Essen-Rüttenscheid. Sie hätte ein Teil-Sortiment im Lockdown verkaufen dürfen, entschied sich aber dagegen: Warum eine Einzelhändlerin jetzt nicht mehr anders kann.

Bevor die Pandemie die Welt zum Stillstand zwang, lief es für Meike Pfeiffer und ihren nachhaltigen Conceptstore Cob gut: Der Mietvertrag für einen zweiten Laden in Rüttenscheid war unterschriftsreif, die Geschäfte mit nachhaltiger Mode, Accessoires, Baby- und Hygieneartikeln liefen gut.

Knapp ein Jahr später werden die Rücklagen immer knapper und deckt die staatliche Hilfe nicht einmal einen Bruchteil der Fixkosten – so sie denn überhaupt schon angekommen ist. „Auf einen Teil des Kurzarbeitergeldes aus dem ersten Lockdown warte ich immer noch“, sagt Meike Pfeiffer. Von der Eröffnung eines weiteren Geschäfts ist die Unternehmerin mittlerweile meilenweit entfernt.

„Ich dachte immer, dass wir spätestens Ende Januar wieder öffnen können“

Am Montag öffnete sie den Laden an der Rüttenscheider Straße wieder, um zumindest einen Teil des Sortiments wieder verkaufen zu können. „Das hätten wir von Beginn an gedurft – Hygiene- und Babyartikel, Pflanzen und Kosmetik dürfen ja verkauft werden“, erklärt Pfeiffer.

Cob-Chefin Meike Pfeiffer (Archivbild): „„Ich habe den Lockdown mitgetragen und alles gut nachvollziehen, glaube aber, dass wir irgendwie versuchen müssen, damit zu leben.“
Cob-Chefin Meike Pfeiffer (Archivbild): „„Ich habe den Lockdown mitgetragen und alles gut nachvollziehen, glaube aber, dass wir irgendwie versuchen müssen, damit zu leben.“ © WAZ FotoPool | Alexandra Roth

Weil sie ihren Teil zur Pandemiebekämpfung beitragen wollte, habe sie lange von einer Öffnung des Ladens abgesehen. Schließlich bedeute jeder geöffnete Laden potenziell auch mehr Menschen, die sich begegnen können. „Es war vielleicht etwas naiv, aber ich habe im Dezember gedacht, dass wir spätestens ab Ende Januar wieder öffnen können und das schon irgendwie packen“, sagt sie.

Abgezählte Einkaufskörbe zur Wahrung der maximalen Kundenanzahl im Laden, Desinfektionsmittel, Abstand, eingezogen Plexiglas-Scheiben und zuletzt der Neuaufbau eines eigenen Online-Shops: Meike Pfeiffer hat wie so viele andere Inhaber im stationären Einzelhandel alles versucht, um den Betrieb trotz Corona irgendwie aufrecht zu erhalten. „Ich habe den Lockdown mitgetragen und alles gut nachvollziehen, glaube aber, dass wir irgendwie versuchen müssen, damit zu leben“, sagt Meike Pfeiffer.

Digitalisierungszuschuss deckt nur einen Teil der Kosten für den Online-Shop

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Mit Hilfe eines Digitalisierungszuschusses des Landes baute sie den Onlineshop auf. Ein riesiger Aufwand sei das gewesen, der Zuschuss habe die Kosten nur zu einem kleinen Teil decken können: „Das war deutlich mehr Arbeit für uns als mit geöffnetem Laden. Sämtliche Produkte mussten fotografiert und beschrieben werden – das war ja vorher überhaupt nicht unsere Kernkompetenz“, sagt Meike Pfeiffer. Die liege beim inhabergeführten Einzelhandel schließlich von der direkten Beratung vor Ort.

Pfeiffer beschäftigt ein zehnköpfiges Team, zahlte die Gehälter zuletzt aus Rücklagen. So langsam sei die Liquidität gefährdet, die für die Bestellung neuer Waren zwingend sei. „Zwölf Wochen ohne Verkauf bringen einen kleinen Laden in Not und jede zusätzliche Einnahme hilft, diese Zeit doch irgendwie zu überstehen“, begründet Cob die teilweise Öffnung auf Facebook.

Dort gibt es für den Schritt viel Verständnis und Wohlwollen – dass größere Filialisten und Discounter weiter Kleidung verkaufen dürfen, inhabergeführte Geschäfte aber nicht, stößt vielen übel auf. „Kleidung kaufen geht auch bei uns, aber nur nach vorheriger Online-Bestellung. Wir haben zwar einiges verkaufen können, viele Waren aus dem Winter sind aber liegengeblieben“, bedauert die Inhaberin.

Abschreiben und wegwerfen wird sie die Kleidung natürlich nicht, stellt Meike Pfeiffer klar: „Unser Konzept ist Nachhaltigkeit, das geht natürlich nicht! Wahrscheinlich bieten wir die Mode einfach im kommenden Winter vergünstigt an.“