Essen. Karstadt-Verhandlungen über Sanierungstarifvertrag ergebnislos vertagt. Verdi fordert Transfergesellschaft für Mitarbeiter bedrohter Filialen.

Fast auf den Tag ein Jahr ist es her, dass der österreichische Karstadt-Eigner René Benko seinen Traum verwirklichte und der kanadischen HBC auch die andere Hälfte des Kaufhof abnahm. Zwölf Monate später ringt die Deutsche Warenhaus AG aus Karstadt und Kaufhof ums Überleben. Am Freitag starteten das Management samt Insolvenzexperten und die Gewerkschaft Verdi ihre offiziellen Verhandlungen über einen Sanierungs-Tarifvertrag. Einmal mehr sollen die Beschäftigten einen erheblichen Beitrag leisten zur Rettung der Warenhaus-Kette. Von den insgesamt 35.000 Beschäftigten in den Warenhäusern, Sporthäusern und Konzerntöchtern drohen viele ihren Job zu verlieren.

Karstadt-Verhandlungen am späten Abend vertagt

Am späten Freitagabend wurden die Verhandlungen ohne Ergebnis vertagt, sie sollen laut Verdi in den nächsten Tagen fortgesetzt werden. Verhandlungsführer Orhan Akman sprach gegenüber unserer Redaktion von „schwierigen Verhandlungen“. Verdis Ziel sei ein Sozialtarifvertrag mit „der größtmöglichen Absicherung für die Beschäftigten“. An die Arbeitgeberseite appellierte er, „die Sorgen der Belegschaft ernstzunehmen“.

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Karstadt hatte Ende März beim Insolvenzgericht ein Schutzschirmverfahren beantragt, um sich vor dem Zugriff der Gläubiger zu schützen. Bis Ende Juni muss der Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz dem Gericht einen tragfähigen Sanierungsplan vorlegen. Er hat längst klare Vorstellungen davon, wie der aussehen könnte: 60 bis 80 der 172 Warenhäuser von Galeria Karstadt Kaufhof sollen schließen, das Personal auch in den verbleibenden Häusern um zehn Prozent ausgedünnt werden. Auch der erst im Advent 2019 erzielte Tarifabschluss soll nach unten korrigiert werden, konkret sollen die Mitarbeiter vorerst auf Lohnerhöhungen verzichten.

Transfergesellschaft soll Mitarbeiter auffangen

Die Kaufhäuser haben wieder geöffnet, aber die Umsätze liegen noch weit unter Normalniveau.
Die Kaufhäuser haben wieder geöffnet, aber die Umsätze liegen noch weit unter Normalniveau. © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services

Verdi will das verhindern und in den nun angelaufenen Verhandlungen möglichst viele Filialen und Arbeitsplätze erhalten. Für die Mitarbeiter der bedrohten Häuser will Verdi eine Transfergesellschaft durchsetzen, damit sie nicht gleich arbeitslos, sondern qualifiziert und möglichst weitervermittelt werden, bevor sie in die Arbeitslosigkeit rutschen. Für alle anderen fordert die Gewerkschaft einen „Tarifvertrag für gute und gesunde Arbeit“ sowie eine klare Zukunftsperspektive.

„Die Zeit läuft, bis Ende des Monats muss der Sanierungsplan stehen“, hatte der Gesamtbetriebsratschef Jürgen Ettl vor dem Auftakt der Gespräche betont. Jetzt sei „keine Zeit zum Pokern“. In einem Informationsschreiben des Gesamtbetriebsrats an die Mitarbeiter heißt es, Geiwitz zufolge seien spätestens im August weitere dreistellige Millionenbeträge nötig.

Betriebsratschef fordert Mietsenkungen

Ettl fordert, dass neben Beschäftigten und Lieferanten auch die Besitzer der Kaufhaus-Immobilien ihren Beitrag leisten – mit Zugeständnissen bei der Miete. „Einige Vermieter haben bereits Zugeständnisse signalisiert und senken die Miete, andere Immobilienbesitzer wiederum bleiben hart und sind nicht dazu bereit“, kritisierte Ettl. Viele Jahre seien die Warenhäuser ein zuverlässiger Mieter gewesen. Nun gehe es darum, möglichst viele Filialen zu retten. Geiwitz und Kebekus hatten zuvor der Wirtschaftswoche gesagt, ein gutes Dutzend Filialen könne mit einer Mietsenkung gerettet werden.