Essen. Millionen Zuschauer kennen den Essener Roland Riebeling als „Tatort“-Star. Warum ihn der Mut als Kind im Freibad früher auch mal verlassen hat.

Schwimmtechnisch gesehen ist Roland Riebeling ein Spätzünder gewesen. „Mit zwölf habe ich noch kein Seepferdchen gehabt!“, gesteht der Schauspieler augenzwinkernd beim Ortstermin im Grugabad. „Mein Sportlehrer hat mich am Ende beherzt ins Wasser geschmissen.“ Den Sprung vom Drei-Meter-Brett hat er sich sogar aufgehoben, bis er 40 war. Qualifiziert man sich so für eine Kulturreihe, die ganz nah am Wasser gebaut hat? „Jawollja“, jauchzten am Wochenende die begeisterten Besucher der Reihe Kunstbaden, die Riebeling am Samstag und Sonntag in seiner Paraderolle erlebten. Als einsamer, introvertierter Orchestermusiker in „Der Kontrabass“.

„Moment!“, werden treue Tatort-Fans nun rufen. Roland Riebeling, das ist doch Norbert Jütte! Als gleichnamiger Assistent unterstützt Riebling seit 2018 Jahren die Kölner Kommissare Freddy Schenk und Max Ballauf beim Ganovenfang. Wobei die drei gewissermaßen unter falscher Flagge das Rheinufer geentert haben. Denn Dietmar Bär, Klaus J. Behrendt und Roland Riebeling sind allesamt keine Rheinländer, sondern stammen aus dem Ruhrgebiet.

Roland Riebeling zieht’s immer wieder ins Ruhrgebiet

Riebeling wurde in Essen-Steele geboren, wo er schon zu Kindergartenzeiten seinen ersten Auftritt hatte. „Mein Auftritt als Schweinehirt soll legendär gewesen sein“, grinst der 42-Jährige, dem die Bühnenkarriere dabei alles anderes als in die Wiege gelegt war. Der Vater arbeitete als Kfz-Mechaniker, ein Opa war Stahlarbeiter, der andere Bergmann. „Mehr Ruhrgebiet geht fast gar nicht“, findet Riebeling. Die Liebe zur alten Heimat ist bis heute geblieben, auch wenn der 42-Jährige längst in internationalen Produktionen vor der Kamera steht. „Ich muss immer wieder zurück ins Ruhrgebiet“, gesteht Riebeling. Und nach Essen, schon „um Mutti zu besuchen“. Im Revier fühlt er sich wohl, „ich brauche die Vertrautheit“. Und wenn es Angebote aus Zürich oder Stuttgart gab, dann hat er sich doch für Oberhausen, Essen, Bonn oder Bochum entschieden, an letzterem Ort stand Patrick Süskinds „Der Kontrabass“ gleich mehrere Jahre im „Theater Untertage“ auf dem Spielplan.

Neben dem Theater hat sich Roland Riebeling auch für Theologie interessiert

Das Stück begleitet Riebeling seit seiner Jugend. Er hat es schon als Schüler in der Theatergruppe des Gymnasiums Wolfskuhle gespielt, er spielt es heute, schon älter als der von Süskind erdachte „Mann, Mitte dreißig“, bei den Ruhrfestspielen oder zuletzt beim „Kunstbaden“. „Der Kontrabass“ war sogar seine Wahl beim Vorsprechen an der Westfälischen Schauspielschule Bochum, seit 2000 der Folkwang-Universität der Künste angegliedert, wo er von 1998 bis 2001 studierte. Sein erstes und einziges Vorsprechen übrigens, durch dass er sich damals gebibbert hat. Dass es sofort geklappt hat, das war für den gläubigen Christen so etwas wie ein Zeichen von oben. Das Stipendium der evangelischen Landeskirche hätte ihm damals neben der Theaterwissenschaft auch ein Studium der Theologie ermöglicht.

Statt auf die Kanzel steigt er heute gedanklich immer noch auf einen Stuhl, um zu erfahren, ob er Gehör findet. Wie der kleiner Junge, der beim Weihnachtsgedichtaufsagen damals losgeheult hatte, als eine ältere Zuschauerin lospolterte: „Lauter, ich verstehe nichts.“ Dass er an guten Tatort-Abenden inzwischen in bis zu elf Millionen Wohnzimmern zu Gast sein darf, erfüllt ihn deshalb eher mit Demut als mit Dünkel. „Ich empfinde es immer noch als etwas sehr besonderes, dass ich das machen darf und mir jemand dabei zuschaut.“

„Die Tatort-Autoren haben einiges mit Norbert Jütte vor“

Und die Leute schauen gerne zu, wenn Riebeling auftritt. Als Comedian in der Serie „Mensch Markus“, als Tatort-Assistent oder eben als „Kontrabass“-Mann im Essener Grugabad. „Ein Abbild von den Menschen an sich, mit allen Stärken und Schwächen“, nennt Riebeling den Theatermonolog. Nebenbei ist das Ein-Mann-Stück in Coronazeiten auch noch das Stück der Stunde. „Ich habe schon Anfragen ablehnen müssen“, erzählt der 42-Jährige, der trotz Corona inzwischen auch wieder für den „Tatort“ vor der Kamera steht.

Als der Mann in Strickweste verkörpert er dort den eher gemütlichen Beamten-Typ. „Etwas behäbig, aber gründlich“, beschreibt ihn Riebeling, der sich selbst eher als „aufgedrehten Duracellhasen“ beschreibt: „Der Typ ist auf jeden Fall ‘ne Bank.“ Zwei neue Tatort-Folgen sind schon gedreht, eine dritte sei in der Pipeline. Über den Inhalt kann Riebeling natürlich nichts verraten. Aber so viel kann der Schauspieler schon sagen: „Die Autoren haben einiges mit Jütte vor.“