Essen. Die Uniklinik bildet erfolgreich Flüchtlinge zu Pflegekräften aus. Die Teilnehmer machen erst einen Vorbereitungskurs mit viel Sprachunterricht.

Erstaunlich früh und passgenau hat die Uniklinik Essen ein Ausbildungsangebot für Flüchtlinge aufgelegt: 2016 starteten die ersten Kandidaten den auf anderthalb Jahre angelegten Sprach- und Vorbereitungskurs. Daran sollte sich für sie, so der Plan, die dreijährige Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger anschließen. Eine Win-Win-Situation, wie es schien: Man erleichtere den Flüchtlingen die Integration und gewinne auf einem angespannten Arbeitsmarkt neue Pflegekräfte.

Fünf von 25 haben die Ausbildung tatsächlich angetreten

25 junge Teilnehmer aus Syrien, Afghanistan, Eritrea und dem Irak starteten in die Schulung, die die Uniklinik gemeinsam mit dem Jobcenter, der Neuen Arbeit der Diakonie und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge konzipiert hat. Die Stärkung der psychischen Stabilität, Hospitationen im Krankenhaus sowie interkulturelles und soziales Lernen standen auf dem Programm. Und: Die Teilnehmer sollten das Deutschniveau B2 erreichen, um sprachlich auf die anspruchsvolle Ausbildung vorbereitet zu sein.

18 Monate später gingen nur fünf der 25 in die Ausbildung. Vier von ihnen machten in diesem Jahr ihr Examen. Eine schlechte Quote? Von wegen, sagt Projektleiter Ingo Neupert. „Das ist schwere Arbeit.“ Einige Teilnehmer seien damals erst kurz in Deutschland gewesen, ihre Sprachkenntnisse zu gering, um in anderthalb Jahren B2 zu schaffen. „Deutsch schriftlich zu beherrschen, reicht für den Beruf nicht. Man muss sich auch mündlich sicher verständigen.“

Viele wollen schnell Geld verdienen, um es in die Heimat zu schicken

Für andere sei es schwierig gewesen, sich anderthalb Jahre lang zu motivieren; wissend, dass danach noch drei Jahre Ausbildung folgten. Selbst manche, die durchhielten und das Klassenziel erreichten, sprangen ab. „Die Menschen haben oft einen hohen finanziellen Druck. Teils brauchen sie das Geld, um es der Familie im Heimatland zu schicken“, sagt Neupert. Anstelle der Krankenpflegeausbildung habe sich mancher für einen Job bei Amazon entschieden. Und schließlich merkten einige während der Hospitanzen, „dass sie für die Pflege nicht geeignet ist“.

Man habe aus den Erfahrungen gelernt und den Vorbereitungskurs neu zugeschnitten. Er dauert nur noch ein halbes Jahr, was angesichts des gestiegenen Sprachniveaus der Teilnehmer reiche und ihnen eine rasche Berufsperspektive biete. Überdies dürfen auch Migranten teilnehmen, die schon länger hier leben. Nach dem Kurs machen viele nun erst die einjährige Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegeassistenz: So haben sie in überschaubarer Zeit einen Berufsabschluss. Wer später den Weg zur qualifizierten Pflegekraft gehen will, bekommt das Jahr anteilig angerechnet.

Wer nach dem Vorbereitungskurs abbricht, hat zumindest gut Deutsch gelernt

Selbst wer nach dem Vorbereitungskurs abbreche, gehe mit beruflicher Orientierung und sprachlicher Qualifikation. „Einige, die bei uns keine Ausbildung machen konnten, haben wir als Altenpflegehelfer vermittelt“, so Neupert. Auch in dem Bereich werden Fachkräfte gesucht.

In diesem Jahr geht der Vorbereitungskurs in die vierte Runde. Aus den bisherigen Jahrgängen sind 16 Teilnehmer in der Ausbildung oder haben sie bereits abgeschlossen. Dass der Aufwand sich lohnt, steht für Neupert außer Frage: „Wir gewinnen Mitarbeiter mit hoher Kultursensibilität – wir bewerten das ausschließlich positiv.“

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