Essen. Die Stadt schafft mindestens 11.000 Laptops oder Tablet-PCs für bedürftige Schüler an. Wann die Geräte da sind, ist noch offen.
Die Stadt Essen kann mindestens 11.000 Tablet- oder Laptop-Computer anschaffen, die dann von bedürftigen Schülern ausgeliehen werden sollen. Das ist das Ergebnis des erneuerten Digitalpaktes von Bund und Land, der für Essen rund 5,5 Millionen Euro an Fördergeld vorsieht.
NRW hat in der vergangenen Woche die Richtlinien veröffentlicht, wie die Städte das Geld abrufen können. Die Stadt Essen bereitet derzeit die Ausschreibung vor, heißt es seitens der Stadtverwaltung, und man habe bereits Kontakt zu Lieferanten aufgenommen. Vorgeschrieben ist, dass ein Gerät maximal 500 Euro kosten darf. „Wir wollen mehr Geräte anschaffen“, betont Stadtsprecherin Silke Lenz. Das bedeutet, dass man günstigere Laptops und Tablets im Auge habe, um mehr Schüler versorgen zu können. In Essen gehen etwa 75.000 Kinder und Jugendliche zur Schule.
Allein Geräte anzuschaffen, ist keine Lösung, sagen Praktiker
Die Corona-Epidemie und die damit verbundene Schließung der Schulen hat erneut offenbart, was Praktikern schon lange bekannt ist: Viele Haushalte verfügen nicht über die nötigen Geräte, damit Schüler zu Hause per Internet unterrichtet werden oder zumindest selbstständig Aufgaben lösen können, die die Lehrer ihnen zum Beispiel per E-Mail zuschicken. Auch Eltern fordern immer deutlicher, das Tempo bei der Digitalisierung zu beschleunigen.
Bereits im Mai hatte der Rat der Stadt die Verwaltung damit beauftragt, ein Konzept zu entwickeln, wie das Geld aus Berlin und Düsseldorf - bundesweit werden 500 Millionen Euro im Digitalpakt zur Verfügung gestellt - sinnvoll ausgegeben werden kann.
Was die Corona-Krise ans Licht gebracht hat
Was die Corona-Krise ans Licht gebracht hat: Lehrer verfügen vielfach noch nicht mal über einheitliche E-Mail-Dienstaressen, unter denen sie erreichbar sind.
Die Schulen arbeiten auf sehr unterschiedlichen Standards, was die Verteilung und Bearbeitung von Aufgaben angeht, die digital verschickt werden. Während einige Schulen über komplexe Programme verfügen, behelfen sich andernorts Lehrer allein mit dem Versenden von E-Mails.
Nicht nur Schüler sind oftmals schlecht ausgestattet, sondern auch Lehrer: Dass Pädagogen selbst an den Schulen ihre Privatgeräte nutzen, ist keine Seltenheit.
Viele Schüler waren für ihre Lehrer während der Schulschließungen überhaupt nicht erreichbar - auch nicht per E-Mail, und es hat sich herausgestellt, dass nicht wenige Jugendliche für die Bearbeitung von Aufgaben lediglich ihr Handy zur Verfügung haben.
Denn: Alleine Geräte anzuschaffen, ist nicht die Lösung - das wird von jenen immer betont, die sich mit der Materie auskennen. Zwingend erforderlich sei immer ein pädagogisches Konzept, das vorschreibt, wie die Geräte eingesetzt werden. Praktiker bezweifeln außerdem, dass eine Ausleihe an Schüler praktikabel ist. Der bürokratische Aufwand - ähnlich wie bei Anträgen auf Unterstützung durch das Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) sei nicht unerheblich.
Wann die Geräte eingesetzt werden können, ist unklar
Wann die Stadt tatsächlich die Anschaffung von mindestens 11.000 Endgeräten europaweit ausschreiben kann, ist unterdessen noch unklar - völlig unrealistisch ist, dass zum Start des neuen Schuljahres Mitte August bereits erste Geräte verfügbar sein werden. Dabei müht sich die Stadt seit Jahren, den digitalen Ausbau des Essener Schulwesens voranzutreiben: Als eine der jüngsten großen Maßnahmen wurden die Essener Grundschulen ausgestattet - entweder mit neuen, stationären Rechnern für Computer-Ecken in den Klassenzimmern oder mit Tablet-Klassensätzen, die mit einem mobilen W-Lan-Knotenpunkt verbunden werden können. Denn die Grundschulen in Essen sind nicht - anders als die allermeisten weiterführenden Schulen - nicht mit W-Lan ausgestattet.
Schon jetzt können an einzelnen Schulen - vor allem an jenen, die über große Fördervereine verfügen - Haushalte, die ihre Bedürftigkeit nachweisen, Geräte für ihre Kinder für das so genannte „Home Schooling“ ausleihen. Das wurde mit der Schließung der Schulen Mitte März vielerorts akut. Ein Antrag der Grünen im Stadtrat Ende Mai, der vorschlug, zentrale Stationen einzurichten, an denen zum Beispiel Firmen gebrauchte Laptops für Schüler spenden können, wurde abgelehnt. Bislang ist es häufig Sache der Ehrenamt-Agentur, Gerätespenden möglichst effektiv an Schulen vor allem im Essener Norden zu verteilen.