Essen. Gegen den Landestrend ist die Zahl der Wohnungseinbrüche in Essen im vergangenen Jahr gestiegen. Polizei hat keine belastbare Erklärung dafür.

Der plötzliche Einbruch beim Einbruch ließ so einiges erwarten: Es war im Juli des vergangenen Jahres, als die Polizei Essen berichtete, dass insbesondere ein kriminelles Massendelikt unter dem Corona-Lockdown merklich auf dem Rückzug war. Zwischen März und Juni schlugen Wohnungseinbrecher stadtweit nur 176 Mal zu, was im Vergleich zum Jahr zuvor einem Rückgang um deutliche 30 Prozent entsprach.

Coronabedingt hielten sich mehr Menschen in den eigenen vier Wänden auf. Das sollte Kriminelle naturgemäß abschrecken, denn das Risiko erwischt zu werden, sei nun mal um ein Vielfaches größer, hieß die Erklärung. Das ließ hoffen auf eine überaus positive Bilanz am Ende des Jahres. Doch diese Rechnung ging nicht ganz auf.

Einbrecher hinterließen einen Schaden von rund drei Millionen Euro

Während die Kriminalität insgesamt in Essen auf ein 30-Jahres-Tief rutschte, beispielsweise bei den Diebstählen 444 und bei der Straßenkriminalität 520 Fälle weniger registriert wurden, legten die Deliktzahlen bei den Wohnungseinbrüchen im zweiten Halbjahr überraschenderweise dann doch noch zu. Und zwar gleich so stark, dass mit 1093 Taten der Vorjahreswert von 934 am Ende um 159 (davon 94 Versuche) sogar noch übertroffen wurde, während diese Straftaten landesweit um rund acht Prozent zurückgingen.

Damit steht Essen allerdings nicht allein auf weiter Flur. Eine ähnliche Entwicklung gegen den allgemeinen Trend registrierten auch die Behörden in Düsseldorf und Bottrop, ohne allerdings eine rechte Erklärung dafür parat zu haben. Möglicherweise, so Essens Polizeisprecher Thomas Weise, sind reisende Täter während des Lockdowns in den drei Städten häufiger auf Beutezug gegangen als andernorts.

Zur Einordnung gehört aber auch der Vergleich mit den Zahlen der Vorjahre. Noch 2015 wurden der Polizei stadtweit 3029 Einbrüche bekannt, ein nie dagewesener Höchststand und immerhin 1927 Delikte mehr als im vergangenen Jahr, in dem die Täter dennoch einen Schaden von rund drei Millionen Euro hinterließen.

Autos an Friedhöfen aufgebrochen und in Wohnungen eingestiegen

Mehrere hunderttausend Euro davon sollen auf das Konto einer vierköpfigen Bande gehen, die mit Autoaufbrüchen und Wohnungseinbrüchen ihren Unterhalt verdiente, bis ihnen eine Ermittlungskommission (EK) der Essener Polizei im vergangenen Jahr das Handwerk legen konnte. Gegen zwei der beschuldigten Deutschen zwischen 33 und 63 Jahren, die sich nach Weises Worten selbst als polnischstämmige Sinti bezeichnen, wurden Haftbefehle erlassen.

Am Nienhuser Busch und an der Hanielstraße in Essen-Katernberg holte die Polizei zu einem ersten Schlag gegen eine Bande von Dieben und Einbrecherin aus.
Am Nienhuser Busch und an der Hanielstraße in Essen-Katernberg holte die Polizei zu einem ersten Schlag gegen eine Bande von Dieben und Einbrecherin aus. © FUNKE Foto Services | Ann-Christin Fürbach

Den familiär verbandelten und in ganz Nordrhein-Westfalen vernetzten mutmaßlichen Kriminellen werden 26 Pkw- und neun Wohnungseinbrüche - fünf davon in Essen - sowie fünf Trickdiebstähle zur Last gelegt, sagte Weise. Wie die EK „Santos“ herausfand, war ihre Masche eines besonders perfide.

Bei einer Durchsuchung in Katernberg wurde jede Menge Beute sichergestellt

Die skrupellosen Täter spionierten meist ältere Damen bevorzugt in der Nähe von Friedhöfen aus. Stellten die Seniorinnen ihre Autos ab und machten sich auf den Weg zu den Gräbern ihrer Angehörigen, schlugen die Mitglieder der Bande zu. Sie brachen die Wagen auf, um an zurückgelassene Handtaschen zu kommen.

Persönliche Dokumente verrieten schnell die Wohnadressen der Opfer, im besten Fall erbeuteten die Männer auch noch deren Schlüssel, um vollkommen geräuschlos in Wohnungen oder Häuser einsteigen zu können. So kamen sie recht risikolos an Bargeld und Schmuck von beträchtlichem Wert. In Einzelfällen, so die Polizei, hoben sie mit erbeuteten EC-Karten auch Geld an Bankautomaten ab.

Doch die Kriminellen dürften nicht allzu umsichtig agiert haben. Die Auswertung von Spuren, die an den Tatorten gesichert werden konnten, führten die Ermittler schließlich auf ihre Fährte. Wie sich herausstellte, waren die Männer polizeibekannt. In der Vergangenheit hatten sie bereits eine Serie ähnlicher Taten vor allem in NRW, aber auch in Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern hingelegt. Bei einem Einsatz der Polizei im Oktober des vergangenen Jahres in Katernberg konnte jede Menge ihres Diebesguts sichergestellt werden.

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