Essen. Der neue Mietspiegel für die Stadt Essen liegt jetzt vor. Demnach könnten Vermieter nun weiter an der Preisschraube drehen.
Dass das Wohnen in Essen in den vergangenen Jahren teurer geworden ist, überrascht nicht. Doch nun zeigt der jetzt vorgelegte neue Mietspiegel, dass die Kosten doch recht deutlich angezogen haben. So sind die Mieten in den vergangenen viereinhalb Jahren im Durchschnitt um zehn Prozent gestiegen. Beim Vorgänger-Mietspiegel aus dem Jahr 2016 hatte der zuständige Gutachterausschuss damals eine Steigerung von nur 5,5 Prozent ermittelt.
Der neue Mietspiegel liegt seit dem 1. August vor und wurde erneut nach wissenschaftlichen Kriterien erstellt. Dafür wurden 10.000 Eigentümer von Mehrfamilienhäusern befragt. Dabei wurden unter anderem Informationen zur Ausstattung der Wohnung bzw. des Gebäudes, zur Miethöhe und zum Mietvertrag erhoben. In den Mietspiegel flossen dabei nur Wohnungen ein, bei denen es in den vergangenen vier Jahren eine Mieterhöhung gab. Bestandswohnungen ohne Mieterhöhungen wurden dabei nicht berücksichtigt. Gleiches gilt für preisgebundene Sozialwohnungen.
Der neue Mietspiegel ist für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete bindend. Bei der Berechnung der ortsüblichen Miete fließen neben Lage und Ausstattung auch Größe und Baujahr der Wohnung ein. Auf seiner Grundlage können Mieter und Vermieter die ortsübliche Vergleichsmiete errechnen. Diese ist für Vermieter die Obergrenze, bis zu der sie Mieterhöhungen durchsetzen können.
Mieten in Essen dürften weiter steigen
Mit dem aktuellen Mietspiegel könnten sich die Mieten in Essen also weiter erhöhen. Viele Vermieter werden jetzt also wieder rechnen. Ob sie die Mieten dann aber tatsächlich erhöhen, wird man sehen. Der Eigentümerverband Haus & Grund Essen räumt durchaus ein, dass Vermieter in der Vergangenheit davon Gebrauch gemacht haben. Meist aber nur dann, wenn es einen Mieterwechsel gab. „Vielen Vermietern ist eher an einem guten und dauerhaften Mietverhältnis gelegen“, sagte Werner Weskamp, Geschäftsführer bei Haus & Grund Essen.
Wird eine Wohnung neu vermietet, hilft der Mietspiegel aber auch den Mietern. Sie können überprüfen, ob das Mietverlangen des Vermieters sich im ortsüblichen Rahmen bewegt. Verlangt ein Vermieter bei der Neuvermietung einer Wohnung 20 Prozent mehr als die ortsübliche Miete vorsieht, dann liegt der Verdacht auf Mietwucher durchaus nahe.
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Essen hat seit 2016 einen solch qualifizierten Mietspiegel. Damals wurden erstmals alle Straßen in einem so genannten Lageverzeichnis erfasst und bewertet. Die schlechteste Lage erhielt einen Punkt, die beste fünf Punkte. Auch wurde damals erstmals der energetische Zustand einer Wohnung mit einbezogen. Die Systematik habe sich bewährt, sagte Werner Weskamp. Seither gebe es deutlich weniger Rechtsstreitigkeiten zwischen Mietparteien. Vor allem die Lagebewertung einer Wohnung hatte früher häufig zu Auseinandersetzungen zwischen den Mietparteien geführt. „Der neue Mietspiegel ist akzeptiert und gut händelbar“, betonte Weskamp.
Beispiele für die Anhebung der Vergleichsmiete
Wie unterschiedlich sich die Mieterhöhungen je nach Lage, Baujahr und Wohnfläche auswirken, zeigen Beispiele, die er Gutachterausschuss errechnet hat. So ist die ortsübliche Vergleichsmiete für eine 60 Quadratmeter große Wohnung in Frohnhausen, Baujahr 1950 und in einer einfachen Lage (Klasse 2) von 5,37 Euro auf 5,60 Euro pro Quadratmeter (plus 4,3 Prozent) gestiegen. Für eine 100 Quadratmeter große Wohnung in Kettwig (Baujahr 1970, gute Lage Klasse 4) müssen Mieter heute 10,7 Prozent mehr zahlen als vor viereinhalb Jahren. Die Vergleichsmiete nahm von 6,42 auf 7,11 Euro für den Quadratmeter zu.
Auch für eine mittelgroße Wohnung in Steele (Baujahr: 1980, Lageklasse: 3, Wohnfläche: 80 qm) sind die Mietkosten gestiegen - von 6,32 Euro auf nun 6,78 Euro. Das entspricht einem Plus von 7,3 Prozent.
Dagegen kommt die Rüttenscheider Wohnung in dem Beispiel gut weg. Für eine Wohnung, Baujahr 2000, Lageklasse: 5, Wohnfläche: 135 qm, zahlen Mieter 8,76 Euro und somit nur acht Cent mehr als im Jahr 2016.