Essen. In beiden Essener Warenhäusern gab es am Montag Betriebsversammlungen. Doch die wichtigste Frage, die die Mitarbeiter umtreibt, blieb offen.

Die rund 200 Mitarbeiter von Galeria Kaufhof Karstadt in Essen erleben derzeit wieder einmal bange Tage. Am Montag gab es in beiden Häusern in Essen am Willy-Brandt-Platz und im Limbecker Platz Betriebsversammlungen. Die Betriebsräte informierten die Belegschaft über den Stand der laufenden Sanierungs-Tarifverhandlungen. Die Warenhäuser öffneten deshalb verspätet.

"Die Kollegen drehen am Rad. Sie sehnen sich Klarheit herbei", sagte Ulrich Bartel, Betriebsratsvorsitzender des Warenhauses am Willy-Brandt-Platz nach der Versammlung. Doch auf die wichtigste Frage, die die Mitarbeiter derzeit umtreibt, konnten weder die Betriebsräte noch die anwesenden Verdi-Vertreter am Montag eine Antwort geben: Bleibt unser Haus erhalten oder wird es geschlossen?

Derzeit sollen rund 80 Warenhäuser bundesweit auf einer Schließungliste stehen. Ob es am Ende tatsächlich 80 sein werden, hängt auch davon ab, ob die Vermieter bei den Mieten kräftig nachgeben. Dem Vernehmen nach soll der Mietvertrag für Galeria am Willy-Brandt-Platz erst vergangenen Dezember verlängert worden sein - zu günstigeren Konditionen als vorher.

Betriebsrat erwartet erst in einigen Wochen Klarheit

Bis es für die Mitarbeiter dort und am Limbecker Platz Gewissheit gibt, werden noch mindestens zwei Wochen vergehen. "Ich denke, dass wir noch bis Ende Juni die Ungewissheit aushalten müssen", sagte Bartel. Denn am 22. Juni soll zunächst der Gläubigerausschuss über das dann vorgelegte Sanierungskonzept abstimmen. Gibt es dafür grünes Licht, muss dann noch das Amtsgericht Essen dem Plan zustimmen.

Selbst wenn beide Häuser in Essen bestehen bleiben, drohen den Beschäftigten erneut harte Einschnitte. Derzeit plant das Management weitere Einsparungen bei den Löhnen und einen erneuten Personalabbau. Dabei haben beide Häuser in der Vergangenheit bereits Stellenstreichungen hinter sich. "Man fragt sich, wie soll das dann noch gehen, wenn man den Kunden Service bieten will", fragt Bartel.

Sein Haus hat erst vor einem Jahr im Zuge der Karstadt-Kaufhof-Fusion Stellen abbauen müssen. "Das haben wir noch mit einem Freiwilligenprogramm geschafft. Das würde es diesmal aber nicht mehr geben", meint er.

Belegschaft kritisiert Informationspolitik

Großen Unmut gibt es in der Belegschaft auch über die Informationspolitik des Unternehmens, sagt Verdi-Gewerkschaftssekretär Azad Tarhan, der am Montag an der Versammlung im Limbecker Platz teilnahm. "Viele haben sich bestürzt darüber geäußert, dass es im Grunde keine Kommunikation gibt", sagte Tarhan.

Beispielsweise hätten die Mitarbeiter zuerst aus der Presse von den massiven Schließungsplänen erfahren müssen. "Die Empörung darüber ist groß", berichtet der Gewerkschafter. Es habe zudem mehrere Stimmen gegeben, die sich für Aktionen aussprachen, um nun Druck aufzubauen. Ob es diese in Essen geben werde, müsse mit den Betriebsräten und Beschäftigten vor Ort noch besprochen werden.

Weitere Aktionen bei Karstadt/Kaufhof möglich

In einem Flugblatt kündigte Verdi an, dass die Betriebsversammlungen am Montag der Auftakt für eine "aktive Tarifbewegung sein sollen, deren Anliegen auch in der Öffentlichkeit in den Städten und Gemeinden sowie in der Politik Unterstützung findet".

Die Warenhauskette befindet sich seit einigen Wochen wegen der Coronakrise in einem Schutzschirmverfahren. Insolvenzverwalter und Management müssen bis Ende des Monats einen Sanierungsplan vorlegen und befinden sich darüber seit Freitag mit Verdi in Verhandlungen. Die Positionen lägen nach dem Auftakt noch sehr weit auseinander, teilte Verdi mit. Die Gewerkschaft will so viele Arbeitsplätze und Warenhäuser wie möglich retten. Auch in der Karstadt/Kaufhof-Zentrale in Bredeney soll eine dreistellige Zahl an Stellen gestrichen werden.