Essen. Die Haushaltssperre hat in der freien Kulturszene für viel Unruhe gesorgt. OB Kufen sagt Künstlern und Bühnen Hilfsfonds über 500.000 Euro zu.

Lockdown und kein Ende: Während der Handel allmählich wieder öffnet und in Schulen der Unterricht anläuft, steht der Kulturbetrieb weiter still. Theater und Museen bleiben geschlossen, Konzertbühnen leer.

Vor allem aber die freie Kulturszene fürchtet längst um ihre Existenz. In Essen sehen sich Künstler und Einrichtungen insbesondere auch durch die von Kämmerer Gerhard Grabenkamp (CDU) am 8. April erlassene Haushaltssperre in ihrer Existenz bedroht. Denn dadurch fallen die so genannten "freiwilligen Leistungen", also auch Ausgaben für die Kultur, faktisch flach.

Essen sieht sich als ehemalige Kulturhauptstadt in der besonderen Verantwortung

OB Thomas Kufen hat den Kulturschaffenden im Hauptausschuss am Freitag nun aber Unterstützung zugesagt. 500.000 Euro soll das von ihm angekündigte städtische Hilfspaket umfassen, die Antrags-Modalitäten würden in den nächsten Tagen geklärt, heißt es. Als ehemalige Kulturhauptstadt sehe man sich in der besonderen Verantwortung, erklärte Kufen. Der Kulturfonds sei aber auch ein Signal an Land und Bund, dass in der aktuellen Krise weit mehr als bisher für die Kultur getan werden müsse.

Viele freie Kultureinrichtungen fürchten um ihre Existenz

Die vorläufige Haushaltssperre hatte in den vergangenen Tagen in der Kulturszene für erhebliche Verunsicherung gesorgt. Dadurch könnten "Auszahlungen von gerade jetzt lebensnotwendigen Förderungen verbürokratisiert, erschwert oder sogar komplett unterbunden werden", heißt es beispielsweise in einer öffentlichen Stellungnahme des Kulturzentrums Grend. Die Stadt riskiere so den Exitus der ohnehin um ihr Überleben kämpfenden freien Kultureinrichtungen.

Kulturfonds soll auch ein "Signal der Verlässlichkeit" sein

Ein Szenario, das Kulturdezernent Muchtar Al Ghusain so nicht stehen lassen will. Wo Förderzusagen ergangen seien, fühle man sich auch an die Vereinbarungen gebunden. "Die Gelder werden fließen", versichert Al Ghusain. Dass die Stadt den Kreativen nun mit weiteren 500.000 Euro unter die Arme greife, sei ein "Signal der Verlässlichkeit".

Sponsoring in der Krise: Viele Geldgeber springen ab

Von den Mitteln können nun auch die Künstler und Kultureinrichtungen profitieren, die nicht über die institutionelle Förderung der Stadt oder andere Zuschüsse unterstützt werden.

Denn nicht der städtische Ausgabe-Stopp, vor allem die fehlenden Einnahmen seien für die meisten Akteure der freien Szene derzeit das weitaus größere Problem, gibt Al Ghusain zu bedenken. Zudem springen offenbar zunehmend Sponsoren ab, die durch die Corona-Pandemie nun selber in finanzielle Nöte geraten sind, hat der Dezernent erfahren.

Drastische Einnahmeverluste bringen die Bühnen in Bedrängnis

Wie dramatisch die Lage ist, hat die Essener Studio-Bühne erst vor wenigen Tagen in einem Brandbrief deutlich gemacht. Dort wollte man an diesem Wochenende eigentlich das 30-jährige Studio-Jubiläum feiern. Doch statt Einladungen werden in Kray derzeit nur Absagen geschrieben. 17 Vorstellungen seien seit dem Lockdown im März schon gestrichen worden - mit den entsprechenden Einnahmeverlusten.

Durch die Haushaltssperre seien freie Theater wie die Studio-Bühne, die ohnehin schon unter sehr prekären Bedingungen "unverzichtbare Beiträge zum sozialen Zusammenhalt der Stadt Essen " leisteten, nun weiter in Bedrängnis geraten, heißt es in dem Schreiben. Auch die Grünen hatten zuletzt gemahnt: Die Haushaltssperre sei das völlig falsche Signal.

Nach dem Autokino bald vielleicht auch Autotheater?

Der Kulturfonds sei nun ein deutliches Zeichen der Wertschätzung für die freie Szene, findet Kulturdezernent Muchtar Al Ghusain. Zudem würde mit Einrichtungen in städtischen Immobilien derzeit über die Stundungsmöglichkeit von Mieten verhandelt.

Auch die vielen digitalen Auftritte und die neuen, den Corona-Auflagen entsprechenden Aufführungs-Formate wie die mobile Kultur-Reihe "Fenster zur Kunst" oder die Konzertreihe der Essener Philharmoniker verfolge man mit Sympathie. Nach dem Erfolg der Autokinos werde außerdem auch über die Möglichkeit eines in anderen Städten bereits erprobten Autotheaters nachgedacht.