Essen. Büro-Hunde sind nicht selten. Doch nur wenige Vierbeiner machen selbst einen guten Job – wie Rüde Asterix in einer Essener Physiotherapie-Praxis.
Nein, ein Büro-Hund ist Asterix nicht. „Das ist ja im Moment sehr beliebt wegen Corona“, so Besitzerin Nadja Schulte (50). Als sie sich vor bald sechs Jahren für das Leben mit dem flauschigen Vierbeiner entschied, waren Hunde noch selten im Arbeitsalltag. „Doch ich wollte Asterix von Anfang an komplett in mein Leben integrieren“, so die zweifache Mutter. Acht Stunden dreimal pro Woche ist die gebürtige Mülheimerin für ihren Job außer Haus. Und ihren Hund nimmt sie mit.
Hund Asterix sorgt für gute Laune
Seit den 1990er Jahren arbeitet Schulte mit Herz und Seele als Physiotherapeutin. 2013 hat sie sich auf Kinder spezialisiert und therapiert in einer Praxis des Essener Sportbundes (Espo) Null- bis 13-Jährige. „Viele Kinder freuen sich auf Asterix“, sagt sie. Der kleine, lustige Hund kommt bei Klein und Groß gut an und sorgt für gute Laune. „Havaneser sind vom Wesen ausgeglichen und friedlich, ideal für Familien.“ Ganz bewusst habe sie sich für diese nicht haarende Rasse entschieden. Auch Allergiker kommen damit gut zurecht.
Auf das Leben und Arbeiten mit inzwischen fast sechsjährigen Hund hat sie sich gründlich vorbereitet und sich viele Gedanken gemacht – von der Betreuung bis zur nötigen Hygiene. „Man sollte sich gut überlegen, ob ein Tier in den Alltag passt“, meint Schulte. Bereits als Kind hat sie sich einen Hund gewünscht. Die Eltern waren dagegen. „Derzeit herrscht ja ein richtiger Welpen-Boom zu Corona. Aber was passiert mit den Tieren, wenn die Pandemie vorbei ist?“ Wie gesetzlich vorgeschrieben, hat die Physiotherapeutin übrigens den Arbeitgeber gefragt, bevor sie Asterix beim Züchter kaufte. Sie ist dem Espo bis heute dankbar für die Erlaubnis.
Das innige Miteinander von Schulte und Asterix hat Ende 2019 sogar das Ruhr Museum gewürdigt: Im Rahmen der Ausstellung „Mensch Tier im Revier“ nahm das Duo an einem Projekt mit etwa 20 Tierhaltern teil. Früher, haben die Essener Historiker herausgearbeitet, führte die Arbeit in der Schwerindustrie zu einem engen Verhältnis von Zwei- und Vierbeinern: Stichwort Grubenpferd und Bergmannskuh. Der wuschelige Asterix wirkt dagegen als Physio-Hund. „Therapie-Hund“ wäre der falsche Begriff, sagt sein Frauchen: Zwar habe der pfiffige Rüde einige Kurse in der Hundeschule absolviert, jedoch keine Begleithund-Prüfung.
Schulte und ihr zobelfarbiger Havaneser sind ein tolles Duo: Ein „Hopp“ und der Hund springt auf Frauchens Schoß. Da hockt er stolz auf der gelben Gymnastik-Erdnuss im Therapieraum. Die dient, neben dem Bällebecken und der Schaukel, bei Kindern und Säuglingen zur Unterstützung der motorischen Entwicklung. „Auf dem großen Ball kann man mit Babys zum Beispiel das Drehen von der Bauch- in die Rückenlage üben.“ Wenn die Eltern wollen, darf sich Asterix den Kindern nähern, sie vorsichtig beschnuppern oder sich den Bauch kraulen lassen. Das genießt er. „Oft sitzt er einfach nur still dabei.“ Seit dem Welpenalter ist er sozusagen Schultes tierischer Kollege in der Praxis. Er kennt die Abläufe und fühlt sich wohl.
Fröhlich mit dem Schwanz wedelnd, aber nie aufdringlich, empfängt der Hund die jungen Patienten. Ist seine Hilfe gerade nicht gefragt, geht er brav auf seine Decke; eines der Kommandos, die er früh gelernt hat. Ist aber eine tiergestützte Therapie gewünscht, hat Asterix auch Mitsprache. „Die Chemie zwischen Menschen und Tieren sollte stimmen“, betont die Physiotherapeutin. Kinder, die ihm unsanft an seinem Seidenhaar zupfen, mag der Sechs-Kilo-Vierbeiner nicht. Dann dreht er sich weg, zieht sich zurück in seine Box. Dort kann er entspannen und den Alltag auch problemlos verschlafen. Mittags genießen Mensch und Tier eine halbe Stunde Pause inklusive Snack und kleiner Gassirunde. Leckerchen fürs Arbeiten gibt’s zwischendurch.
Auf Instagram berichtet sie aus dem Leben eines Physio-Hundes
Rund um Zeche Zollverein – wo mittlerweile ein Wald gewachsen ist – fühlt sich das Duo in der Freizeit am wohlsten. „Asterix kennt hier jeden Winkel“, so Schulte. Das großflächige Areal am Weltkulturerbe ist dann auch Schauplatz fürs Interview. Wie ein Profi blickt der kleine Hund mit dem einprägsamen Namen zum Fotografen. Da Asterix aus einem A-Wurf stammt, sollte sein Name mit „A“ beginnen. „Darum hatte die Züchterin gebeten.“ Mutig, schlau und flink wie der Gallier aus den Comics ist er allemal. Auch der Bart um die Schnauze passt. So erntet der Hund stets beim ersten Blick schon eine Menge Likes. Doch bei aller Sympathie: „Einen Hund sollte man sich nicht nur aus dem Bauch heraus anschaffen“, rät Schulte. Ach ja: Ihr Mann und ihre Kinder haben Asterix natürlich auch ins Herz geschlossen.
Wer mehr über ihren Alltag mit dem Physio-Hund erfahren will: Nadja Schulte berichtet darüber seit Herbst 2019 in einem Blog auf Instagram.