Essen/Duisburg. In der Duisburger Modellfabrik wird das Modell für das Kunstwerk „Das Tuch“ gefertigt. Die Skulptur soll den Kettwiger Skulpturenpark bereichern.
Am Anfang war die Idee. Das Spenden-Projekt „Zwei Neue für Kettwig“, 2016 vom örtlichen Heimat- und Verkehrsverein ins Leben gerufen, hat zum Ziel, den bekannten Skulpturenpark im Essener Süden um zwei weitere Plastiken zu bereichern. Eine davon, „Das Tuch“ von Norbert Pielsticker, wird nun in die Tat umgesetzt. Die Redaktion durfte den ersten Teil der Produktion in der Duisburger Modellfabrik mitverfolgen.
Eine Erinnerung an die Textilindustrie in Kettwig
Kleider machen Leute und die Textilindustrie bestimmte mit ihren Webereien und Spinnereien mehrere Jahrhunderte lang die Geschicke und Geschichte von Kettwig. Daran knüpft der im Stadtteil ansässige Künstler Norbert Pielsticker mit seiner Skulptur „Das Tuch“ an.
„Das Tuch weht im Wind, wärmt und schützt, bringt uns übers Meer, kleidet uns. Es wird gewebt, gewalkt, gesäumt und gewickelt – und hat Kettwig gut betucht gemacht“, beschreibt er sein Konzept. Zunächst auf Papier, dann als kleines Modell von 20 Zentimetern Höhe hat er den Faltenwurf konzipiert, der als Stahlplastik einmal vier Meter in die Höhe ragen soll.
Die computergesteuerte Fräsmaschine setzt die Vorlage um
Vier Meter, aber nicht in der Höhe, sondern liegend, präsentiert sich das Werk bereits den Besuchern in der Modellfabrik. Und noch nicht aus Stahl, sondern aus Styropor. Eine Fräse lässt unendlich viele kleine weiße Teilchen auffliegen, immer wenn sie sich in das Material bohrt. Sie ist computergesteuert und setzt millimetergenau die Konstruktion der Vorlage um.
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„Unser Computer hat mit dem Rechnen etwas Zeit gebraucht“, erläutert Herbert Schild, Geschäftsführer der Duisburger Modellfabrik, lachend. „Das Programm musste ja aus dem Scan des kleinen Modells die Größe hochrechnen und quasi fehlendes Material ergänzen.“ Die Tuchfalten am Fuß seien besonders kompliziert zu bauen und würden deshalb aus zwei weiteren Teilen zusammengesetzt, beschreibt Schild das Prozedere.
Benefizaktionen und Fördergelder füllten das Säckel
Die vierköpfige Delegation des Heimat- und Verkehrsvereins Kettwig, die hier an einem Vormittag in Duisburg mit dabei sein darf, ist fasziniert. „Wir können live bei der Geburt des Kunstwerks zuschauen“, sagt Peter Marx begeistert. Vereinsvorsitzender Martin Kryl freut sich, „dass wir nach vier Jahren des fleißigen Sammelns nun endlich eines der beiden geplanten Kunstwerke realisieren können“.
Das Mammutprojekt kostet jeweils 50.000 Euro pro Plastik. Aktionen wie Konzerte, Kabarettabende und Auktionen füllten das Säckel. Zuletzt legte die Bezirksvertretung noch eine Schüppe drauf, Zuwendungen kamen von Sparkasse, Allbau Stiftung und Kulturstiftung Essen. Und auch eine größere Privatspende gab es. „Nur 2500 Euro sind noch offen“, sagt Kryl. Der Verein habe dazu einen Aufruf auf der Seite „Gut für Essen“ gestartet.
Standort wird die ehemalige Bleichwiese am Mühlengraben sein
Dass die Wahl zunächst auf Norbert Pielstickers „Tuch“ fiel, habe übrigens praktische Gründe. Aufgrund der geplanten Sanierung der Ruhrbrücke in Kettwig könne das Objekt „Fisch vermählt“ von Miriam Giessler und Hubert Sandmann standortbedingt erst danach am Ufer aufgestellt werden.
Für das „Tuch“ hat der Heimat- und Verkehrsverein ebenfalls schon einen Platz auserkoren: In Abstimmung mit der Stadt Essen wird es auf der ehemaligen Bleichwiese am Mühlengraben stehen – als Erinnerung an die Tuchmachervergangenheit Kettwigs. Peter Marx: „An diesem Postkartenmotiv vor der Altstadt kommt dann keiner vorbei!“
Der nächste Produktionsschritt erfolgt in einer Gießerei
Essener Skulpturenparks
Zeitgenössische Kunst versammelt der Skulpturenpark Kettwig, dessen Werke mitten im Stadtkern und an der Ruhr stehen. 14 Kunstwerke konnten seit 1985 vom Heimat- und Verkehrsverein Kettwig mit Hilfe von Spenden und Fördergeldern aufgestellt werden.
Zur Stiftung Zollverein gehört der 1991 angelegte Skulpturenpark auf dem Gebiet der Zeche Zollverein. Zu sehen sind sechs Werke aus Steinblöcken des Künstlers Ulrich Rückriem.
Im Grugapark sind 44 Kunstwerke verteilt – von der Klassischen Moderne bis zur zeitgenössischen Kunst. Mit Ausstellungen wird das Skulpturenensemble am Moltkeplatz bereichert, um das sich ein Anwohner-Verein kümmert.
Doch bis zur Aufstellung – angepeilt ist der Spätsommer – ist noch einiges zu tun. Die Styropor-Figur ist das Modell für den nächsten Produktionsschritt – in einer Mülheimer Gießerei. Das filigrane weiße Material aus der Duisburger Werkstatt wird dort in einer Mulde platziert und mit Sand umgeben, der wiederum mit Spezialharz durchsetzt ist und aushärtet. In diese Form wird dann das flüssige Eisenerz gegossen – das Styropormodell verbrennt dabei.
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