Essen. Die Stadt streicht Ausgaben für freiwilligen Leistungen. Stadtkämmerer Gerd Grabenkamp appelliert an Bund und Land: “Wir brauchen frisches Geld.“

Angesichts der steigenden finanziellen Belastungen für den städtischen Haushalt durch die Coronakrise hat Stadtkämmerer Gerhard Grabenkamp mit sofortiger Wirkung eine Haushaltssperre erlassen. Grabenkamp sprach am Donnerstag gegenüber der Redaktion von einer "Haushaltssperre light".

Davon betroffen seien ausschließlich so genannte konsumtive Ausgaben, also freiwillige Leistungen, zu denen die Stadt vertraglich nicht verpflichtet sei. Darunter fallen etwa städtische Geldzuschüsse für das Vereinswesen, im Kulturbereich, im Sport, bei den Bädern oder bei Grün und Gruga. „Neubepflanzungen sind schön und wichtig, aber keine Pflichtaufgabe“, nennt Grabenkamp ein Beispiel für mögliche Einsparungen.

Der Bereich Personal ist von der Haushaltssperre ausgenommen

Ausgenommen wurde bewusst das Thema Personal. „In einer Zeit, in der es maßgeblich auf die Arbeit der städtischen Mitarbeiter ankommt, wäre es das falsche Signal gewesen, zum Beispiel Beförderungen auszusetzen“, argumentiert der Kämmerer. Ausgenommen sind ferner Investitionen, etwa in den Neubau von Schulen und Kindertagesstätten, die wie geplant umgesetzt werden sollen, betonte Grabenkamp. Gelder, die durch die Haushaltssperre frei werden, werde die Stadt im Übrigen gezielt zur Gefahrenabwehr in der Corona-Krise einsetzen.

Die Coronakrise kostet die Stadt Essen bislang bereits 16 Millionen Euro

Nach Angaben des Kämmerers haben sich die Ausgaben der Stadt zur Bekämpfung der Pandemie inzwischen auf 16 Millionen Euro erhöht. Das Ziel, auch in diesem Jahr einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, ist nach Einschätzung Grabenkamps nicht nur in weite Ferne gerückt, sondern utopisch. Für das laufende Jahr hatte Essens Kassenchef eigentlich einen Haushaltsüberschuss in Höhe von 23,7 Millionen Euro eingeplant.

Die Bezirksregierung Düsseldorf hat den vorgelegten Haushaltsentwurf erst am Mittwoch genehmigt. Die darin aufgeführten Zahlen, dürften aber bereits teilweise Makulatur sein. "Ich habe gesagt, der Haushalt ist nicht krisenfest. Jetzt ist die Krise da", betonte der Kämmerer.

Kämmerer rechnet mit hohen Verlusten bei den Tochtergesellschaften

Nicht nur die Stadt bekomme die Krise mit aller Härte zu spüren, sondern auch die Tochtergesellschaften. Grabenkamp rechnet nach eigenen Worten für 2020 dort mit Mindereinnahmen in Höhe von 20 bis 30 Millionen Euro. Betroffen seien die Ruhrbahn ebenso wie die Messe Essen, die Servicegesellschaft RGE und die Theater und Philharmonie.

Deutliche Kritik übte der Kämmerer an die Adresse von Bund und Land. Diese spannten Rettungsschirme mit Unsummen von Millionen auf, ohne die kommunalen Haushalte dabei zu berücksichtigen. "Man lässt uns da im Stich", beklagte Grabenkamp.

Dass die Altschuldenhilfe auch nach monatelanger Diskussion zu keinem Ergebnis geführt habe, sei fahrlässig gewesen. Dieses Versäumnis räche sich nun.

Adressiert an die Verantwortlichen in Berlin und Düsseldorf appellierte Essens Stadtkämmerer an schnelle finanzielle Hilfe: "Wir brauchen dringend frisches Geld."