Essen. Bürger in Bedingrade und Bochold befürchten weitere Bebauung auf den wenigen verbliebenen Grünflächen. Zähe Diskussion mit Politikern in Borbeck.

Herrliches Wetter und der Garten der Dampfbierbrauerei in Borbeck schattig: Eigentlich die besten Voraussetzungen für einen entspannten politischen Frühschoppen am Sonntagvormittag. Doch daraus wurde nichts: Der Dialog zwischen gut 40 Bürgern und sieben Politikern, zu dem das Bündnis „Grüne Lungen für Essen“ eingeladen hatte, verlief zäh. Am Ende einigte man sich wenigstens auf den kleinsten gemeinsamen Nenner: Man kommt noch einmal zusammen.

Streit um zwei Grünflächen in Essen-Borbeck und Essen-Bochold

Die Anwohner standen Schlange vor dem Mikrofon, um ihre Fragen zu stellen oder ihre Statements abzugeben.
Die Anwohner standen Schlange vor dem Mikrofon, um ihre Fragen zu stellen oder ihre Statements abzugeben. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Nach dem Auftakt in Katernberg, wo es Ende Juli um die Katernberger Grünflächen ging, standen in Borbeck zwei umstrittene Bauvorhaben zur Diskussion. So sollen an der Laarmannstraße 110 Wohnungen auf einer Teilfläche des Franziskushauses errichtet werden, und zwischen Kessel- und Bocholder Straße wird an eine ähnliche Größenordnung gedacht.

Auf zwei Grünflächen besteht Baurecht

In beiden Fällen versuchen Bürgerinitiativen, die Bebauung zumindest zum Teil zu verhindern. „Will die Essener Politik bei 60,5 Prozent bebauter Fläche zu nur 15,8 Prozent freier Fläche in Bochold an ihrer Planung festhalten?“ lautete eine Ausgangsfrage, vorgetragen von Moderator Martin Nennstiel. Dass die gut 40 erschienenen Bürger darauf am liebsten ein klares „Nein!“ von den Vertretern von sechs Parteien und Wählerbündnissen gehört hätten, ist logisch. Dass es so nicht kam, allerdings auch.

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Denn es ist tatsächlich nicht einfach, bestehendes Baurecht wie in Bedingrade zu ignorieren. Dort dürfte Contilia ein großes Krankenhaus bauen, wenn sie es denn wollte. Und auch ein ehemaliges Gärtnereigrundstück in Bochold dürfte bebaut werden. Doch wie entwickelt man die übrigen Flächen weiter? Lässt man sie grün oder macht den Bau von dringend benötigten Wohnungen möglich?

Diskussion kommt nur schwer in Gang

Gut vorbereitet beteiligten sich die Anwohner an der Diskussion.
Gut vorbereitet beteiligten sich die Anwohner an der Diskussion. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Die Diskussion darüber kam nur zäh in Gang. Das lag längst nicht nur an den sieben Politikern, die sich überwiegend Mühe gaben, klare Antworten zu geben. Dagegen nutzten zahlreiche Bürger die Chance zu langatmigen Statements, um dann doch keine Frage zu stellen.

Zumindest deutlich wurde es, dass die Politiker und die Stadtverwaltung an mehrere Versprechen erinnert wurden, die sie in der Vergangenheit abgegeben hatten, etwa zur Bürgerbeteiligung bei wichtigen Vorhaben. „Davon spürt man nichts“, kritisierte eine Bürgerin. Allerdings wurde auch auf die öffentliche Diskussion des Bebauungsplans Anfang Dezember im Mädchengymnasium verwiesen, wo – zum Teil aufgebrachte – Anwohner ihre Kritik an den Bauvorhaben deutlich machen konnten. Ob sie in den Bebauungsplan einfließt, wird mit Spannung beobachtet.

Weitere Diskussion am Icktener Wanderparkplatz

Die Reihe der Diskussionen geht am Montag, 17. August, 18 Uhr, weiter: Die IG Ickten lädt fünf OB-Kandidaten zur Diskussion über Freiflächen am Beispiel Icktener Bachtal ein. Treffen am Wanderparkplatz Icktener Straße.

Darstellung der Sachlage bis 18.15 Uhr, Ortsbegehung LSG 32E: 18.15 bis 18.45 Uhr; Forderungen der betroffenen Bürger: 18.45 bis 19 Uhr; Reaktionen zum Thema: alle eingeladenen Kandidaten (je max zehn Minuten: 19 bis 19.45 Uhr; Positionen/ Wahlkampfversprechen der Kandidaten zu Umweltschutz in Essen in der kommenden Wahlperiode; Wichtigste Ziele und Gründe.

Ende gegen 21.30 Uhr.

Weitere Fragen richteten sich nach einem Landschaftsplan für die gesamte Stadt oder auch nach einem Baulückenkataster. Mit seiner Hilfe könnten Grundstücke gefunden werden, deren Bebauung Grünflächen verschonen könnten.

Nach dem mehr als zweistündigen Frühschoppen einigten sich Bürgerinitiativen und Politiker, sich noch einmal zu treffen. „Laden Sie uns zu einem Workshop ein“, bat Thomas Rotter (SPD), um dann „alles vernünftig zusammenzutragen“, wie Jessica Fuchs (CDU) ergänzte. Dass das allerdings nach einem über einjährigen Streit noch notwendig ist, erstaunte dann doch.

Aber wie stöhnte Moderator Martin Nennstiel in seinem Schlusswort: „Das Thema ist kompliziert.“