Essen. Rettungsversuche haben nichts genutzt: Der Autozulieferer Kolektor Magnet wird abgewickelt. Für die 160 Mitarbeiter gibt es einen Sozialplan.
Die Schließung ist nun in Stein gemeißelt: Das Essener Unternehmen Kolektor Magnet Technology (KMT) wird bis Juni 2021 den Betrieb einstellen. Arbeitnehmervertreter und Geschäftsführung haben sich in dieser Woche auf einen Sozialplan für die 160 Mitarbeiter geeinigt. Mit dem Aus für das Werk gehe auch ein Stück Industriegeschichte in Essen verloren, sagt Betriebsratsmitglied Wolfgang Mais.
KMT stellt kunststoffgebundene Magneten für die Automobilzulieferer- und die Elektroindustrie her. Das Unternehmen hat eine fast 100-jährige Geschichte. Es ging einst aus Krupp Widia hervor. Seit 2009 gehört der Betrieb zur slowenischen Kolektor-Gruppe. Diese hatte noch 2013 ein neues Werk für 15 Millionen Euro im Gewerbegebiet Econova im Norden der Stadt errichtet.
Zähes Ringen um den Sozialplan bei Kolektor Magnet Essen
Der Einigung auf einen Sozialplan waren monatelange Verhandlungen vorausgegangen. Betriebsrat und auch IG Metall sprechen von schwierigen Gesprächen, die „von einem tiefen gegenseitigen Misstrauen“ geprägt gewesen seien. Zwischenzeitlich wurden diese gar auf Eis gelegt, die Einigungsstelle war bereits angerufen.
Mit dem nun erzielten Ergebnis ist die Arbeitnehmerseite zufrieden. „Ich denke, wir haben gute Abfindungen für die Kollegen ausgehandelt, auch wenn das natürlich nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass hier hoch qualifizierte und gut bezahlte Arbeitsplätze wegfallen“, sagt Markus Ernst von der IG Metall Essen. Was Betriebsrat und Gewerkschaft besonders wichtig war: Die Abfindungen sind abgesichert und würden auch im Fall einer Insolvenz Bestand haben. Darum sei hart gerungen worden, heißt es. Dass die Arbeitnehmer darauf pochten, zeigt, wie groß der Argwohn offensichtlich ist.
Erste Kündigungen dürften bald folgen
Die ersten Kündigungen an die Beschäftigten dürften in den kommenden Wochen herausgehen. Den Ersten wird bereits zu Ende März gekündigt, die Letzten werden je nach Kündigungsfristen bis Ende Juni ihren Arbeitsplatz verlieren. Damit die betroffenen Menschen nicht direkt auf der Straße stehen, hätte sich die Gewerkschaft zusätzlich eine Beschäftigungsgesellschaft gewünscht. „Die Slowenen waren aber nicht bereit, dafür Geld locker zumachen“, sagte Ernst. Ohnehin würde die Werkschließung die Eigentümer mehr kosten, als sie kalkuliert hatten, glaubt er.
Für die Mitarbeiter dürfte das nur ein kleiner Trost sein. „Vielen ist jetzt wohl erst richtig bewusst geworden, dass das Aus wirklich kommt“, sagt Betriebsrat Mais.
Als die Schließung Anfang Juli bekannt gegeben wurde , hatten Gewerkschaft und Betriebsrat noch die kleine Hoffnung, diese vielleicht doch noch abwenden zu können. Sie schalteten Politik und Stadt mit ein. Die Mitarbeiter schrieben einen Brief an die Gesellschafter, demonstrierten in der Innenstadt.
Hoffnung auf Fortführung zerschlug sich schnell
Viele hatten dabei wohl auch die Geschichte der einstigen Schwesterfirma Kennametal Widia vor Augen. Auch dieses Werk sollte dichtgemacht werden, doch Betriebsrat und Gewerkschaft war es gelungen, den Betrieb zu retten – wenn auch unter teils großen Zugeständnissen an den amerikanischen Gesellschafter.
Bei Kolektor Magnet dagegen drang die Gewerkschaft nicht mit einem Rettungsversuch durch. „Wir wurden schlicht nicht durchgestellt“, macht Markus Ernst deutlich. Auch Betriebsrat Wolfgang Mais bestätigt, dass es nur Gespräche und Verhandlungen mit der örtlichen Geschäftsführung gegeben habe. „Da war spätestens im September schon klar, dass die Slowenen auf ihrem Standpunkt beharren.“
Geschäftsführung sieht Corona als Beschleuniger der Probleme
Das Unternehmen hatte die Schließung im Juli damit begründet, dass der Automobilzulieferer-Markt zunehmend unter Druck gerate. Am Standort Essen sei es nicht gelungen, die Produkte profitabel zu fertigen. Corona habe diese Entwicklung noch verschärft.
Kolektor wird dem Vernehmen nach die Produktion von Essen nach Slowenien verlagern. Markus Ernst ist überzeugt, dass es andere Gründe als die von der Geschäftsführung angeführten dafür gibt. Er glaubt, dass die Slowenen damit ihren gebeutelten Arbeitsmarkt unterstützen wollen und deshalb die Produktion in ihr Heimatland holen.