Essen. Im künftigen „Literatur-Quartier“ in Essen rollen die Bagger an und bleiben lange: Erst im Jahr 2022 sind die neuen Büros und Wohnungen fertig.

Aus dem alten Essener Zeitungsviertel wird nun das „Literatur-Quartier“ – ein poetischer Name für den verschachtelten Komplex hart an der vielgleisigen Bahntrasse, der bis vor wenigen Wochen Heimat der Funke Mediengruppe war. Am Mittwoch lud der neue Eigentümer, die OFB Projektentwicklung, zu einer Info-Veranstaltung ein, auf der noch einmal das künftige Bauprogramm skizziert wurde.

Zeit wollen die Investoren keine mehr verlieren, schon in den nächsten Tagen soll mit dem Abriss der früheren Verlagsgebäude begonnen werden, der sich bis zum Jahresende hinziehen dürfte.

Die Stadt hofft auf ca. 500 Wohnungen, der genaue Mix ist aber noch unbekannt

Geplant ist ein Mix aus Büros und Beherbergungsbetrieben entlang der lauten Friedrichstraße, im Innern des 16.500 Quadratmeter großen Geländes wird es Wohnungen geben, wobei das Verhältnis noch nicht klar ist und von den derzeit nicht komplett absehbaren Vermarktungschancen abhängt. Die Stadt hofft auf ca. 500 Wohneinheiten unterschiedlicher Größe. Ende 2022 sollen nach jetzigem Stand die ersten Mieter einziehen können.

Folgt man Planungsdezernent Hans-Jürgen Best, erhält das baulich in seinen Augen eher unscheinbare Stadtquartier nun erstmals eine „Seele“. „Bisher war das ein reiner Geschäftsdistrikt, wo Menschen zur Arbeit gingen – es war keine schöne Straße da, keine Aufenthaltsqualität“, so Best. Vor allem mit den teilöffentlichen Parks und Freiflächen verbindet der Stadtdirektor große Hoffnungen für die städtebauliche Qualität.

Entscheidender Pluspunkt sei die gute Verkehrsanbindung durch den nahen Hauptbahnhof, die U-Bahn und die irgendwann realisierte Straßenbahn entlang der Hachestraße, die im Planerdeutsch Bahnhofstangente heißt. „Viel günstiger kann ein Grundstück nicht liegen.“

Hohes Entwicklungspotenzial rund um die Essener Innenstadt

Best skizzierte zudem die Vision eines Viertels, das seinen etwas diffusen, zusammengewürfelten Charakter verliert und irgendwann sogar eine direkte Anbindung in Richtung Stadtgarten erhält. Generell böten die ursprünglich überwiegend industriell und gewerblich geprägten Stadtquartiere rund um die Innenstadt für Essen erhebliches Entwicklungspotenzial, das nun nach und nach sichtbar werde.

Wichtig für das Gesamtprojekt sei die Einbeziehung der beiden Berufskollegs auf der südlichen Seite der Sachsenstraße, die nach WAZ-Mitbegründer Erich Brost und dem französischen Europa-Visionär Robert Schumann benannt sind. Angedacht ist als Ersatz ein neues Schulzentrum an der nahen Planckstraße.

Der Abschied von den alten Gebäuden sollte der Stadt nicht schwer fallen, meint Hans-Jürgen Best. „Die Sanierung kostet mittelfristig mehr als ein Neubau.“ Eine Entscheidung hierzu ist noch nicht gefallen. Das Literatur-Quartier sei aber so konzipiert, dass es notfalls auch ohne die Schulgrundstücke und nur mit dem ersten Bauabschnitt funktioniere, so Architektin Sandra Strothmann. Wünschenswert wäre dies aber nicht.

Investor will alte Linotype-Maschine aus der Zeitungs-Produktion in Ehren alten

Der Name Literatur-Quartier soll laut Sandra Strothmann Identität vermitteln. Im Umfeld gebe es einige Aspekte, die dies rechtfertigen, etwa die Bert-Brecht-Straße. „Und Literatur im weitesten Sinne ist ja auch die Zeitungsproduktion, die hier stattfand.“

Der Vergangenheit des Quartiers will der Investor in einem weiteren kleinen Detail seine Reverenz erweisen.Geschäftsführer Klaus Kirchberger, Vorsitzender der OFB-Geschäftsführung, kündigte an, die alte Linotype-Setzmaschine zu erhalten, die in einem der ansonsten leergeräumten ehemaligen Funke-Gebäude noch steht. Sie wiegt rund eine Tonne und ist ein letztes Andenken an die Zeit vor der Computerisierung der Medien- und Zeitungsbranche. „Es wäre zu schade, diese Maschine zu verschrotten, wir werden sie an geeigneter Stelle aufstellen“, verspricht Kirchberger.

Mindestens 50.000 Quadratmeter Nutzfläche

  • Rund 50.000 Quadratmeter Nutzfläche wird allein der erste Bauabschnitt umfassen, kommt es zum zweiten Bauabschnitt kämen noch einmal 25.000 hinzu.
  • Den städtebaulichen Wettbewerb gewann das Architekturbüro msp aus Dortmund, bei der Umsetzung des Projekts ist aber auch das Essener Büro Koschany + Zimmer beteiligt.