Essen. Hundefriseure arbeiten in Essen im Lockdown weiter, Hundetrainer dürfen das nicht. Diese unterschiedlichen Regeln erklärt die Stadt.
Hunde sind das, was Jutta Schilbach-Fröhlich und Ullrich Schröder beruflich verbindet: Sie arbeitet als Hundefriseurin, er als Hundetrainer. Der Unterschied: Während das Pudelparadies in Rüttenscheid auch in der Pandemie öffnen darf, bleibt der Hundeplatz in Leithe leer. Ullrich Schröder warnt vor Spätfolgen. Die Stadt erklärt, warum diese Bereiche so unterschiedlich behandelt werden.
„Wir schaffen damit neue Probleme“, fürchtet der erfahrene Trainer, der seit mehr als 40 Jahren Hunde ausbildet und seine Hundeschule seit 21 Jahren betreibt, zunächst in Überruhr, nun in Leithe. Dabei ist Ullrich Schröder überhaupt nicht dafür, alles so weiter laufen zu lassen, als gäbe es Corona nicht: „Mir ist sehr wohl bewusst, dass die Corona-Maßnahmen in anderen Lebensbereichen sehr viel schwerer ins Gewicht fallen.“
Auf dem Hundeplatz kann man sogar fünf Meter Abstand halten
Doch auf dem Hundeplatz, sagt er, könnten sie sogar fünf Meter Abstand halten. Und dennoch bleibt dieser geschlossen. „Die fehlenden Trainingsstunden wirken sich auf die Sozialisierung der Welpen aus“, erklärt Ullrich Schröder. Die jungen Hunde hätten lediglich ein begrenztes Zeitfenster, eine kurze Phase, um bestimmte Dinge zu lernen und richtig einzuordnen. Mit dem Erlernten könnten sie sich im Alltag und Umgang mit Menschen wie Artgenossen sowie der Umwelt richtig verhalten.
„Ähnliches gilt dann leider auch für die sogenannten Problemhunde“, sagt der 64-Jährige und meint die Vierbeiner, die er resozialisiert. Auch das Training findet nicht statt. Eine Aufgabe, die er einst bei den Anlagehunden in Kooperation mit Stadt und Tierheim übernommen habe. Damals seien bestimmte Rassen (darunter fallen in Essen etwa American Bulldog und Rottweiler) in diese Kategorie eingestuft. Seitdem brauchen Halter einen Sachkundenachweis.
Im Pudelparadies darf man wie gewohnt bürsten, kämmen und scheren
Wie dringend mancher Vierbeiner wiederum Fellpflege benötig, das weiß Jutta Schilbach-Fröhlich nur zu genau. Der Lockdown hat sie aber ohnehin schon im Vorjahr nicht betroffen und tut es jetzt nicht. Der Rüttenscheider Pudelsalon öffnet wie gewohnt, die 80-Jährige und ihre Mitarbeiterin bürsten, kämmen und scheren weiterhin auch Dackel, Cocker Spaniel oder Schnauzer.
Eröffnet wurde das Pudelparadies 1958 von ihrer Mutter. Sie war es, die die Vierbeiner bereits zuvor auf der Terrasse zu Hause in Bredeney frisierte. „Darunter den Pudel von Bertha Krupp“, erinnert sich Jutta Schilbach-Fröhlich. Damals seien noch „nackter Hintern und Löwenmähne“ angesagt gewesen. Ihre Mutter habe sich diese Modefrisur für die Pudel angeeignet.
Als nur ein Jahr nach der Gründung die Bekannte aus dem Salon schied („wegen der Liebe), stieg die Tochter mit ein. Da hatte Jutta Schilbach-Fröhlich die Höhere Handelsschule abgeschlossen, das Handwerk bei einem Berliner Hundefriseur gelernt. Ihr Beruf macht ihr heute wegen der Arbeit mit den Tieren und dem Kontakt zu den Menschen noch ebenso viel Freude wie damals.
Mancher Vierbeiner droht schon arg zu verfilzen
„Derzeit wissen aber einige Halter offenbar nicht, dass wir geöffnet haben“, sagt die 80-Jährige. Dabei verfilze mancher Vierbeiner schon arg, wenn er erst nach vier Monaten auf den Frisiertisch käme. Im Salon selbst sieht sie keinerlei Schwierigkeiten, Abstand einzuhalten und Masken zu tragen. Die Halter gäben schließlich ihre Hunde lediglich ab, diese seien an der Leine, so dass kein engerer Kontakt zwischen den Menschen nötig sei.
Genau aus diesen Gründen erklärt Stadtsprecherin Jasmin Trilling: „Wir haben bei Hundesalons keinen Grund, diese Öffnung einzuschränken." Ganz anders sehe es da bei Hundeschulen aus, schon deshalb, da ein anderer Paragraph greife. Während die Arbeit der Hundefriseure eine Dienstleistung sei, handele es sich in der Hundeschule um Wissensvermittlung.
Beim Hundefriseur geht es um eine Dienstleistung, in der Hundeschule um Wissensvermittlung
„Bildungsangebote mit Präsenz sind derzeit verboten“, sagt Jasmin Trilling zur Corona-Schutzverordnung des Landes NRW, nennt als weiteres Beispiel die Volkshochschule.
Ausnahmen seien bei den Hundeschulen nicht vorgesehen, die Stadt habe keinen Spielraum. „Das gilt so lange, bis es eine Klarstellung seitens des Ministeriums oder ein entsprechendes Gerichtsurteil gibt“, erklärt Jasmin Trilling.
Während Ullrich Schröder sich nun ans Gericht wenden möchte, schüttelt Jutta Schilbach-Fröhlich den Kopf. Nein, Menschen werde sie nicht frisieren, auch wenn diese wegen des Lockdowns für Friseure noch so verzweifelt vor ihrem Pudelparadies stünden. Obwohl, gesteht sie, früher habe sie ihrem Bruder die Haare geschnitten, erzählt sie schmunzelnd: „Der hat sich dann aber geniert.“
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