Essen. Sieben Wochen vor der Wahl gehen die Vorbereitungen in die heiße Phase. Corona führt auch hier Regie – und stellt die Organisatoren vor Probleme.

Als wenn dieser Urnengang nicht schon kompliziert genug wäre: fünf Wahlen an einem Tag, fünf verschiedene Stimmzettel, tausende Kandidaten, teils neue Wahlbezirksgrenzen, wenig Vorbereitungszeit. Und nun entfallen – Corona lässt grüßen – sicherheitshalber auch noch 40 Stimmlokale in Alten- und Pflegeheimen. Selbst die beliebte Direktwahl wandert ins Rathaus ab. Und um den Wahlhelfern ihren Job zu erleichtern, bittet die Stadt, fürs Kreuzchenmachen am besten den eigenen Stift mitzubringen.

Nein, dies wird am 13. September keine Kommunalwahl wie jede andere – nicht nur, aber auch wegen Corona. Das merken sie täglich im städtischen Wahlamt am Kopstadtplatz, wo die Vorbereitungen jetzt in die heiße Phase übergehen: Am Montag um 18 Uhr werden die Kandidatenlisten geschlossen, und wohl bis zur letzten Minute trudeln noch Unterstützer-Listen ein. Denn vor einem möglichen Wahlerfolg, wie groß er auch immer ausfallen mag, steht die Devise: Dabeisein ist alles.

Noch fehlen Unterschriften, und gesammelt wird bis Montag 18 Uhr

Da wäre zunächst die Oberbürgermeister-Wahl: Hier stehen neben Amtsinhaber Thomas Kufen (CDU) und seinen beiden wohl stärksten Kontrahenten Oliver Kern (SPD) und Mehrdad Mostofizadeh (Grüne) am Ende bis zu sieben weitere Herausforderer auf dem Stimmzettel: von Linken und FDP, AfD und NPD, DKP und PARTEI – zuzüglich einem Einzelbewerber. Dem Vernehmen nach sind noch nicht alle angekündigten Kandidaturen abgesichert, weil noch letzte Unterstützer-Unterschriften fehlen.

Das gilt auch für die Wahlen zum Rat der Stadt und zu den Bezirksvertretungen. Unterstützer brauchen schließlich all jene Parteien, Wählervereinigungen und Einzelbewerber, die bisher noch ohne Mandat sind – gleich, ob in Stadt, Land oder Bund. Selbst die Piraten oder das Sozial Liberale Bündnis sind zum Klinkenputzen gezwungen, weil die einen zwar 2014 in den Rat einzogen, durch den Übertritt ihrer beiden

Viel Platz gibt’s im Rat derzeit nur mit Blick auf die Corona-Pandemie. Denn um die Abstandsregeln einzuhalten, tagte das Stadtparlament zuletzt in einer der Messe-Hallen. Ansonsten bleibt es – ohne Überhang- oder Ausgleichsmandate – bei 82 Sitzen plus OB.
Viel Platz gibt’s im Rat derzeit nur mit Blick auf die Corona-Pandemie. Denn um die Abstandsregeln einzuhalten, tagte das Stadtparlament zuletzt in einer der Messe-Hallen. Ansonsten bleibt es – ohne Überhang- oder Ausgleichsmandate – bei 82 Sitzen plus OB. © ME

Vertreter zum Essener Bürger Bündnis (EBB) aber nicht durchgehend dort vertreten waren. Und weil die anderen das Bündnis erst nach der Wahl gründeten.

Die Kleinen klagen: Es ist schwer, in Corona-Zeiten ins Gespräch zu kommen

Unterm Strich werden voraussichtlich SPD, CDU, Grüne, Linke, EBB, AfD und FDP antreten, außerdem PARTEI und NPD, die Tierschutz-Partei und das Sozial Liberale Bündnis, DKP und Volt, Piraten und Einzelbewerber. Wer „Pro NRW“ und „Essen steht AUF“ vermisst: Die erstgenannte Rechtsaußen-Truppe gibt es längst nicht mehr, und das Linksaußen-Bündnis „Essen steht AUF“ verzichtet auf eine Kandidatur.

