Düsseldorf. Die Kriminalität in NRW ist weiter auf einem historischen Tiefstand. Doch die Pandemie hat die Deliktbereiche spürbar verschoben.

Die Corona-Krise hat die Kriminalitätsstatistik in Nordrhein-Westfalen stark verändert. Die Zahl aller registrierten Straftaten ist 2020 zwar noch einmal um ein Prozent gesunken und verharrt damit auf dem niedrigsten Niveau seit über 30 Jahren. Die Aufklärungsquote lag bei 52,8 Prozent. Doch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) musste am Montag eine deutliche Verschiebung der Kriminalität durch den neuen Pandemie-Alltag bilanzieren.

So ist die Computer-Kriminalität im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 20 Prozent gestiegen. „Das Leben findet immer mehr im Netz statt, das Verbrechen kommt hinterher“, sagte Reul. Besonders häufig hatte es die Polizei dabei mit Warenbetrug beim Online-Shopping zu tun – unter anderem wurde mit gefälschten Corona-Artikeln von Masken über Tests bis Impfstoffen Geld erbeutet.

Innenminister beklagt "Enkeltrick im weißen Kittel"

Begünstigt durch die Pandemie hat auch die Zahl der Betrugsstraftaten zum Nachteil älterer Menschen sprunghaft zugenommen. Neben dem klassischen „Enkeltrick“ wurden Senioren verstärkt auch von „falschen Amtsträgern“ wie vermeintlichen Ärzten oder Ordnungsamtsmitarbeitern geprellt. „Das ist jetzt die neue Masche: Enkeltrick im weißen Kittel“, ärgerte sich Reul.

Zum ersten Mal unterzog das Innenministerium den Deliktsbereich „Häusliche Gewalt“ einer Sonderauswertung. Hier gab es schon länger die Sorge, Taten in den eigenen vier Wänden könnten durch den Lockdown begünstigt werden. Tatsächlich wurde ein Anstieg um 7,7 Prozent registriert. In den meisten Fällen kam es zu Körperverletzungen.

Taschendiebstahl wächst gegen den Corona-Trend

Positiv beeinflusst durch Corona wurde hingegen ein früherer Problembereich der NRW-Polizei: Die Zahl der Wohnungseinbrüche ist noch einmal um knapp acht Prozent gesunken. Seit 2016 hat sich das Aufkommen damit mehr als halbiert. Weil viele Menschen in der Pandemie häufiger zuhause sind und grenzüberschreitenden Pendlerströme in der EU deutlich zurückgegangen sind, hatten Experten einen spürbaren Rückgang erwartet.

Leicht rückläufig (minus 2,3 Prozent) entwickelte sich auch die Straßenkriminalität. Gegen den Lockdown-Trend stieg hingegen überraschend der Taschendiebstahl (plus 5,9 Prozent). Eine Erklärung für dieses Phänomen haben die Ermittler noch nicht. Möglicherweise waren die Menschen in der Lockerungsphase nach dem ersten Corona-Lockdown in Geschäften und Fußgängerzonen noch unaufmerksamer als sonst.

Als „tolle Nachricht“  bezeichnete Reul den Rückgang um fast zehn Prozent bei Mord und Totschlag: Insgesamt gab es 372 Fälle, 274 versuchte und 98 vollendete Taten. Sorge bereitet dem Innenministerium die Zahl von 401 Drogen-Toten, was einem Plus von 109 entsprach. Reul sieht in diesem Deliktbereich immer professionellere Strukturen und „richtige Drogen-Fabriken“, mit denen es die Polizei inzwischen zu tun hätten.