Essen. Eon wollte im Literaturquartier zeigen, dass das Viertel ohne fossile Energie versorgt werden kann. Doch an dem Standort ist das Projekt geplatzt
Beim geplanten Reallabor der Energiewende in Essen gibt es einen derben Rückschlag: Der Energieversorger Eon muss sich ein neues Quartier suchen, wo er die Zukunftstechnologien der Energieversorgung testen kann. Das bislang dafür vorgesehene Literaturquartier auf dem ehemaligen Areal der Funke Mediengruppe steht dafür nicht mehr zur Verfügung.
Der Projektentwickler OFB, der die Fläche mit einem Mix aus Wohnen und Büros bebauen will, wird an dem millionenschweren Förderprojekt nicht mehr teilnehmen. „Wir können die vorgegebene Zeitschiene nicht einhalten“, bestätigte Andreas Reichau, der bei OFB für die Entwicklung des künftigen Literaturquartiers zuständig ist. Unter anderem habe die Coronakrise den Zeitplan nach hinten verschoben.
Literaturquartier wird weiter entwickelt
Unabhängig von dem Förderprojekt „Smart Quart“ entwickelt das Unternehmen OFB das Literaturquartier an der Friedrichstraße weiter. Erst kürzlich sei ein Wettbewerb für die Gestaltung der Freiflächen entschieden worden, heißt es. Das Ergebnis werde demnächst präsentiert.
Auch liefen bereits erste Gespräche mit potenziellen Mietern für die angedachten Büroflächen und das Hotel.
Außerdem lasse es das Förderprojekt nicht zu, Teile des Geländes weiter zu verkaufen. „Das würde uns enorm einengen“, sagte Reichau. Die OFB war bereits vor anderthalb Jahre intensiv in die Vorbereitung miteingestiegen. „Uns jetzt zurückzuziehen, fällt uns nicht leicht“, so Reichau.
Eon investiert mit Partnern 20 Millionen Euro in Essen
Ursprüngliches Ziel war es, das neue Literaturquartier klimaneutral und ohne fossile Brennstoffe zu versorgen. Dafür hatte sich die Eon-Tochter Innogy an einem Wettbewerb des Bundeswirtschaftsministeriums namens „Reallabore der Energiewende“ beteiligt und einen Zuschlag bekommen. Neben Essen sollen in Bedburg und Kaiseresch in Rheinland-Pfalz insgesamt drei solcher Quartiere entstehen, die Innogy unter dem Projektnamen SmartQuart mit neuen Technologien ausbauen will.
Es geht um viel Geld. 60 Millionen Euro nimmt Eon zusammen mit Partnern in den kommenden fünf Jahren in die Hand. Davon entfiele etwa ein Drittel auf Essen, heißt es. Rund 40 Prozent der Gesamtsumme kommen als Fördergelder vom Bund.
Eon sucht nun Ausweichstandorte in Essen
Eon hält trotz des Rückschlages an der Entwicklung eines solchen Zukunftsquartiers in Essen fest. Auf einer Pressekonferenz am Mittwoch bekräftigte Forschungsleiter Andreas Breuer: „Es wird auf jeden Fall ein Projekt in Essen geben, das den gleichen Charakter haben wird, wie das Literaturquartier.“ Derzeit seien zwei Alternativen im Gespräch. Weitere Details nannte er nicht. Der Zeitplan ist allerdings ambitioniert: Der Förderzeitraum reicht nur über fünf Jahre.
Das künftige Quartier in Essen soll als Blaupause dafür dienen, wie gerade in Großstädten die Energieversorgung der Zukunft gesichert werden kann, wenn Atom-, Kohle- oder vielleicht einst sogar Gaskraftwerke abgeschaltet werden. Konkret geht es darum, das Quartier zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu versorgen und dass so autark wie möglich.
Strom und Wärme sollen eine Photovoltaikanlage sowie ein Wasserstoffspeicher liefen. Zugleich ist angedacht, das Quartier so intelligent zu steuern, so dass Energie stets ausreichend zur Verfügung steht - unabhängig davon, ob die Sonne scheint oder der Wind bläst. Elektromobilität, ein E-Carsharing und intelligente Straßenbeleuchten ergänzen das Angebot in Quartier. Die Bürger sollen an der Umsetzung beteiligt werden.