Essen-Haarzopf. Schmiede und Gaststätte prägten lange das Leben in Haarzopf. Heimatforscher findet in alten Urkunden Interessantes über den damaligen Alltag.
Heute gilt das 2008 eröffnete Geschäfts- und Dienstleistungszentrum Neue Mitte Haarzopf an der Fulerumer Straße als zentraler Punkt im Stadtteil. Die alte Mitte mit der 1961 abgerissenen Schmiede lag nur wenige Meter davon entfernt und ist den älteren Haarzopfern durchaus noch in Erinnerung. Heimatforscher Herbert Schmitz (80) hat sich auf Spurensuche begeben.
Bis heute erinnert an der Kreuzung Erbach (Hatzper/Fulerumer/Humboldtstraße) ein Schild neben dem Wappenbaum des Bürgervereins an die alte Schmiede der Familie auf dem Keller, die wichtiger Teil des alten Ortszentrums war. Laut Herbert Schmitz ist eine Fülle alter Urkunden, Akten und Beschreibungen erhalten, aus denen Details aus der rund 340-jährigen Geschichte der Schmiede verzeichnet sind.
„Die Schmiede und die ihr gegenüber liegende Schankwirtschaft Erbach ,Zum scharfen Eck’ mit dem angebauten stattlichen Victoria-Saal und der ehemaligen Postzweigstelle bildeten das Zentrum der kleinen Mülheimer – ab 1915 Essener – Landgemeinde Haarzopf“, so Herbert Schmitz. Die Gaststätte sei ein Ort geselliger Zusammenkünfte gewesen, dort hätten sich Gesangsverein, Ziegen- und Geflügelzuchtverein, Taubenverein und andere getroffen. Kirchliche und bürgerliche Vereine hätten ihre Jahresfeste und Jubiläen im Victoria-Saal gefeiert.
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Über drei Jahrhunderte habe die Schmiede das Leben in Haarzopf geprägt, bis sie 1961 für die Umgestaltung der Kreuzung habe weichen müssen. Dabei seien, so der Heimatforscher, die alte Einrichtung von 1867 mit dem Notstall für schwierige Pferde, das Schmiedewerkzeug und Hunderte von Hufeisen ins damalige Ruhrlandmuseum gelangt.
Stammhof der Schmiede lag etwas vom Zentrum Haarzopfs entfernt
Der ursprüngliche Stammhof der Schmiede – erstmals 1620 urkundlich erwähnt – habe sich allerdings am heutigen Neulengrund/Eststraße befunden. Der Familienname „auf dem Keller“ taucht gleich mehrfach in verschiedenen Formen auf. Aus den Familienakten sei ersichtlich, dass es schon 1651 einen Schmied namens „Jan ufm Keller“ gegeben hat, der seinen Kriegsdienst in der Herrschaft Broich, zu der Haarzopf damals gehörte, ableistete.
Heimatforscher ist in Haarzopf aufgewachsen
Der heute 80-jährige Herbert Schmitz wuchs an der Hatzper Straße in Haarzopf auf, wo sein Vater einen Gemischtwarenladen unterhielt und die umliegenden Bauern mit Sämereien versorgte. Das Gebäude kurz hinter der Kreuzung Erbach existiert nicht mehr.
Der Heimatforscher beschäftigt sich seit vielen Jahren mit historischen Themen, die Haarzopf und Umgebung betreffen.
Ein weiteres Mal taucht „ufm Keller“ 1677 auf, und zwar als einer der wenigen Schreibkundigen in Haarzopf, die die Schrift zur „Hertzoper Markenordnung (Haarzopfer Gemeindewaldung)“ verfassten. Im Broicher Zunftbuch ist 1703 außerdem ein „Adolf am Keller“ verzeichnet.
Einen interessanten Einblick in den damaligen Alltag bietet laut Herbert Schmitz die Auflistung des Gesamtbesitzes von Schmied Johann „in der Hartzop“ nach dessen Tod 1764. Dabei werde detailliert aufgeführt, was dieser an Garten-, Küchen- und Hausgeräten besessen habe – von der Mistgabel über den Schaumlöffel, die Kuchenpfanne und das Pfanneisen mit Röster bis hin zu Spinnrädern und sogar einer Flinte.
Vieh und Lebensmittel gehörten zum Nachlass des Schmiedes
Zum Nachlass gehörten damals offenbar auch Lebensmittel wie ausgedroschene Früchte und geräuchertes Fleisch. Auch der Viehbestand – zwei Kühe, drei Hühner und ein Hahn – ist in der Liste zu finden. Die Schmiede sei damals mit allem Notwendigen ausgestattet gewesen: mit Gewichtsteinen, einem Amboss und einem Notstall für widerspenstige Pferde.
Abgerissen wurde der Hof 1890, denn der Neffe des kinderlosen Schmieds Johann auf dem Keller hatte in der Ortsmitte 1867 ein umfangreiches Gebäude mit Wohnhaus, Werkstatt, Stall, Scheune, Schuppen und Backhaus errichten lassen. Rund 100 Jahre prägte das Ensemble die alte Mitte Haarzopfs. Bis heute erinnern die Urkunden laut Herbert Schmitz „an eine Jahrhunderte alte Hufschmied-Familie, deren Nachkommen noch heute in Haarzopf leben“.