Essen-Stadtwald. . Am 30. Januar endet die 70-jährige Gastronomie-Geschichte. Das Denkmal wird zwar weiter genutzt – allerdings von einer völlig anderen Branche.

Wenn Werner Rzepucha am 30. Januar zum letzten Mal seine Gäste im Gebrandenhof bewirtet, dann geht eine Ära zu Ende: Dokumente des städtischen Denkmalamts belegen, dass der 1798 errichtete Bauernhof bereits 1946 gastronomisch genutzt wurde.

„Der Gebrandenhof war schon früher ein sehr beliebtes Ausflugslokal“, weiß Werner Rzepucha, der die denkmalgeschützte Immobilie 1990 erwarb und sanierte. 1991 eröffnete der Koch das Restaurant, das schnell über die Grenze Stadtwalds hinaus bekannt wurde.

Gastronom konzentiert sich auf Großveranstaltungen

Neben Altersgründen gebe er den Gebrandenhof auch ab, weil das Geschäft nicht leichter geworden sei, gesteht der 70-Jährige ein: „Es kommen immer weniger junge Gäste nach, während mein Stammpublikum im Laufe der Jahre weiter schrumpft.“ Er wolle sich nun mehr Zeit für sein Privatleben nehmen und nicht zuletzt die Rüttenscheider Gourmetmeile „Rü Genuss Pur“ und das Oktoberfest am Flughafen Essen-Mülheim weiter begleiten. Beide Veranstaltungen – die jeweils tausende Besucher anziehen – brachte Rzepucha maßgeblich mit auf den Weg.

Bereits im vergangenen Jahr hatte er angekündigt, dass er den Gebrandenhof abgeben will. Pläne, ihn an einen Gastronomiebetrieb zu verkaufen, seien gescheitert. „Dabei wäre das mein größter Wunsch gewesen“, sagt Werner Rzepucha, der den Namen des Käufers noch nicht nennen möchte: „Die Tinte unter dem Vertrag ist noch nicht trocken.“

Fachwerkhaus seit 1986 unter Denkmalschutz

Diese undatierte Aufnahme zeigt den Gebrandenhof lange vor seinem Umbau inmitten von Grün. Er liegt in einem Landschaftsschutzgebiet.
Diese undatierte Aufnahme zeigt den Gebrandenhof lange vor seinem Umbau inmitten von Grün. Er liegt in einem Landschaftsschutzgebiet. © IGR-Archiv

Es handele sich um einen Dienstleister aus der Medizinbranche, das Gebäude werde also künftig völlig neu genutzt. Entsprechende Umbaupläne werden derzeit von den Ämtern für Denkmalpflege und Stadtplanung geprüft, bestätigt Denkmalschützerin Petra Beckers.

Das 1986 unter Denkmalschutz gestellte Ensemble an der Wittenbergstraße sei bedeutend für die Geschichte von Stadtwald, weil es die Lebensweise der bäuerlichen Bevölkerung in vorindustrieller Zeit sowie die ländliche Siedlungsweise im Stadtteil dokumentiere, heißt es in dem Auszug aus der Denkmalliste. Anhand mehrerer Umbauten lasse sich auch die jüngere Gastronomiegeschichte gut nachvollziehen: Wurde das Fachwerkhaus bis 1940 landwirtschaftlich genutzt, wandelte es sich schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in ein Ausflugslokal.

Konfirmation, Verlobung, Hochzeit

Werner Rzepucha machte den Gebrandenhof zum Herzensprojekt – nachdem er mit Lokalen wie der Börse im Haus der Technik und der Orangerie im Grugapark bekannt geworden war. „Unser Wunsch war es damals, den Gebrandenhof in seinen Ursprungszustand zurückzuversetzen“, erinnert sich der Gastronom. Im und rund um das historische Gemäuer hätten sich viele „unglaubliche Geschichten“ ereignet. Erst neulich habe ihn eine 95-Jährige besucht, die von ihrer Konfirmation über die Verlobung bis hin zur Hochzeit viele glücklichen Höhepunkte im Gebrandenhof erlebte.

Erinnerungsstücke werden die Stammkundin und weitere Gebrandenhof-Gäste demnächst bei einer Auktion erstehen können. Ähnlich wie die Résidence in Kettwig will auch Rzepucha das Inventar des Restaurants versteigern. Der Termin soll in Kürze bekannt gegeben werden.

Seltenes Zeugnis für Baukunst vom Niederrhein

>>> „Der Gebrandenhof ist ein für die Region seltenes Zeugnis des niederrheinischen Hallenbaus“, schreibt das Rheinische Amt für Denkmalpflege. Beleg dafür ist auch ein Spruch, mit dem sich die früheren Eigentümer 1798 im Sturz des Gebäudes verewigten – bis heute ist er dort zu lesen.

>>> Erbaut wurde das Fachwerk-Ensemble von Theodor Rieder aus Westerfeld, genannt Gebrande – und seiner Ehefrau Anna Maria. Der Hof hieß früher Gebrande an der Heide.

>>> Anfang des 20. Jahrhunderts kaufte der damalige Oberbürgermeister Erich Zweigert das umliegende 105 Hektar große Waldgebiet von der Adels-Familie Vittinghoff-Schell, um es als Erholungsgebiet aufzuforsten.