Essen. Die slowenischen Gesellschafter wollen die Kolektor Magnet Technology im Essener Norden dicht machen. 160 Arbeitsplätze gehen damit verloren.

Die schlechten Nachrichten für den Wirtschaftsstandort Essen reißen dieser Tage nicht ab. Nach der beabsichtigten Schließung von Karstadt und Kaufhof sowie dem Wegzug der Aufzugssparte Thyssenkrupp Elevator gibt es nun diese Meldung: Der Automobilzulieferer Kolektor Magnet Technology (KMT) will seinen Betrieb im Essener Norden einstellen. Der slowenische Gesellschafter verkündete die Schließung bereits am Freitag auf einer Mitarbeiterversammlung. 160 Industrie-Arbeitsplätze stehen damit vor dem Aus.

„Leider ist die wirtschaftliche Entwicklung in einem zunehmend schwierigen Markt (Automobil-Industrie) in den letzten Jahren deutlich unter den Erwartungen geblieben“, teilte das Unternehmen am Montag auf Nachfrage mit. Es sei am Standort Essen nicht gelungen, die Produkte profitabel zu fertigen. Die Corona-Krise habe diese Entwicklung noch einmal „signifikant verschlechtert“, heißt es weiter. In der Zeit des Shutdowns vieler Automobilhersteller seien bei KMT die Aufträge um 60 Prozent eingebrochen. Mit einer deutlichen Erholung des Marktes rechnet die Geschäftsführung für dieses Jahr nicht mehr.

Belegschaft von Kolektor reagiert geschockt

KMT fertigt kunststoffgebundene Magneten für die Automobilzulieferer- und die Elektroindustrie. Das Unternehmen hat eine fast 100-jährige Tradition. KMT ging einst aus Krupp Widia hervor und wirbt mit diesem langjährigen Know-how auch auf seiner Internetseite. Seit 2009 gehört das Unternehmen zur slowenischen Kolektor-Gruppe. Noch 2013 investierten die Slowenen 15 Millionen Euro in einen Firmenneubau im Essener Norden. Damals zog KMT mit der Produktion von der Harkortstraße ins Gewerbegebiet Econova.

Dass die Geschäfte zuletzt nicht mehr so gut liefen und viele Aufträge weggebrochen sind, sei bekannt gewesen, bestätigte Betriebsrat Wolfgang Mais (58). Auch bei KMT gab es von April bis Juni Kurzarbeit. Dennoch habe niemand mit einem solch radikalen Schritt der slowenischen Gesellschafter gerechnet. „Für die Mitarbeiter ist das ein Schock“, sagt Mais, der seit 27 Jahren im Unternehmen arbeitet.

Zeitplan für die Schließung von KMT steht wohl noch nicht

Einen Zeitplan für die Schließung gibt es offenbar noch nicht. Laut Betriebsrat wollen die Slowenen die Produktion aber so schnell wie möglich auf den Balkan verlagern. Große Kunden seien bereits am Freitag über den Schritt informiert worden. Für Wolfgang Mais zeigt das, dass es wohl kaum noch Hoffnung gibt, die Gesellschafter zum Umdenken zu bewegen. „Man hat damit schon Fakten geschaffen.“

Der Vorgänger Krupp Widia

Die Unternehmensgeschichte startete in den klassischen Industriegebäuden der ehemaligen Krupp Widia, die 1949 damit begann, ihre Kenntnisse im Bereich Pulvermetallurgie zu nutzen, um Permanentmagnete herzustellen. Krupp Widia wandte dabei das Sinterverfahren sowohl für Hartmetalle wie für Dauermagneten an. Bis heute arbeitet auch der Hartmetallhersteller Kennametal Widia, der später ebenfalls aus Krupp Widia hervorgegangen ist, in der Stadt.

Bis 2013 fertigte KMT noch an dem Traditionsstandort in der Harkortstraße in Holsterhausen. Dann zog es in das Gewerbegebiet Econova.

Die IG Metall sieht nur einen Hebel, der den Schließungsbeschluss noch rückgängig machen könnte: „Es gibt aus meiner Sicht nur eine Chance, nämlich wenn die Kunden nicht damit einverstanden sind, dass die Produkte nicht mehr aus Deutschland sondern aus Slowenien kommen und Druck machen“, sagt Gewerkschafter Markus Ernst.

Aus seiner Sicht ist es „völlig unverständlich“, dass die Kolektor-Gruppe gerade jetzt diese radikale Entscheidung trifft. „Man hätte bei KMT auch noch weiter Kurzarbeit fahren können und abwarten, wie sich die Lage entwickelt“, sagt Ernst und fügt verbittert hinzu: „Stattdessen will die Geschäftsleitung in der Corona-Krise noch Rendite haben.“

Immerhin habe der Arbeitgeber einen Interessensausgleich und Sozialplan angekündigt. Die Gespräche mit dem Betriebsrat darüber sollen bereits in der kommenden Woche beginnen.