Kapselkaffee produziert viel Alu-Müll. „Bio-Plastik“ wird als bessere Alternative angeboten – doch ist das wirklich so?

Maschine, Maschine auf dem Schrank – wer ist die umweltfreundlichste im ganzen Land? „Grundsätzlich sind Kaffeekapseln katastrophal aus Umweltsicht“, antwortet Philipp Sommer von der Deutschen Umwelthilfe (DUH). „Ökologisch macht es einfach keinen Sinn, so wenig Inhalt in so viel Verpackung zu verkaufen.“ Dennoch gibt es natürlich Unterschiede und Alternativen zum Marktführer Nespresso, von der Plastik-Kapsel bis zur wiederbefüllbaren. Hier ein Überblick.

Aluminiumkapsel

Diese Kapseln bestehen bislang fast vollständig aus Neumaterial, auch wenn Nespresso bereits eine erste Sorte in einer Kapsel aus recyceltem Aluminium herausgebracht hat und bis Ende 2021 einen Großteil seiner Kapseln „aus 80 Prozent recyceltem Aluminium“ herstellen will.

Kapselwelt: Marktführer Nespresso will vermehrt recyceltes Aluminium nutzen.
Kapselwelt: Marktführer Nespresso will vermehrt recyceltes Aluminium nutzen. © WAZ FotoPool | Ilja Höpping

„Neues Aluminium ist wirklich extrem energieintensiv in der Herstellung“, sagt Philipp Sommer, Experte für Kreislaufwirtschaft bei der DUH. Außerdem verbrauche die Herstellung große Mengen an Chemikalien und Flächen, dabei werde schleichend Gift frei, zurück bleibe toxischer Rotschlamm. Immer wieder gelange der in die Umwelt, etwa beim „Kolontár-Dammbruch“ 2010 in Ungarn, bei dem zehn Menschen starben und 150 verletzt wurden.

Auch Kapseln aus recyceltem Aluminium seien nicht umweltfreundlich, sagt Sommer: „Wir haben erhebliche Aluminiumverluste und die Kapsel muss weiterhin jedes Mal neu hergestellt werden.“

Plastik-Kapseln

Gepa, Feelgood Coffee oder La Coppa: Mittlerweile gibt es viele Kapseln aus „kompostierbarem“ Plastik. Das Problem ist nur: Man soll und darf sie nicht in die braune Tonne geben, sagt das Lünener Recycling-Unternehmen Remondis unisono mit der DUH. Denn Bioplastik benötigt ein paar Wochen zu lange für die industrielle Kompostierung, es bleiben Reste. „Bio-Kapseln“ lässt Remondis von Hand herauspicken. Sie werden immer verbrannt.

Was die Herstellung angeht, seien die Bio-Alternativen „typischerweise nicht besser als herkömmliches Plastik“, sagt Sommer. „Eine leichte Verbesserung“ ergebe sich nur, wenn kaum verwertbare Reststoffe wie Orangenschalen verwendet würden. Papier habe eine ähnlich negative Umweltbilanz wie Kunststoff aufgrund der energie-, wasser- und chemikalienintensiven Herstellung. Vorteilhaft ist natürlich, dass sowohl Papier als auch Bio-Plastik rasch verrotten, wenn sie in die Umwelt gelangen.

Im Vergleich zu Alu jedoch benötigt die Herstellung von Plastik nur etwas mehr als ein Drittel der Energie. Auf ein Kilo Plastik entstehen bis zu 2,2 Kilo CO2, bei Alu sind es 16 Kilo CO2. Allerdings würden Plastikkapseln kaum recycelt und seien schwerer, erklärt Sommer. Bei Kaffeepads werde ebenfalls eine kleine Portion Kaffee in Papier verpackt und mit Alu umverpackt.

Wiederbefüllbare Kapseln

Bevor man nun seine Kapsel-Maschine zugunsten eines Vollautomaten fortgibt, lohnt der Blick auf wiederbefüllbare Kapseln wie die von Mycoffeestar, Capseco und Mister Barista. „Da entsteht erstmal kein Abfall“, sagt Sommer. „Wir haben sie testen lassen. Es funktioniert gut. Natürlich ist es ein gewisser Aufwand, sie neu zu befüllen, aber man spart eine Menge Geld.“ Denn ein Kilo Kapselkaffee kann bis zu 80 Euro kosten.

Filterkaffee

Ohne Verpackung kommt auch loser Kaffee nicht aus. Zwei Pfund Kaffee umgeben etwa 30 Gramm Verpackungsabfall. Bei Kaffeekapseln ist es laut DUH etwa das 20-fache. Wer das Filterpapier vermeiden will, greift zur „Karlsbader Kanne“, die mit Keramikfilter auskommt. Allerdings muss man den Kaffee dafür grob mahlen.

