Essen-Werden/Kettwig. Auch auf Kettwiger und Werdener Sportanlagen entsteht schädlicher Mikroplastik. Die Sportler jedoch bleiben dennoch gelassen. Das hat Gründe.
Die Diskussion über mögliche Gesundheitsgefährdungen und Belastungen durch Mikroplastik reißt nicht ab. Mikroplastik ist inzwischen überall: im Meer und auf den Äckern, in Kosmetika und Waschmitteln – aber auch in Kettwiger und Werdener Kunstrasen und Laufbahnen. Hiesige Vereinsvertreter jedoch beruhigen und verweisen auf lokale Besonderheiten. Die Sportler betonen unisono: „Von unseren Anlagen gehen für die Nutzer keine gesundheitlichen Gefahren aus.“
Die Einschätzung kommt nicht von ungefähr: Die bei der EU zuständige Europäische Chemikalienagentur in Helsinki beurteilte die Gesundheitsrisiken durch Hautkontakt, Einnahme und Inhalation als „eher gering“, da die Konzentrationen deutlich unter den gesetzlichen Grenzwerten lägen. Grund der Aufregung seien eher andere Umwelt- und Gesundheitsrisiken. Denn Mikroplastik gelangt über Flüsse und die Nahrungskette zum Menschen. Neben Reifenabrieb als größten Verschmutzer, gelten auch „Verwehungen Sport- und Spielplätze“ als Ursache. Die Stadt Essen stattete ihre jüngsten Kunstrasenfelder vorsorglich mit Kork- statt mit Gummigranulat aus. Kritik seitens der Vereine gibt es dennoch.
Vereine vermissen eine zeitnahe Einschätzung der Situation durch die Stadt
Beispielsweise aus Essen-Werden. Hans-Jürgen Koch ist Vorsitzender des Fußballclubs SC Werden-Heidhausen: „Eine Einschätzung der aktuellen Lage durch die Stadt wäre für uns Vereine schon schön gewesen.“ Im Löwental gebe es eine besondere Situation: „Die Halme unseres Kunstrasens sind wie Korkenzieher gedreht und halten so das Granulat fest. Die Stadt bürstet regelmäßig unseren Rasen und musste bisher nur minimale Mengen der grünen Kügelchen nachfüllen.“ Am Spielfeldrand anderer Essener Anlagen könne man dagegen regelrechte Granulat-Haufen beobachten.
Auch interessant
Reinhard Lehmann vom Werdener Turnerbund (WTB) ist ein echtes Urgestein der Werdener Leichtathletik. Er musste alles aus der Presse erfahren und fragt sich: „Demnächst kehren unsere jungen Sportler zurück ins Training. Was sagen wir deren Eltern?“ Auch er nennt eine Besonderheit: „Bei der Anlage Am Hallo in Stoppenberg haben sich zunächst unheimlich viele der Gumminoppen von der Laufbahn gelöst. Die Folge war, dass in den ersten zwei Jahren keine guten Zeiten gelaufen wurden. Hier bei uns in Werden ist die Laufbahn besser verklebt und wir sehen von Anfang an nur ganz wenige Krümel.“
Versiegelte Laufbahn an der Ruhrtalstraße sorgt für Sicherheit
Ein paar Meter weiter an der Ruhrtalstaße war Heinz Hahn als Vorsitzender der Kettwiger Initiative Sportplatz (KIS) regelmäßiger Beobachter des Sportplatzbaus. Der Leichtathlet erläutert die „Insitu“-Bauweise der Laufbahn: „Verschiedene Komponenten wurden zusammengemischt und ausgehärtet. Dadurch entsteht eine geschlossene Oberfläche.“ Eine Spezialfirma habe dann noch überschüssige Reste von der Bahn gefegt und entsorgt. Außerdem sei die Kettwiger Anlage gar nicht an die öffentliche Kanalisation angeschlossen, alles werde in einem Sickerbecken aufgefangen. Auch wenn Hahn die Kettwiger Anlage für unbedenklich hält, findet er es „wichtig und richtig, eine gründliche Diskussion anzustoßen.“ Denn wenn es umweltverträglichere Möglichkeiten gebe, könne da ja keiner etwas gegen sagen.
11.000 Tonnen Mikroplastik
Bis zu 11.000 Tonnen Mikroplastik sollen jährlich von deutschen Sportplätzen in die Umwelt gelangen, durch Wind, Regen, das Anpappen an Kleidung und Schuhen. Diese Zahlen werden jedoch angezweifelt.
Die Europäische Chemikalienagentur wird dennoch konkrete Beschränkungen vorschlagen: „Bewusst zugesetztes“ Mikroplastik darf nicht mehr in Verkehr gebracht werden. Bis September können Infos und Stellungnahmen eingereicht werden. Dann endet die öffentliche Anhörung.
Im Jahr 2020 wird ein Entscheidungsvorschlag für die zuständige EU-Kommission erwartet. Im Hinblick auf die „unklare Rechtslage nach der Entscheidung“ empfiehlt die Versicherung ARAG Sportvereinen, Rücklagen für eventuelle Sanierungskosten zu bilden
Kunstrasen beim FSV Kettwig ist umweltverträglicher als das alte Tennenfeld
Auch Dirk Petermann als Vorsitzender des Fußballclubs FSV Kettwig sieht die Diskussion um den Kunstrasen gelassen: „Es gab Untersuchungen zur Umweltverträglichkeit und die Firma Polytan ist ein zertifiziertes Unternehmen. Die wissen genau, was sie tun.“ So ein Kunstrasenbelag habe eine Lebensdauer von 10 bis 15 Jahren. Dann müsse er ohnehin ausgetauscht werden. Petermann betont: „Das bisherige Tennenfeld war bestimmt um einiges schädlicher für die Gesundheit als der jetzige Zustand. Deswegen haben wir Kettwiger doch auch gemeinsam für diese Sportanlage gekämpft. Da wäre es doch geradezu absurd, wenn nun Kindern und Jugendlichen der Zugang zum Sport verbaut würde.“