Essen-Karnap. Die Stadtwerke Essen erklären, warum Schäden, über die sich Hausbesitzer in Karnap ärgern, nicht von ihren Drainage-Arbeiten kommen.

Viele Karnaper hatten jahrelang nasse Keller aufgrund eines erhöhten Grundwasserspiegels. Die Stadtwerke haben dann angefangen, eine Drainage zu bauen, um das Problem zu beheben. Es gibt aber auch Karnaper wie Berthold Hiegemann: Der Keller seines Hauses an der Hattramstraße war nie nass, nach den Bauarbeiten der Stadtwerke zeigten sich aber tiefe Risse von außen nach innen durch das 30 Zentimeter dicke Mauerwerk seines Hauses. Ein Gutachter, beauftragt von den Stadtwerken, sieht keinen Zusammenhang zu den Bauarbeiten.

Essener Hausbesitzer ist enttäuscht, dass Stadtwerke ihm nicht entgegenkommen

Hiegemann ist verärgert und findet deutliche Worte: „Das, was sich die Stadtwerke Essen mit diesem Projekt geleistet haben, ist schlicht und ergreifend eine Unverschämtheit.“ Sein Haus sei vor der Maßnahme zwar alt gewesen – Baujahr 1904 –, aber intakt. „Ich verstehe es als bürgerschaftliche Solidarität, die Einschränkungen, die eine solche Maßnahme mit sich bringt, in Kauf zu nehmen, wenn es anderen dadurch besser geht“, so der Karnaper, der seit 1997 mit seiner Frau und zwei Kindern dort wohnt.

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„Sowohl durch den von den Stadtwerken beauftragten Gutachter, als auch durch den Projektleiter wurde man in dem Gefühl bestärkt, dass Schäden, die im Zusammenhang mit der Maßnahme entstehen, auch durch die Stadtwerke in Ordnung gebracht werden“, klagt Hiegemann, der jetzt „maßlos“ enttäuscht ist, weil der Gutachter keinen Zusammenhang zu der Baumaßnahme sieht. Hiegemann: „Jedem, der sich das nicht vorstellen kann, empfehle ich, sich einmal eine Stunde neben die 50-Tonnen-Ramme zu stellen, mit der man die elf Meter langen Spundwände für die Baumaßnahme in die Erde gerammt hat.“

Volkan Arabaci zeigt auf den rausgefallenen Backstein über seinem Fenster im Dachgeschoss. Der Stein hat in das Vordach darunter ein Loch geschlagen.
Volkan Arabaci zeigt auf den rausgefallenen Backstein über seinem Fenster im Dachgeschoss. Der Stein hat in das Vordach darunter ein Loch geschlagen. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Stadtwerkesprecher Dirk Pomplun erklärt, dass die Spundwände nie in den Boden gerammt, sondern vielmehr gedrückt wurden. Das sei auch der Grund, warum das dafür notwendige Baugerät, ein sogenannter „Teleskopmäkler“, eine derartige Größe habe. Pomplun: „Nur solch große Baumaschinen können die Kraft aufbringen, um die Spundwände, ohne das gerammt wird, in den Boden zu bringen.“ Ebenso sei teilweise das Einbringen oder Hinausziehen der Spundwände durch Vibrationen unterstützt worden. Pomplun erklärt weiter, dass solche Arbeiten grundsätzlich mit Schwingungsmessungen begleitet werden: Bis heute gab es keine einzige Grenzwertüberschreitung.“

Geplante Fassaden-Sanierung muss verschoben werden

Das Haus von Berthold Hiegemann ist trotzdem kaputt. Nebenan wohnt Volkan Arabaci mit Frau und Kind. Über seinem Dachgeschossfenster ist ein dicker Backstein auf das Vordach darunter gefallen. „Die haben Risse wie Landkarten in den Wänden und Tränen in den Augen“, macht Hiegemann auf das Schicksal seiner Nachbarn aufmerksam. Wenn die auf den Schäden sitzen bleiben würden, müssten sie das Haus verkaufen: „Mir tun die jungen Leute leid, die nun um ihre Existenz bangen. Und ein bisschen tue ich mir selbst leid, dass ich mich nun womöglich einem Rechtsstreit mit den Stadtwerken widmen muss.“ Bis der ausgefochten ist, könnten Jahre ins Land gehen. Jahre, in denen Hiegemann seine geplante Fassaden-Sanierung nicht durchführen kann, denn dann würde der aktuelle Zustand verändert.

Anfang Februar liefen die Drainage-Arbeiten der Stadtwerke an der Hattramstraße noch. Zuvor hatten Hausbesitzer über nasse Keller geklagt. Jetzt klagen einige über Schäden an ihren Gebäuden.
Anfang Februar liefen die Drainage-Arbeiten der Stadtwerke an der Hattramstraße noch. Zuvor hatten Hausbesitzer über nasse Keller geklagt. Jetzt klagen einige über Schäden an ihren Gebäuden. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Der Bergschadensausgleich für die Mathias-Stinnes-Siedlung, in der sich die Hattramstraße befindet, sei Anfang der 2000er-Jahre ausgelaufen, erklärt Hiegemann, der früher selbst Bergmann war. Erdbewegungen, die auf den Bergbau zurückzuführen sind, könne es demnach nicht mehr geben.

Ende der Bauarbeiten für 2022 geplant

Karnap ist betroffen vom ehemaligen Bergbau, der den Stadtteil abgesenkt hat. Der Wasserspiegel der Emscher liegt höher als das Bodenniveau. So kommt es immer wieder zu überfluteten Kellern der Anwohner. Ein Drainagesystem soll Abhilfe schaffen. Die Leitungen nehmen das Fremdwasser auf und befördern es bis zu einer neu gebauten Pumpstation. Von dort aus wird es in die Emscher abgeleitet.Das „Ersatzsystem Essen Karnap“ wird als ein Gemeinschaftsprojekt der Stadt Essen, der Ruhrkohle, der Emschergenossenschaft und der Stadtwerke Essen umgesetzt. Die Stadtwerke sind für den Bau und den Betrieb des Ersatzsystems zuständig.Der erste Bauabschnitt in Karnap-Ost wurden im Juli 2019 abgeschlossen. Die Messergebnisse haben gezeigt, dass sich der Grundwasserspiegel um 50 Zentimeter bis ein Meter abgesenkt hat. Laut der Stadtwerke gehen die derzeitigen Planungen davon aus, dass die Bauarbeiten bis zum Sommer 2022 komplett abgeschlossen sind.

Er ist nicht der Einzige, der sich über Schäden beschwert, der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Michael Schwamborn ist mit rund 30 Hausbesitzern diesbezüglich im Gespräch, einige Fälle liegen beim Anwalt, in anderen Fällen haben die Stadtwerke eine Teilzahlung angeboten.

Dirk Pomplun betont, dass über 100 Häuser von dem Projekt der Fremdwasserbeseitigung profitieren, und nur wenige Eigentümer gerichtlich oder anwaltlich vorstellig geworden sind. „Von daher können wir aus unserer Sicht auf einen bisher erfolgreichen Projektverlauf blicken, der für die betroffenen Häuser den gewünschten Erfolg bringt. Das zeigen die Erfahrungen und Ergebnisse im Bereich Karnap-Ost, wo das System zur Fremdwasserbeseitigung bereits in Betrieb gegangen ist und auch den gewünschten Effekt erbringt.“

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