Essen. Vermummte Linksaktivisten hatten das leerstehende „Haus der Begegnung“ am Essener Weberplatz besetzt. Die letzten gaben am Dienstagmorgen auf.
Die Linksaktivisten, die in der Nacht auf Montag das ehemalige „Haus der Begegnung“ am Weberplatz besetzt hielten, müssen mit einer Anzeige wegen Hausfriedensbruchs rechnen. Die Stadt Essen, der die leer stehende Immobilie gehört, hatte noch am Montagnachmittag Strafantrag gestellt. Die Polizei hatte das Haus daraufhin geräumt. Die letzten beiden Teilnehmer der Aktion verließen am frühen Dienstagmorgen das Dach des Hauses.
Am Dienstagmorgen waren mehrere Aktivisten noch auf der Polizeiwache, um ihre Personalien feststellen zu lassen. Gleichzeitig habe es vor dem Präsidiumsgebäude eine „Mahnwache mit etwa 15 Personen“ gegeben, teilte ein Sprecher der Polizei am Dienstag mit.
Mahnwache am Dienstagmorgen
Etwa 20 vermummte Linksaktivisten hatten seit Montagmorgen das leerstehende, ehemalige „Haus der Begegnung“ am Weberplatz in Essen besetzt. Ziel der Aktion nach eigenen Angaben: Die Aktivisten wollten ein „selbstverwaltetes Zentrum für antirassistische Politik“ einrichten, um sich „gegen rassistische Zustände zur Wehr zur setzen“. In Essen habe sich, so erklärte eine Aktivistin in einer Mitteilung, „eine rassistische Law-and-Order-Politik entwickelt.“ Was genau das heißen soll, erklären die Hausbesetzer indes nicht.
Das einzurichtende Zentrum solle jenen einen Zufluchtsort bieten, die von Rassismus betroffen sind, weil es grundsätzlich in Essen zu wenig „unkommerzielle Räume zur Selbstentfaltung“ gebe.
„Loser Zusammenschluss von Aktivisten“
Die Hausbesetzer, die mehrere selbst beschriftete Banner von den Fenstern an die Fassade hängten, bezeichneten sich selbst als einen angeblich „losen Zusammenschluss“ von Aktivisten, die sich „hierarchiefrei und basisdemokratisch“ organisiert hätten.
Die Polizei war den ganzen Montag vor Ort. Am Abend wurde die Immobilie geräumt. Spezialkräfte der Polizei hatten schon am Nachmittag Stellung bezogen und sich darauf vorbereitet, nötigenfalls das Gebäude zu stürmen und die illegalen Besetzer herauszuholen.
Die Situation in der Innenstadt stellte sich den ganzen Tag über zwar bei weitem nicht so aggressiv dar, wie in den vergangenen Tagen in Leipzig, wo bei der Räumung von ebenfalls illegal besetzten Häusern an drei Abenden hintereinander gewaltbereite Demonstranten aus dem Linksextremen Lager Polizisten mit Steinen und Pyrotechnik attackierten. Dennoch, so eine Sprecherin der Stadt, habe man die Bilder der Ausschreitungen natürlich im Hinterkopf und hoffe, dass die Situation in der Essener Innenstadt vergleichsweise friedlich gelöst werden kann.
Letzte Aktivisten gaben am frühen Dienstagmorgen auf
Diese Hoffnung erfüllte sich größtenteils. Die meisten Aktivisten mussten zwar von den Beamten herausgeführt werden, leisteten aber keinen größeren Widerstand. Zwei Vermummte verschanzten sich zunächst noch auf dem Dach und beschäftigten die Polizisten bis in den Abend hinein.
Erst kurz vor 4 Uhr am Dienstagmorgen verließen auch die letzten beiden Demonstranten das Gebäude freiwillig, wie die Polizei bestätigt.
„Haus der Begegnung“ steht seit Jahren leer
Das ehemalige „Haus der Begegnung“ steht seit rund drei Jahren leer und beherbergte über Jahrzehnte Selbsthilfegruppen und Interessensverbände von Menschen mit Behinderungen. Seit Jahren wird über eine Zukunft der maroden Immobilie diskutiert. Die Diskussion wird auch von Denkmalschutz-Aspekten begleitet. Das Haus, das als unsanierbar gilt, befindet sich im Besitz der Stadt. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Allbau hat Pläne für einen Neubau. Stadt-Sprecherin Silke Lenz berichtete am Dienstagmorgen, dass zwischen der Stadt und dem Allbau weitere Gespräche geplant seien, was die Zukunft der Immobilie angeht. Das Haus wurde Ende des 19. Jahrhundert als Ledigenheim errichtet. Fragen des Denkmalschutzes sind derzeit ungeklärt – möglicherweise kommt die Fassade für eine Unterschutzstellung in Frage.
Solidaritätsbekundungen erhielten die Hausbesetzer am Montag von den Essener Linken und ihrem OB-Kandidaten Daniel Kerekes: „Es kann nicht sein, dass mitten in der Innenstadt ein Haus über Jahre leer steht und dann unter Verweis auf „nicht gegebene Wirtschaftlichkeit“ der Denkmalschutz ausgehebelt und das Haus möglicherweise abgerissen werden soll.“ Es sei vielmehr „nur richtig, dass die Menschen in der Stadt selbst überlegen wie sie das Haus nutzen wollen. Hier haben sie sich für ein selbst-verwaltetes antirassistisches Zentrum entschieden.“