Vollautomat versus Siebträger

Auch interessant

Und der Geschmack des Kapselkaffees? An dem hat auch „Der Röster“ Alex Kunkel nichts auszusetzen – oder nicht viel: „Eine Kapsel enthält nur fünf bis sieben Gramm Kaffee, das hat starke Grenzen“, sagt die Essener Kaffee-Koryphäe. „Wenn ich eine ganze Tasse befüllen will, wird es schnell wässrig.“

Diese Effizienz führt Nespresso auch als ökologisches Argument an, denn es wird ja weniger Kaffee verbraucht. Sein Vollautomat, schätzt Kunkel, benötigt etwa zehn Gramm Kaffee, „wenn man einen richtig guten Kaffee vom Barista haben will, sind 15 bis 20 Gramm Standard.“

Aus ökologischer Sicht lehnt Kunkel Kapselkaffee ab. Er koste auch das Vielfache eines sehr guten Fair-Trade-Kaffees. Dafür plädiert „Der Röster“ in jedem Fall. „Die ökologischste Zubereitung ist die French Press.“ Also der Kaffeedrücker, bei dem der Satz per Sieb nach unten gedrückt wird. „Dabei entsteht natürlich keine Crema.“ Aber man kann die Wassertemperatur auf 92 Grad einstellen. Bei den typisch italienischen Herdkochern dagegen werden mit mehr als 100 Grad Bitterstoffe gelöst.

„Für jemanden, der sich nicht in den Kaffee reinkniet, würde ich einen Vollautomaten empfehlen.“ Eine Siebträger-Maschine dagegen fordert Zeit für Zubereitung und Reinigung und frisst tatsächlich viel Energie. Der Siebträger muss erst aufgewärmt werden.

Wie viele Kapseln fallen an?

Recycling: Das dabei gewonnene Aluminium ist meist von minderer Qualität und wird etwa in Fahrradrahmen eingesetzt.
Recycling: Das dabei gewonnene Aluminium ist meist von minderer Qualität und wird etwa in Fahrradrahmen eingesetzt. © picture alliance | Anthony Devlin

Jährlich verbrauchen die Deutschen etwa 3,5 Milliarden Kaffeekapseln, schätzt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) anhand von Zahlen des Deutschen Kaffeeverbands. Nespresso zitiert die „Gesellschaft für Verpackungsforschung“. Demnach fallen in Deutschland jährlich 8.000 Tonnen leere Kapseln an. Dies entspreche 0,3 Prozent des Verpackungsaufkommens.

Der Aluminiumanteil einer Nespresso-Kapsel liegt bei rund 1 Gramm. Berücksichtigt man auch Kunststoff- und Papierverbrauch kommen laut DUH bei Kaffeekapseln auf etwa 6 Gramm Inhalt 4 Gramm Verpackungsmüll. Dies summiert sich auf 14.000 Tonnen Verpackungsabfall pro Jahr.

Wie viel Aluminium wird recycelt?

Nespresso wirbt mit einer „Rücknahmekapazität“ von 100 Prozent in Deutschland, dies ist jedoch nur ein theoretischer Wert, da jeder die Möglichkeit hat, eine Gelbe Tonne oder Rückgabestelle zu nutzen. Laut Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung, zitiert von Nespresso, liegt die Recyclingquote für Aluminiumverpackungen in Deutschland aus privaten Haushalten bei über 85 Prozent. Philipp Sommer, Deutsche Umwelthilfe, hält auch diese Zahl für deutlich zu hoch, weil viele Verbraucher die Kapseln in die Restmülltonne werfen würden und die Recyclingverluste nicht enthalten seien.

Exklusive Sammlung auch in Deutschland?

Ein Kapsel-Sammelmodell aus den Niederlanden könnte auch in Deutschland Einzug halten. Der Lünener Recycler Remondis führt dazu Gespräche mit Herstellern, erklärt Sprecher Michael Schneider. In den Niederlanden können Nespresso-Kunden ihren Kapselmüll dem Paketdienst mitgeben, wenn eine neue Bestellung ankommt. Remondis sammelt auch Kapseln von anderen Abgabestellen und trennt in Lichtenvoorde nahe Bocholt Alu und Kaffeesatz vor dem Einschmelzen. Der Kaffee wird zu Energie und Dünger verarbeitet. In Deutschland verbrennt bislang der Satz beim Schmelzen, andere Alusorten mindern die Qualität.