Essen. Besonders das Essener Bürgerbündnis sei im Kampf um die besten Plätze für Wahlplakate vorgeprescht, klagt die Konkurrenz. Das scheint zu stimmen.

Der Kampf um die besten Plätze für die kleinen Wahlplakate – auch im diesjährigen Kommunalwahlkampf geht es dabei in Essen wieder ziemlich robust zu. „Plakate dürfen in Essen ab dem 2. August hängen, aber auch am Vorabend aufgehängt werden bzw. aufgehängt sein“, stellt Stadtsprecherin Silke Lenz offiziell klar. Allein, es halten sich nicht immer alle Parteien an diese Regel. Schon in der Nacht zu Freitag, 31. Juli, waren vor allem das Essener Bürgerbündnis und vereinzelt auch die CDU schwer aktiv, um die Masten und Straßenlaternen in der Nähe von Ampeln ergattern zu können. Dort, so das Kalkül, werfen beim Warten gelangweilte Autofahrer dann vielleicht einen etwas längeren Blick auf das politische Angebot.

Anderen Parteien geht das sehr gegen den Strich. Essens Grünen-Chef Kai Gehring erinnerte im Netzwerk Facebook an vergangene Wahlkämpfe, als auch die Grünen schon mal mit voreiligem Eifer auffielen und dafür von der CDU, aber auch der Interessengemeinschaft Rüttenscheid gerügt worden seien. „Jetzt bin ich sehr gespannt, ob dieselben, die sich vor drei Jahren echauffierten, nun auch wieder wegen mangelnder Chancengleichheit ,Skandal’ rufen“, so Gehring.

CDU gibt sich zerknirscht und bittet um Nachsicht wegen übereifriger Wahlhelfer

Nun, Essens CDU-Parteigeschäftsführer Thomas Frank gibt sich zumindest ein wenig zerknirscht. „Einige Ehrenamtliche haben zu früh plakatiert, das ist sehr ärgerlich“, räumt er ein. Da man wegen Corona die Plakatausgabe in der Geschäftsstelle zeitlich entzerrt habe, seien viele Wahlkämpfer schon vor Tagen in den Besitz der Plakate gekommen – und einige seien dann wohl rasch zur zur Tat geschritten. „Die wussten das nicht“, glaubt Frank, „es sind schließlich ehrenamtliche Helfer“. Man möge deshalb ein wenig Nachsicht üben.

Kai Gehring mag an ein Versehen nicht so recht glauben. „Die selbst ernannte ,Partei für Recht und Ordnung’ (CDU) scheint nervös zu werden, wenn sie selbstgesetzte Regeln ignoriert“, ärgert sich der grüne Bundestagsabgeordnete. Während es sich bei der CDU zumindest dem Anschein nach aber wohl tatsächlich eher um Einzelfälle handelt, scheint beim Essener Bürgerbündnis EBB die eigenwillige Regelauslegung System gehabt zu haben.

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Denn schon am Freitag waren in weiten Teilen der Stadt Köpfe und Slogans des EBB zu sehen. „Was soll man von einer Partei halten, die sich nicht um Recht und Ordnung schert, für die Regeln nicht gelten und die sich darüber hinwegsetzen“, meint Pascal Hesse, Ratskandidat für das Sozialliberale Bündnis (SLB), der dies bei Facebook anprangert.

Bürgerbündnis beruft sich auf gleiches Recht im Unrecht: Der OB habe ja auch zu früh plakatiert

Kai Hemsteeg, Fraktionssprecher des Bürgerbündnisses, versucht sich auf Nachfrage erst gar nicht herauszureden. Ja, man habe ein wenig früher begonnen. Schuld sei die knappe Terminierung, weil zwischen der endgültigen amtlichen Feststellung der Kandidatenlisten und des erlaubten Beginns der Plakatierung so wenig Zeit war, was indes für alle Konkurrenten gleichermaßen galt.

Außerdem beruft sich Hemsteeg bemerkenswerterweise auf gleiches Recht im Unrecht. Denn Plakate mit dem Bild von Oberbürgermeister Thomas Kufen seien ja auch bereits vor der Frist zu sehen gewesen. „Wenn derjenige, der die Regeln festlegt, diese bricht, dann wirkt das natürlich beispielgebend.“ Probleme mit Wahlwerbung gab es schon immer, diese Ausrede allerdings dürfte neu sein.

Es gilt das Demokratie-Privileg

Plakate an Straßenlaternen oder anderen Masten anzubringen, ist normalerweise wilde Werbung im öffentlichen Raum und daher verboten. Bei Wahlen gilt allerdings das so genannte Demokratie-Privileg - die Stadt gestattet es.

Allerdings pocht man darauf, dass einige Regeln eingehalten werden. Wenn Plakate verkehrsgefährdend angebracht sind oder verbotenerweise an Ampeln oder Verkehrsschildern hängen, hört die Toleranz auf.