Ein Teil der Schüler soll am Donnerstag wieder in die Schulen. Weitere Teile folgen im Mai. Wie soll das funktionieren? Fragen und Antworten.

Wer darf wann wieder in die Schule, was ist mit Hygiene-Regeln und welche Lehrer dürfen überhaupt unterrichten? Bevor an den Essener Schulen der Unterricht wieder startet, gibt es aktuell eine große Anzahl offener Fragen. Die wichtigsten Aspekte im Überblick.

Wann soll der Unterricht in Essen wieder losgehen?

Bislang heißt es: Anfang Mai. Doch schon am Donnerstag, 23. April, sollen die Schulen wieder für „prüfungsvorbereitende Maßnahmen“ öffnen ausschließlich für jene Schüler, „die in diesem Schuljahr noch Prüfungen zu absolvieren haben, weil sie Schulabschlüsse anstreben“. So kündigte es das Schulministerium am späten Mittwochabend gegenüber den Schulen an.

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Was heißt das konkret?

Die Essener Gymnasien gehen davon aus, dass sie ab 23. April ihren Abi-Jahrgang bis zum Beginn der Abi-Klausuren am 12. Mai noch auf die Prüfungen vorbereiten dürfen. Real-, Haupt- und Gesamtschulen könnten ab 23. April die Zehner-Jahrgänge zum Unterricht bitten - als Vorbereitung auf die sogenannte „ZP10“, die zentrale Prüfung des Hauptschul- und mittleren Schulabschlusses. Diese Klausuren beginnen ebenfalls am 12. Mai. Gesamtschulen sollen ab Donnerstag, 23. April, sowohl Zehner (ZP10) und Abiturienten auf die Prüfungen vorbereiten.

Schulstart in Essen bedeutet "Mehrarbeit"

„Warum NRW hier wieder ausschert und es nicht bei der Regelung bleibt, dass Anfang Mai bundesweit der Unterricht schrittweise wieder aufgenommen wird, ist mir schleierhaft“, sagt Ulrike Pelikan, Sprecherin der Gesamtschul-Leiter in Essen. Gesamtschulen müssen dann zeitgleich Zehner und Abiturienten beschulen. „Das bedeutet Mehrarbeit, weil ja zeitgleich auch der digitale Unterricht für alle anderen Schüler aufrechterhalten werden muss“, erklärt Julia Klewin, Lehrerin an der Gustav-Heinemann-Gesamtschule in Schonnebeck.

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Kann der Unterricht für die Zehner und Abiturienten am 23. April ohne Weiteres beginnen?

Nein. Das Land hat dem Vernehmen nach vorgeschrieben, dass vor der Wiederaufnahme des Unterrichtsbetriebes jede Schule grundgereinigt werden soll. „Eine solche Grundreinigung an Essener Schulen findet regulär in den Sommerferien statt und dauert pro Standort mehrere Tage“, sagt Stadtsprecherin Jasmin Trilling. Weil auch bei der städtischen Reinigungsgesellschaft RGE Kurzarbeit gefahren wird, ist eine Grundreinigung der Essener Schulen bis 23. April überhaupt nicht möglich. „Wir versuchen jetzt zu klären, was das Land mit Grundreinigung überhaupt meint“, sagt Jasmin Trilling.

Was ist mit Seifen- und Handtuchspendern?

Auch hier gibt es an den Essener Schulen erhebliche Defizite. Vielerorts heißt es: „Wir sind schlecht bis gar nicht ausgestattet.“ Selbst Waschbecken gibt es nicht in jedem Klassenzimmer. Und an der Gustav-Heinemann-Gesamtschule, noch in einem baufälligen Gebäude zu Hause, gibt es kein warmes Wasser. „Die Hygienestandards, die jetzt vorgeschrieben werden, sind nicht ohne weiteres einzuhalten“, sagt Berthold Urch, Leiter des Alfred-Krupp-Gymnasiums (Holsterhausen) und Sprecher der Essener Gymnasialdirektoren. An seiner Schule geht er davon aus, dass etwa 70 Abiturienten ab Donnerstag, 23. April, wieder zur Schule kommen. „Die Abstandsregeln einzuhalten, wäre immerhin kein Problem, zumal es sich um ältere Schüler handelt, denen man ein gewisses Maß an Vernunft unterstellen kann.“

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Können alle Lehrer wieder unterrichten?

Bei Weitem nicht. „Ein Drittel des Kollegiums fällt wahrscheinlich aus“, berichten viele Schulleiter aus ihren Häusern. Denn nicht unterrichten darf in Corona-Zeiten, wer über 60 Jahre alt ist oder an einer relevanten Vorerkrankung leidet oder schwanger ist. „Unklar ist, was mit den Kollegen ist, die zu Hause in der Familie zum Beispiel einen Krebspatienten haben“, berichtet Olaf Kehlert, Sprecher der Essener Realschulleiter und Chef der Geschwister-Scholl-Realschule in Borbeck. „Oder die hochbetagte Eltern pflegen.“

Unter Essener Lehrern herrscht große Ratlosigkeit

Die Gefahr, sich bei Schülern anzustecken und das Virus dann nach Hause zu tragen, sei durchaus erheblich. „Unter den Kollegen herrscht angesichts der vielen ungelösten Probleme eine große Ratlosigkeit“, sagt Henner Höcker, Sprecher der Essener Lehrergewerkschaft GEW. Das Problem wird massiv verschärft durch die Vorgabe der Bildungsministerin vom Donnerstag Nachmittag, die Klassen sollten auf längere Zeit aufgeteilt werden.

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Was sagen die Schüler?

„Was jetzt beschlossen wurde, ist unsinnig“, kritisiert Cay Grunsdorf, Sprecher des Abi-Jahrgangs am Grashof-Gymnasium (Bredeney). Er spricht sich für ein völliges Ausfallen der Abiprüfungen aus und plädiert dafür, die Abinote aus dem Punkte-Durchschnitt der letzten zwei Schuljahre zu berechnen. „Lieber sollten die Schüler der Elften bzw. Q1 jetzt zur Schule gehen, denn dort werden derzeit gerade die Punkte gesammelt, die fürs Abi wichtig sind.“

Ähnlich sieht es Rafael Palmeira-Kerkhoff, Abiturient und Schülersprecher der Essener Gesamtschule Bockmühle in Altendorf: „Nach mehreren Wochen ohne Schule demnächst in die Abiprüfungen zu starten, ist Wahnsinn. Viele von uns haben fünf, sechs Geschwister zu Hause und keinen eigenen Schreibtisch, da konnte niemand lernen.“ Sich mit anderen Schülern zum Üben zu treffen, war nicht möglich, und Aufgaben am PC zu erledigen, längst nicht überall die Regel. Auch Palmeira-Kerkhoff plädiert für ein Abi ohne Prüfungen: „Zwei Drittel der Abi-Leistungen wurde von uns in den letzten Schuljahren erbracht, das muss für eine Endnote reichen.“

Elias Schlossberg, Stufensprecher des 13. Jahrgangs der Gesamtschule Holsterhausen, hat vor wenigen Tagen mit seinem Jahrgang einen Brief an NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer verfasst - mit dem dringenden Appell, die Abi-Prüfungen nicht durchzuführen: „Wir hielten es für fatal, das Abitur in seiner aktuell geplanten Form stattfinden zu lassen.“