Essen. Ein Verbot soll dazu beitragen, dass Kirschlorbeer in Essener Kleingärten allmählich durch heimische Arten ersetzt wird. Zum Schutz der Insekten.
„Es ist wie bei Trump oder Biden“, sagt Hubert Schramm vom KGV Essen-Burgaltendorf mit einem Schmunzeln auf den Lippen. Sollen Kirschlorbeerhecken aus Kleingärten verschwinden? Sollen die Laubenpieper stattdessen lieber heimische Gehölze anpflanzen? Es ist keine Glaubensfrage wie der US-Wahlkampf zwischen Republikanern und Demokraten. Aber so manchen Kleingärtner treibt diese Frage um, seit sich der Stadtverband der Kleingartenvereine festgelegt hat: Kirschlorbeer ist ab sofort verboten. Wobei dies ausschließlich für Neuanpflanzungen gilt, wie der Vorsitzende Holger Lemke klarstellt.
Seit unsere Redaktion über das Verbot berichtete, habe er den ein oder anderen Anruf von Kleingärtnern bekommen, die meinten, sie müssten ihren Kirschlorbeer wieder ausgraben. Dem sei mitnichten so, betont Lemke. Nur wer seine Parzelle aufgibt, sei angehalten, die immergrüne Pflanze zu entfernen. Bis der letzte Kirschlorbeer aus Essens Kleingartenanlagen verschwunden ist, kann es also noch Jahrzehnte dauern. Durch Informationen und Überzeugungsarbeit will der Stadtverband dafür sorgen, dass es schneller geht.
Pro Meter Kirschbaumhecke zahlten neue Pächter ihrem Vorgänger vier Euro
Einen finanziellen Ausgleich gibt es für einmal gepflanzten Kirschlorbeer jedenfalls nicht mehr. Der finanzielle Verlust ist jedoch überschaubar, wie der Stadtverbandsvorsitzende vorrechnet. Bislang musste der neue Pächter einer Parzelle pro Meter Kirschbaumhecke einen Wertausgleich von vier Euro zahlen. Den gleichen Betrag gibt es für einen einzelnen Kirschlorbeerbusch. Um riesige Summen geht es also nicht. Im Gegenteil.
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Die Gemüter dürften sich auch deshalb beruhigen, hofft Lemke. Zumal es Alternativen zum Kirschlorbeer gebe. Hubertus Ahlers von der Bonnekampstiftung hat für den Stadtverband eine Liste zusammengestellt. Darauf finden sich Holunder, Pfaffenhütchen, Schlehe und andere heimische Arten. Immergrün wie der Kirschlorbeer sei allerdings nur Liguster, so Ahlers. Von den Blüten der Heckenpflanze hätten auch die Bienen etwas.
Wer sich vor den Blicken neugieriger Nachbarn schützen will, dem empfiehlt Ahlers statt des Kirschlorbeers die Hainbuche. Deren Blätter verwelken zwar, fallen aber erst ab, wenn die Pflanze wieder austreibt.
Heimische Pflanzen sollen helfen, das Insektensterben aufzuhalten
Anders als die genannten Arten zählt der Kirschlorbeer zu den Neophyten; die Pflanze stammt ursprünglich aus Kleinasien. Blätter und Früchte sind giftig. Dass Problem sei weniger, dass Kinder daran naschen könnten, so Ahlers. Zumal man schon kräftig darauf herumkauen müsste. Kirschlorbeer bietet Insekten keine Nahrung.
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Vögel fressen die Beeren zwar, tragen durch ihren Kot aber dazu bei, dass sich die Pflanze auch in Wäldern rasant verbreitet, wo sie heimische Gewächse verdrängt und die natürliche Verjüngung des Baumbestandes behindert.
Ahlers verweist darauf, dass die Biomasse an Insekten laut wissenschaftlichen Studien in den vergangen drei Jahrzehnten um bis zu 80 Prozent zurückgegangen ist. „Wenn wir das Insektensterben aufhalten wollen, müssen wir solche Pflanzen verbannen“, so der Biologe.
Der Stadtverband der Kleingärtner will mit gutem Beispiel vorangehen
Nach dem Willen des Stadtverbandes sollen die Kleingärtner mit gutem Beispiel vorangehen. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Pflanze aus den Anlagen verschwinden muss. Vor Jahren erklärte der Verband Thuja-Hecken für unerwünscht.
„Die Diskussion war damals größer“, erinnert sich Olaf Kurpick, Vorsitzender des Gartenbauvereins Essen-Frillendorf. Heute gehe es auch im Kleingarten um Nachhaltigkeit. „Die Zeiten ändern sich“, sagt Holger Lemke.
Ob das Kirschlorbeer-Verbot noch heiß diskutiert wird, bleibt abzuwarten. In den Kleingartenanlagen kehrt jahreszeitbedingt Ruhe ein. Corona tut ein Übriges. Hubert Schramm, Vorsitzender des Kleingartenvereins Burgaltendorf, hat sich, was den Kirschlorbeer angeht, festgelegt: „Ich bin froh, wenn er wegkommt.“
Als Alternativen legt die Bonnekampstiftung Kleingärtnern folgende heimische Arten nahe:
- Weißdorn
- Schlehe
- Haselnuss
- Hainbuche
- Eberesche
- Hundsrose
- Pfaffenhütchen
- Holunder
- Saalweide
- Liguster
- Berberitze