Haarzopf. Vor 110 Jahren kaufte Heinrich Erbach das Gelände in Haarzopf, das nach ihm benannt ist. Dazu gehörte auch eine Gastwirtschaft, die wie die gegenüber liegende Schmiede Treffpunkt im ländlichen Stadtteil war. Noch heute gibt es dort eine Gaststätte. Im Haus Erbach wird das Jubiläum am 30. April mit einer Ausstellung gefeiert.

110 Jahre ist es her, da entstand im damals noch komplett landwirtschaftlich geprägten Haarzopf quasi das kulturelle Zentrum des Stadtteils: Erbach. Eine Schmiede und eine Gaststätte - das waren die Treffpunkte für Kutscher der Pferdewagen, dem zu Anfang des 20. Jahrhunderts üblichen Verkehrsmittel. Während die Pferde in der Schmiede neu beschlagen wurden, warteten die Kutscher gegenüber in der Kneipe beim Bier und tauschten Neuigkeiten aus.

Noch immer befindet sich an der Kreuzung mitten in Haarzopf, an der Raadter Straße 2, mit dem Restaurant Haus Erbach eine Gaststätte, seit acht Jahren geführt vom kroatischen Ehepaar Dario und Danijela Matos. In deren Räumlichkeiten soll das Erbach-Jubiläum am Dienstag, 30. April, ab 17 Uhr, mit Buffet und einer Ausstellung historischer Bilder zur Stadtteil-Geschichte gefeiert werden.

„Wir wünschen uns, dass sich hier junge Familien treffen, die in den letzten Jahren zugezogen sind und etwas über die Geschichte ihrer neuen Heimat erfahren wollen. Und das ältere Menschen vorbeikommen, die Erinnerungen an die alten Zeiten austauschen wollen“, sagt Danijela Matos. Der Name Erbach fand sich im Laufe der Jahrzehnte nicht nur als Bezeichnung für die Kreuzung Raadter/Hatzper/Fulerumer/Humboldt-straße wieder, sondern auch in den Namen von Post, Apotheke und Bushaltestelle. „Erbach ist eine Herzkammer Haarzopfs“, zitiert Horst Holtwiesche, Vorsitzender des Bürgervereins Haarzopf-Fulerum, seinen Vorgänger Hans Zilles.

Der Name Erbach geht übrigens nicht auf ein gleichnamiges Gewässer zurück, sondern auf die Familie Erbach. „Ich habe den alten Heinrich Erbach noch gekannt“, erinnert sich Heimatforscher und Ur-Haarzopfer Herbert Schmitz. Heinrich Erbach (1867- 1955) war selbst kein Landwirt, heiratete aber die Bauerstochter Wilhelmine Terjung und kaufte 1903 das heute als Erbach bekannte Gelände mit den 1871 errichteten Gebäuden. Dort, wo sich heute das Haus Erbach befindet, trafen sich die Bürger in der Gaststätte „Zum scharfen Eck“. Mit ihrem Biergarten war die Kneipe beliebter Treffpunkt. Haarzopf hatte damals, so Schmitz, etwa 800 bis 900 Einwohner, war der „kleinste und ärmste Essener Ortsteil, der ursprünglich eine Mülheimer Honnschaft war. Nach 1900 erweiterte man die Räumlichkeiten um den „Victoria-Saal“. Den nutzte man für Feste, für Proben des Gesangsvereins, aber auch, aufgeteilt in kleine Segmente, als Notunterkunft für Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg.

Wer heute am Erbach steht, kann sich nur mit Mühe vorstellen, wie es dort vor 110 Jahren aussah. Heute prägen die mehrspurige Kreuzung, das Geschäftszentrum Neue Mitte und das - von vielen ungeliebte - Hochhaus, in dem sich die Gaststätte Haus Erbach befindet, das Bild. Die alte Kneipe war 1972 abgerissen worden, 1973 eröffnete die neue Gaststätte in gerade errichteten Hochhaus. Im Besitz der Erbachs ist es nicht mehr. Heinrich Erbach hatte zwei Töchter. Eine war kinderlos und führte damals das kleine Poststübchen, die andere war verheiratet und Mutter eines Sohnes, der den Familienbesitz erbte, aber - so erzählt man sich im Stadtteil - ihn „unter die Leute brachte“.

Der Heimatforscher Herbert Schmitz kann sich, wie viele ältere Haarzopfer, noch gut an die markante Gestalt des „Dicken Erbach“ erinnern. Verknüpft sind diese Erinnerungen auch mit den Bombenangriffen des Zweiten Weltkriegs, mit Bunkernächten und brennenden Häusern.

An die alte Gaststätte, als „Ort des bürgerlichen Lebens“ 1869 von Wirt Carl Kampmann gegründet und ab 1903 vom Wirtsehepaar Erbach weitergeführt, denkt Herbert Schmitz dagegen gern zurück. Als junger Mann traf er sich dort zuweilen mit Freunden auf ein Bier an der Theke.