Ausgebremst sieht sich manche Bewegung durch die Erfordernis, Unterstützer für eine Kandidatur zu finden. Die Hürden wurden im Vorfeld zwar um 40 Prozent gesenkt, jetzt reichen zwölf Personen für eine Kandidatur im Kommunalwahlbezirk und 60 für eine stadtweite Reserveliste aus. Doch die „Kleinen“ bestätigen unsiono: Es ist ausgesprochen schwierig, unter Corona-Bedingungen mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Und erst recht, sie zu einer Unterschrift zu bewegen.

Ende nächster Woche beginnt der Wahlkampf an 14.000 Plakat-Standorten

Dies zumal Vorwahlfieber unter den rund 450.000 Essener Wahlberechtigten bislang noch nicht zu spüren ist. Das könnte sich ändern, wenn ab Ende nächster Woche an nicht weniger als 14.000 Standorten im Stadtgebiet der Plakatwahlkampf beginnt – für OB und Rat, für Bezirksvertretungen und das neue

Stadt Essen sucht noch rund 300 Wahlhelfer

Für die am 13. (und bei einer OB-Stichwahl auch am 27.) September anfallende Arbeit in den stadtweit 200 Stimmlokalen sucht das Wahlamt derzeit noch etwa 300 Helfer.

Je früher eine Anmeldung erfolgt, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass jemand sich seinen Einsatzort aussuchen kann. Wie üblich gibt es je nach Einsatz ein gestaffeltes „Erfrischungsgeld“ als Belohnung.

Nähere Informationen sind bei der Wahlhelfer-Hotline 88-12344, per Mail unter wahl@essen.de sowie auf der Internetseite der Stadt Essen unter www.essen.de/wahlhelfer erhältlich. Dort ist auch eine Online-Bewerbung möglich.

Ruhrparlament, dessen 91 Mitglieder erstmals direkt gewählt werden. Und nicht zuletzt für den Integrationsrat, dessen Zusammensetzung ebenfalls neu bestimmt wird.

Der richtige Ansturm steht dem Wahlamt bevor, wenn Mitte August die Wahlbenachrichtigungen in die Post gehen und eine Flut von Briefwahl-Anträgen auslösen. Möglich, dass wegen Corona der Anteil der Briefwähler, der zuletzt bei einem knappen Drittel lag, noch einmal spürbar nach oben geht. Ab 24. August ist dann auch die Direktwahl möglich, die zuletzt immerhin 8000 bis 10.000 Essener nutzten.

Zigtausende Stimmzettel in Weiß und Grün, Hellrot, Flieder und Gelb

Wer dann aber wie sonst üblich das Wahlamt am Kopstadtplatz aufsucht, steht vor der falschen Tür: Unter Corona-Abstandsregeln würde der dortige kleine Aufzug zu Wartezeiten führen, Treppensteigen will man nicht allen zumuten, also werden die Kabinen für die Direktwahl erstmals seit Jahrzehnten in einem Raum im Erdgeschoss des Rathauses aufgestellt.

Der Zeitpunkt für den Stress-Höhepunkt ist auch schon ausgemacht: Es ist die Auszählung am Wahlabend wenn zigtausende Stimmzettel in Weiß (OB-Wahl), Grün (Rat), Hellrot (Bezirksvertretungen) und Flieder (Ruhrparlament) in Ergebnisse umzumünzen sind. Der Vorstoß der Wahlämter, schon am Vormittag des Wahlabends mit der Auszählung beginnen zu dürfen, wurde abschlägig beschieden. Immerhin, die gelben Voten für den Integrationsrat dürfen bis Mittwoch nach der Wahl liegen bleiben.

Und wer weiß, vielleicht folgt am 27. September ja noch ein OB-Stichwahl der beiden Bestplatzierten – wenn kein Bewerber die absolute Mehrheit schafft.

Weitere Nachrichten aus Essen finden Sie hier.