Essen. Als Macher der Gastro-Meile „Rü – Genuss pur“ hat Werner Rzepucha Maßstäbe gesetzt, über 50 Jahre war er in Essen Gastronom. Nun ist er gestorben.

Er entsprach dem Urbild des robusten Gastwirts, konnte arbeiten wie ein Berserker. Sein Temperament war gefürchtet, doch wenn er jemanden mochte, war seine Herzlichkeit ebenso groß. Werner Rzepucha war ein Mann der Extreme, ein positiv Verrückter, eine Größe in der Essener Gastronomieszene. Am Montag erlitt er einen Herzinfarkt, an den Folgen ist er am Samstag, 12. Dezember, verstorben. Rzepucha wurde 74 Jahre alt.

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Werner Rzepucha stammt aus einer Gastwirtsfamilie, schon seine Eltern führten eine Kneipe. Nach einer Lehre als Koch übernahm er das Traditionslokal „Börse“ in der Essener Innenstadt. Die Orangerie im Grugapark, früher eine angesehene Restaurant-Adresse, und schließlich der Gebrandenhof auf der Grenze Rüttenscheid/Stadtwald waren die weiteren Stationen, denen Rzepucha über jeweils viele Jahre seinen Stempel aufdrückte. Als Berater hat er dem kirchlich geführten gastronomischen Berufsförderungsprojekt „Church“ in der Innenstadt auf die Beine geholfen.

Nicht nur Gastwirt, sondern auch ein ideenreicher Veranstalter

Aber der geborene Gastwirt war auch ein versierter, unternehmungslustiger Veranstalter, der sich kopfüber in Neues stürzte. In einem Alter, in dem andere die Rente genießen, gründete Rzepucha als treibender Kopf die Gastro-Meile „Rü - Genuss pur“, die vom Start weg zu einem riesigen Erfolg wurde. „Das war in erster Linie sein Verdienst“, sagt Rolf Krane, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Rüttenscheid, der ihn gut kannte und nach eigenem Bekunden auch mochte – trotz oder gerade wegen seiner Ecken und Kanten.

Auf geht’s, Oktoberfest! Werner Rzepucha, Samantha Kedaj und Thomas Terdisch (v.l.) bei der dritten Auflage des erfolgreichen Events im Jahr 2015.
Auf geht’s, Oktoberfest! Werner Rzepucha, Samantha Kedaj und Thomas Terdisch (v.l.) bei der dritten Auflage des erfolgreichen Events im Jahr 2015. © FUNKE Foto Services | Daniel Kamphaus

Kein anderer, glaubt Krane, hätte die Autorität besessen, zwei Dutzend Gastronomen auf das finanzielle Wagnis einzuschwören, auf dem staubigen und eigentlich hässlichen Messe-Parkplatz ein solches Event aus dem Boden zu stampfen. „Gastwirte sind oft schwierig und untereinander zerstritten, da muss man vermutlich auch mal auf den Tisch hauen“, so Krane. Als harter Ruhr-Mensch alter Schule war das für Rzepucha kein Problem.

Die Rü-Meile wurde vom Start weg zu einem riesigen Erfolg

Die etablierte Essener Gastromeilen-Konkurrenz, die das neue Angebot nicht wollte, hatte damals nur darauf gewartet, dass sich Rzepucha hier verhob. Aber es gelang, „Rü – Genuss pur“ wurde zur festen Adresse und wegen der besonderen „Wagenburg“-Atmosphäre fast ein Pflichttermin auch für Leute, die sonst nicht viel mit Gastro-Meilen am Hut haben.

Wie kaum ein anderer, war Werner Rzepucha nie zufrieden mit dem, was war, es musste immer weitergehen, etwas Neues musste her. Ruhestand war für ihn keine Option. Ein Erfolg wurde schließlich auch das Essener Oktoberfest, das Rzepucha 2013 ebenfalls maßgeblich mit aus der Taufe hob. Hier erlitt er bereits vor Jahren mitten im Dienst eine seiner leider vielen Herzattacken.

Koch der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei der WM in Spanien

„Einer der Höhepunkte seines bewegten Gastronomenlebens war seine Tätigkeit als Koch der deutschen Fußball-Nationalmannschaft 1986 in Spanien“, erinnert sich Krane. „Seine Original-Speisekarten hat er verwahrt, eine davon ist heute im DFB-Museum in Dortmund zu bewundern.“ Schwarz-Weiß Essen hat er über lange Zeit gefördert, ein glühender Schalke-Fan war er auch.

Die zehnte Auflage der Rü-Meile hätte im Sommer dieses Jahres stattfinden sollen, Corona machte einen Strich durch die Rechnung. Im Juni noch versammelte Rzepucha Mitstreiter und Sponsoren auf dem Gelände, gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass es hier bald wieder rundgehen möge. Dies zu erleben, ist ihm nun nicht mehr vergönnt. „Viele Weggenossen sind heute sehr bewegt“, sagt Rolf Krane. „Wir trauern um ihn.“