfel und werden den Cocktail gleich gut kühlen. Der Apfelsaft, den er nun reichlich hinzu gießt, darf naturtrüb oder klar sein. Das Glas ist jetzt dreiviertel voll.

Die Cocktail-Kreation „Apfelstrudel“ enthält Apfel und Zimt, aber keinen Alkohol.
Die Cocktail-Kreation „Apfelstrudel“ enthält Apfel und Zimt, aber keinen Alkohol. © Kerstin Kokoska / FUNKE Foto Services

Um dem Getränk die winterlich-strudelige Note zu verpassen, streut er ein bisschen Zimtpulver ein und gibt eine halbe Vanilleschote dazu, dann kommt der Deckel drauf, kräftig schütteln – und zum Schluss dekorieren: mit einem Schornsteinfeger, einem filigran geschnitzten Apfelviertel samt Zimtstange drin und – voilà – der Strohhalm: Schließlich trinkt das Auge mit.

Wie bei Hobbyköchen gibt’s auch bei Hobby-Mixern zwei Typen: den Rezepttreuen und den Kreativen. „Dieser Cocktail lässt sich gut abwandeln“, erklärt Andreas Pulla. Statt der Frost-Erdbeere gehe auch Himbeere oder sogar eine Kugel Vanilleeis. Auch die Säfte lassen sich variieren: Orangen- oder Johannisbeersaft dürfen den Apfelsaft ersetzen. Wer auf den Schuss Alkohol nicht verzichten möchte, liegt bei Calvados genau richtig.

Eine Verneigung vor George Michael

Jetzt ist schon Kreation Nummer zwei in Arbeit. „Ich nehme dafür gerne Reste von Weihnachten“, sagt der Barmann, und verrät sogleich den Namen der Schöpfung: „Last Christmas“ – auch eine Verneigung vor dem verstorbenen Popstar George Michael.

Zuerst von der Mandarine, der Zitrone und der Limette jeweils ein ausgedrücktes Viertel ins Glas. „Bitte Bio, sonst filetiert.“ Nun, falls vorhanden, Eiswürfel oder eine Kugel Fruchteis. Auf jeden Fall jeweils ein Esslöffel tiefgefrorene Heidelbeeren und Himbeeren. Jetzt die Säfte: ein Schuss frisch gepresster Zitronensaft, Orangensaft, schwarzer Johannisbeersaft.

„Last Christmas“ heißt dieser mit Champagner aufgefüllte Drink.
„Last Christmas“ heißt dieser mit Champagner aufgefüllte Drink. © Kerstin Kokoska / FUNKE Foto Services

Auch ein Schuss Karamellsirup darf rein. „Nun fügt man guten Glühwein hinzu, den man noch rumstehen hat.“ Ist auch dieses Glas dreiviertel voll, kommt abermals der Schraubdeckel drauf. Jetzt kräftig schütteln, Pullas Arme beschreiben dabei eine Acht.

Die richtige Balance macht es aus

Sein Tipp: „Nicht zu lange schütteln, sonst verwässert der Drink.“ Und: Cocktails sollten eine Balance besitzen zwischen Säure und Süße, zwischen Alkohol und nicht-alkoholischen Komponenten. Den dunkelroten Mix lässt Pulla durch ein kleines Sieb in die vorgekühlte Sektflöte rinnen.

Ist diese zur Hälfte gefüllt, gießt er – zur Feier des Tages – Champagner auf. „Gerne einen günstigen vom Discounter“, rät der Fachmann. Die Alternativen sind Sekt, Prosecco und Weißwein. Zum Finale noch schnell die Deko: Strohhalm mit LED-Licht und einen Beeren-Spieß. Cheers und einen Guten Rutsch!

Vom „grünen Ungeheuer“ in den Westen

Schon seit 16 Jahren betreibt Andreas Pulla die Daktari-Cocktailbar in der Juliusstraße, einer Seitenstraße der Huyssenallee. „Daktari“ ist Swahili und heißt „Arzt, Doktor“. Das wäre der Barmann fast sogar geworden. Doch nach dem abgebrochenen Medizinstudium absolviert er in Rostock eine Ausbildung zum Restaurantfachmann.

Zu Honeckers Zeiten leitet er dort das „Clubhaus der Düngemittelwerker“, im Volksmund „Das grüne Ungeheuer“. „Das war ein schicker Laden, der auch eine Bar hatte.“ Rostock ist für den Arbeiter- und Bauernstaat das Tor zur Welt und dank der Freundschaft mit Fidel Castros Zuckerinsel zählt der Rum-Klassiker„Cuba Libre“ auch im „Grünen Ungeheuer“ zu den beliebtesten Cocktails.

Barmann bediente schon Naomi Campbell

Nach der Wende zieht Pulla in den Westen, heuert im Nobelhotel Breidenbacher Hof in Düsseldorf in der Bar „Trader Vic’s“ an, eine „sehr schicke, sehr teure“ Bar, in der Stars wie Naomi Campbell, Claudia Schiffer, Peter Ustinov, die Ohovens und Showmaster Thomas Gottschalk verkehren.

Nach fast vierzig Dienstjahren am Shaker eilt dem 58-Jährigen der Ruf voraus, eine „Legende“ unter den Barmännern zu sein. In der Kategorie „Cocktailbar mit Anspruch“ gilt Essen mittlerweile als Wüste, so gesehen hat Andreas Pulla mit seiner Daktari-Bar eine erfrischende Oase geschaffen. Mit Sicherheit ist sie eine der besten Cocktailbars der Stadt.

„In der Straße gab’s mal einen Afro-Shop, deshalb habe ich die Bar wie eine Lodge eingerichtet“, erzählt Pulla. Mit viel Leoparden-Optik weckt die Daktari-Bar unweigerlich die Sehnsucht nach Kalahari und Kilimandscharo, nach Serengeti und Sansibar. Sie öffnet zur blauen Stunde, bietet gut 300 verschiedene Cocktails und schließt erst morgens um vier. Reichlich Auswahl also, um mitten in Essen in Afrika-Fernweh zu schwelgen.