Essen. Theater und Philharmonie: Spielplan wird bis Dezember umgestellt. Premieren werden verschoben, neue Stücke gezeigt. Konzerte fallen kürzer aus.

Der „Tannhäuser“ muss warten. Weil Wagners Sängerkrieg auf der Wartburg eben nicht nur eine Materialschlacht mit großem Bühnenaufwand ist, sondern auch musikalisch XXL besetzt werden muss, wird die geplante Premiere der romantischen Oper im Aalto-Theater auf eine spätere Spielzeit verschoben. Vor dem Hintergrund der weiterhin Corona-bedingten Einschränkungen im Theaterbetrieb haben das Essener Musiktheater und die Philharmonie kurz vor den Ferien noch einmal längst geplante und vorbereitete Produktionen gekippt und einen Alternativplan erarbeitet. Er soll zunächst einmal für die Monate September bis Dezember gelten.

Aalto-Theater: Wiederaufnahmen werden jetzt in gekürzter Fassung gezeigt

Die große Musikrevue „Yesterdate“ kann auch in der neuen Spielzeit leicht eingekürzt erklingen.
Die große Musikrevue „Yesterdate“ kann auch in der neuen Spielzeit leicht eingekürzt erklingen. © Matthias Jung | Matthias Jung

Kleiner, kürzer, konzentrierter: Der Spielplan unter Corona-Vorzeichen stellt neue Ansprüche an die Musiktheatermacher. So werden beispielsweise Repertoirestücke wie „Die Fledermaus“, „La Traviata“ und „Yesterdate“ als Wiederaufnahme in gekürzten Fassungen und teils konzertant ins Programm aufgenommen. Bei den Neuproduktionen dominiert nun die kleine Form.

Statt Wagners raugreifendem „Tannhäuser“ bringt Regisseur Paul-Georg Dittrich zusammen mit dem Videodesigner Vincent Stefan am 26. September „Orfeo|Euridice“ von Christoph Willibald Gluck heraus. Und anstelle von „Lucrezia Borgia“ bestreitet Ben Baur sein Essener Regiedebüt am 21. November mit „Dido and Aeneas“. Das Werk des englischen Barockmeisters Henry Purcell erweist sich mit knapp einer Stunde als besonders Corona-kompatibel.

„Tristan XS“ ist denn auch ein Pandemie-tauglicher, anderthalbstündiger Ersatz für Wagners „Tristan und Isolde“. Armin Terzer hat das Werk dafür auf die beiden Titelfiguren reduziert, gesungen werden die Partien von Daniela Köhler und Daniel Johansson. Am 2. Oktober ist Premiere. Schon am 5. September feiern Aalto-Ensemble und Gäste ein großes Sängerfest mit vielen Lieblingswerken aus großen Opern unter dem Titel „O du, mein holder Abendstern“.

Fertige Bühnenbilder werden jetzt erst einmal eingelagert

Für eine Institution wie das Musiktheater, das sonst auf Jahre im Voraus plant, ist die kurzfristige Umplanung ein echter Kraftakt. Jede Änderung sorgt für eine Kettenreaktion. Große, zugkräftige Produktionen wie Verdis „Don Carlo“ und Mozarts „Hochzeit des Figaro“ konnten im März und Juni nicht mehr herausgebracht werden. Sie stehen in der nächsten Zeit nun auch nicht als Repertoirestücke zur Verfügung. Dafür müssen für die neuen Produktionen noch eiligst Bühnenbilder geschaffen werden, während sich beispielsweise der aufwendig bemalte Bühnenboden vom „Tannhäuser“ längst fix und fertig in den TuP-Werkstätten stapelt.

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Aber auch im Konzertprogramm ändert sich einiges. Dort kann aufgrund von Abstandsregeln nur in reduzierter Besetzung gespielt werden, zudem werden die Programme kürzer und pausenlos gespielt. Deshalb hat man im September und Oktober zunächst das Programm der ersten beiden Sinfoniekonzerte geändert.

Statt Prokofjews zweitem Violinkonzert und Rachmaninows zweiter Sinfonie erklingen am 3./4. September unter Leitung von Generalmusikdirektor Tomáš Netopil drei Werke von Wolfgang Amadeus Mozart: Adagio und Fuge c-Moll für Streicher (KV 546), die Sinfonia concertante Es-Dur für Violine, Viola und Orchester (KV 364) sowie die Serenade Nr. 13 G-Dur (KV 525), die unter dem Titel „Eine kleine Nachtmusik“ große Berühmtheit erlangte. Als Geigensolist ist wie ursprünglich geplant Daniel Hope zu Gast, den Violapart übernimmt Philip Dukes.

Der Open-Air-Auftritt der Essener Philharmoniker muss ausfallen

Im 2. Sinfoniekonzert am 8. und 9. Oktober steht noch einmal Jubilar Ludwig van Beethoven im Mittelpunkt. Erklingen wird nicht nur dessen 3. Klavierkonzert, wie vorgesehen interpretiert von Kristian Bezuidenhout, sondern nun auch die erste Sinfonie des Komponisten. Nicht mehr Teil des Programms sind Mendelssohns „Ruy Blas“-Ouvertüre und Schumanns zweite Sinfonie. Leicht gekürzt gehen auch die ersten beiden Kammerkonzerte am 13. September und 11. Oktober über die Bühne.

Das Theaterfest zur Saisoneröffnung kann in diesem Jahr nicht stattfinden. Coronabedingt gestrichen wird auch das Filmkonzert „Fantasia“ am 29. August in der Lichtburg und der Abend „Very british“ am 22. August. Wegen der Absage von „Essen Original“ muss auch das Open-Air-Konzert der Essener Philharmonie auf dem Kennedyplatz ausfallen.

Festplatz-Abonnements werden in dieser Spielzeit ausgesetzt

Weil die Platzkapazitäten in Oper und Philharmonie wegen der geltenden Abstandsregeln erheblich eingeschränkt sind, wird es in der Spielzeit 2020/21 außerdem keine Festplatz-Abonnements geben. Laufende Abo-Verträge werden ausgesetzt, Neu-Abos können nicht abgeschlossen werden. Wahl-Abos und Vielbucher-Angebote sind von der Regelung nicht betroffen. Sobald das Platzangebot in den TuP-Spielstätten wieder hochgefahren werden könnte, werde man alle Abonnenten informieren, heißt es seitens der TuP.