Essen. Die Zahl der Corona-Toten in Essen steigt weiter sprunghaft an. Aber Bestatter melden: Eine “Übersterblichkeit“ gibt es bislang nicht

Die Zahl der Todesfälle im Corona-Jahr 2020 wird in Essen wohl nicht deutlich gestiegen sein. Das schätzen Bestatter im Stadtgebiet. Die offiziellen Sterbezahlen stehen noch aus.

Die so genannte "Übersterblichkeit" bleibt aller Voraussicht nach aus - obwohl derzeit die Zahl der Todesmeldungen im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion weiter sprunghaft ansteigt. Waren in den ersten acht Monaten der Pandemie von Anfang März bis Ende Oktober 56 Männer und Frauen in Essen in Verbindung mit einer Corona-Infektion gestorben, waren es einen Monat später, Ende November, schon insgesamt 123 Tote.

Diese Zahl stieg im Dezember weiter massiv auf 210 Tote an. Am 5. Januar 2021 gibt es bereits insgesamt 235 Todesmeldungen im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion.

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"Umgang mit Verstorbenen ist bei Covid anders"

Doch Bestatter in Essen und in der Region registrieren noch nicht das Phänomen, das allgemein als "Übersterblichkeit" bezeichnet wird: "Bei insgesamt mehr als 7000 Todesfällen jährlich in Essen fallen diese Zahlen noch nicht sonderlich ins Gewicht", sagt Andreas Schäfer, Bestatter aus Essen-Werden und Vorsitzender des örtlichen Stadtverbandes der Branche.

In Essen sterben jährlich zwischen 7100 und 7500 Menschen, das sagen die Statistiken der letzten Jahre. Mit der offiziellen Zahl für das Jahr 2020 ist nach Angaben der Stadtverwaltung erst im Februar zu rechnen. Doch es zeichnet sich schon jetzt ab, dass die Gesamtzahl der Toten in Essen trotz Corona wohl nicht signifikant zugenommen haben wird.

Zwar hätten die Essener Bestatter auch zunehmend mit verstorbenen Covid-Patienten zu tun, doch "das einzige, das anders ist als sonst, ist der Umgang mit diesen Verstorbenen", berichtet Schäfer.

Corona: Auch Leichen gelten offiziell als ansteckend

Sind verstorbene Covid-Patienten über den Todeszeitpunkt hinaus ansteckend? Darüber gibt es noch keine gesicherten, wissenschaftlichen Erkenntnisse. Aus Leichen strömt Gas aus. Ob es die Corona-Viren transportiert, ist unklar. So lange es keine wissenschaftlichen Beweise des Gegenteils gibt, müssen sich sowohl Bestatter als auch die Mitarbeiter des städtischen Krematoriums am Friedhof am Hellweg an strenge Hygiene-Vorschriften halten. "Jeder Sarg muss desinfiziert werden", sagt Schäfer. Darüber hinaus gelten die strengen Beschränkungen und Abstandsregeln für Angehörige bei den Trauerfeiern.

Im Krematorium am Hellweg (5000 Einäscherungen jährlich) stapeln sich derzeit einige Särge in den Kühlräumen. "Das ist aber immer so um diese Jahreszeit", berichtet Reinhold Velten, der Leiter des Krematoriums. "Das liegt an dem Ausfall mehrerer Arbeitstage rund um Weihnachten und Silvester." Außerdem sei die Zahl der Sterbefälle in den Wintermonaten immer höher als in den warmen Jahreszeiten. "Mit Corona hat das alles nichts zu tun." Auch im Krematorium gelten strenge Hygiene-Vorschriften: "Eine offene Aufbahrung ist zum Beispiel nicht möglich."

Bestatter schätzt: Maskenpflicht schützt vor regulärer Grippe

Dass die insgesamte Zahl der Sterbefälle in der Region im Corona-Jahr nicht höher war als sonst, könnte auch mit der Maskenpflicht zusammenhängen, schätzt Bestatter Jürgen Salm, der Bestattungsverbands-Bezirksvorsitzende für Düsseldorf und Umgebung: "Die Maske hat die normalen Grippeviren zurückgehalten. Das hat womöglich einige Sterbefälle verhindert. Deshalb ist die Statistik wahrscheinlich nicht anders als sonst."

Warum hat man dann aber in Wuppertal ein Zelt vor ein Krematorium gebaut, um verstorbene Corona-Patienten dort aufzubahren? "In diesem Zelt", sagt Salm, "hat nie jemand gelegen. Es ist vorsichtshalber errichtet worden, weil die Betriebszeiten des Krematoriums über die Feiertage stark eingeschränkt waren. Da hat man sich vor Ort verschätzt, mehr ist an der Sache nicht dran."

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