Essen. Sperrmüll, Straßenreinigung, Müllabfuhr: CDU und SPD gehen mit der EBE hart ins Gericht. Auch ein Schuldiger ist ausgemacht.

Der Unmut ist groß, nicht nur bei vielen Bürgern. Nun sind auch CDU und SPD mit den Entsorgungsbetrieben Essen (EBE) hart ins Gericht gegangen. Die beiden Mehrheitsfraktionen im Rat der Stadt nutzten dafür die jüngste Sitzung des Stadtparlaments. Eine öffentliche Bühne also, ungewöhnlich genug. Was beide in einem gemeinsamen Antrag zum Tagungsordnungspunkt 10, „Aktuelle Situation der Müllentsorgung“ vorbrachten, hat es in sich. Ist es doch nichts anderes als eine Generalabrechnung mit der EBE-Geschäftsführung.

Die Mängelliste, die beide Fraktionen in ihrem Antrag formulieren, ist lang und beschreibt, was Bürger dieser Stadt zuletzt fast täglich erleben mussten: Blaue Tonnen fürs Altpapier und braune für Bio-Müll werden verspätet oder gar nicht geleert. Sperrmüll wird nicht zum vereinbarten Termin abgeholt. Die Beschwerde-Hotline der EBE ist völlig überlastet. So beschrieben es zahlreiche Leser in Zuschriften an die Redaktion.

Ein Schlag ins Gesicht für die Verantwortlichen bei den Entsorgungsbetrieben Essen

Die Unzufriedenheit mit dem Service der EBE ist groß, auch in der Politik. Wie groß unterstreicht, dass SPD und CDU zu Papier bringen, was sich eigentlich von selbst verstehen sollte: „Oberste Priorität muss die Verlässlichkeit bei der Entsorgung und eine ordentliche Reinigung der Stadt Essen haben. Diese Selbstverständlichkeit unterstreichen wir mit Nachdruck.“ Ein Schlag ins Gesicht für die Verantwortlichen bei der EBE.

Dass die Entsorgungsbetriebe wenige Tage vor der Ratssitzung öffentlich erklärt hatten, die Müllabfuhr arbeite nun wieder nach Plan, nachdem zuvor ein hoher Krankenstand und organisatorische Änderungen als Erklärung für erhebliche Verzögerungen bei der turnusgemäßen Leerung dienten, mag ein zeitlicher Zufall sein. Die Wogen ließen sich damit jedenfalls nicht mehr glätten.

Als Schuldigen für die Misere haben CDU und SPD den privaten Mitgesellschafter der EBE, die Firma Remondis ausgemacht - namentlich den von Remondis gestellten Geschäftsführer Stephan Tschentscher. Zur Erinnerung: Vor mehr als zwei Jahrzehnten hatte die Stadt einen privaten Entsorger mit ins Boot geholt und 49 Prozent ihrer Anteile an der EBE veräußert, in der Hoffnung, von dessen Knowhow zu profitieren. Auf RWE Umwelt folgte schließlich Remondis.

Das Verhältnis zwischen den langjährigen Geschäftspartnern ist längst abgekühlt. Hinter vorgehaltener Hand heißt es, Remondis sei allein daran interessiert, möglichst viel Profit abzuschöpfen. Laut dem aktuellen Beteiligungsbericht der Stadt Essen erwirtschaftete die EBE 2018 einen Gewinn von 8,7 Millionen Euro ein. Knapp die Hälfte davon floss in die Kasse des privaten Mitgesellschafters.

Seit Remondis bei der EBE allein das Sagen hat, sei es noch schlechter geworden

Remondis-Manager Tschentscher werden diverse Versäumnisse zur Last gelegt. Sei es die schleppende Modernisierung des Fuhrparks oder seien es Defizite bei der Personalplanung. Um Lücken stopfen und versäumte Leerungstermine nachholen zu können, musste die EBE jüngst auf Leiharbeiter zurückgreifen. Der Krankenstand gilt als notorisch hoch. Dass CDU und SPD eine „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ mit den Arbeitnehmervertretern einfordern, spricht Bände.

Die „Gesamtsituation“ habe sich verschlechtert, seit Tschentscher bei der EBE allein den Hut aufhat, beklagen CDU und SPD. Eigentlich fungiert bei der EBE eine Doppelspitze. Doch die Stelle des von der Stadt Essen gestellten Geschäftsführers ist seit September vergangenen Jahres unbesetzt. EBE-Chef Uwe Unterseher-Herold hatte das Unternehmen auf eigenen Wunsch vorzeitig verlassen. Sein Vertrag, so heißt es, wäre ohnehin nicht verlängert worden. Auch so etwas ist eher untypisch für ein kommunal beherrschtes Unternehmen.

In der Politik erinnert sich mancher an Ex-EBE-Chef Klaus Kunze

So erinnert sich dieser Tage mancher in der Politik an die Zeiten des langjährigen städtischen Geschäftsführers Klaus Kunze. Der hatte gehen müssen und wanderte wegen Untreue ins Gefängnis. Nicht dass man Kunze eine Träne nachweine, aber die EBE habe er im Griff gehabt.

Mit Ulrich W. Husemann, dem Chef des Gelsenkirchener Entsorgungsunternehmens Gelsendienste, hat die Stadt bereits einen neuen Geschäftsführer ausgeguckt. Im Herbst soll er seinen Posten antreten. Bis dahin hat Remondis-Mann Stephan Tschentscher an der Pferdebahnstraße alleine das Sagen.

Wie es mit Remondis weitergeht, steht in den Sternen. Der Vertrag mit dem privaten Partner läuft 2023 aus. Bis Ende 2021 müsste die Stadt Remondis wissen lassen, ob man gemeinsam weitermacht oder mit Ablauf des Vertrages getrennte Wege geht und die EBE wieder komplett unter kommunaler Regie fällt.

Einen zweistelligen Millionenbetrag würde es die Stadt wohl kosten, sich freizukaufen. Dass es so kommt, ist nicht auszuschließen. Die Kritik im Rat der Stadt an den mangelhaften Leistungen der EBE dürfte auch als Warnung an die Adresse von Remondis zu verstehen sein: So, wie es läuft, kann es nicht weitergehen.

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