Essen. Der Geruch nach Leim beim Schuhmacher und eingelegte Heringe beim Gemüsehändler: Essener erinnert sich an seine Kindheit in Freisenbruch.

Blickt Hans Schelenz auf die 1940er und 50er Jahre in Freisenbruch, fallen ihm sogleich noch Namen der Metzger wie Loets und Groß ein und die Einkäufe in der Bäckerei Berns, in die sie mit ihren Lebensmittelmarken gingen und anschreiben lassen konnten. Und das waren nur drei der Geschäfte, die dem Stadtteil einst die Nahversorgung garantierten.

Statt Würsten gibt an der Bochumer Landstraße 308 inzwischen Wohnraum: Hier ist es noch die Verkaufstheke der Metzgerei Höing.   
Statt Würsten gibt an der Bochumer Landstraße 308 inzwischen Wohnraum: Hier ist es noch die Verkaufstheke der Metzgerei Höing.    © Steeler Archiv | Bild

Damals, als die Brote ausschließlich nach Grau, Schwarz oder Weiß unterschieden wurden, erlebte der heute 79-Jährige vor allem eines rund ums Gerlachfeld, wo er groß geworden ist: eine wunderbare Kindheit. Zu dieser zählen die Spiele mit ihren Handbüchsen und Bollerreifen, die Umgebung mit den Feldern ringsherum und der Geruch nach Leim, sobald sie bei Schuhmacher Josef Junikl eintraten, der einfach jeden Schuh retten konnte.

Mehrere Schuhmacher und Milchmänner mit Fuhrwagen

Dabei sei er längst nicht der einzige Schuhmacher im Stadtteil gewesen, wo es ebenso mehrere Milchmänner und Molkerei-Produkte bei Wilhelm Bong (Zweibachegge) gegeben habe. Die Milch landete in der Blechkanne oder per Fuhrwagen vor der Haustür, wohin Albert Müller und Franz Bürger sie lieferten.

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Die Namen der Händler sind Hans Schelenz im Gedächtnis geblieben. „Es waren ja oftmals Ortsansässige, da kannte uns Kinder jeder beim Vornamen“, erzählt er. So auch Frisör Karliczek, der ihnen damals den Pottschnitt verpasste. Einfach und knapp geschnitten, aber als schlimm habe das niemand empfunden: „Es liefen ja alle so rum, und eitel waren wir nicht“, sagt er lachend, bevor ihm gleich noch der Gemüsehändler Heinze schon deshalb einfällt, weil es dort eine ganz besondere Spezialität gab: eingelegte Heringe – jeden Freitag.

Kuriositäten, Dönekes und herrliche Erinnerungen

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Neben dieser Kuriosität gibt es Dönekes wie die vom Fuhrunternehmer, der einst mit seinen Pferden von der Rodenseelstraße kommend offenbar so viel Tempo aufgenommen hatte, dass er auf der Bochumer Landstraße die Kurve nicht bekam und stattdessen der Eisdiele Schwertmann die Kohlen vor die Tür kippte. Und es gibt die Werbesprüche wie den von Karl Renfort für seine Tankstelle: „Mit Esso fährt die ganze Welt, in Freisenbruch der Karl ihn hält!“

Ist Hans Schelenz auch in jungen Jahren schon weggezogen („die ersten zwei Jahre bin ich fast täglich aus Überruhr zurückgelaufen“), so verbinden ihn herrliche Erinnerungen und ein regelmäßiger Stammtisch mit früheren Mitschülern stets mit dem Stadtteil. Denn bei ihren Treffen geht es vor allem um eines: Freisenbruch. Ihre Gespräche drehen sich um unvergessene Namen, zahllose Geschäfte und deren Inhaber, die die Regale mit Waren und das Viertel mit Leben füllten: „Die Bochumer Landstraße war die Lebensader der Freisenbrucher.“

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