Essen. Eigentlich baut die KAD GmbH schicke Acrylmöbel oder beliefert die Industrie mit Kunststoffteilen. Seit Corona hat sie die Produktion umgestellt.

In normalen Zeiten fertigen die Spezialisten der KAD GmbH in Essen-Kray schicke Möbel aus Acrylglas an. Oder filigrane Kunststoffteile für Daimler und BMW, für den Maschinenbau oder die Elektrotechnik. Doch normal ist im Moment gar nichts.

Auf den Ausbruch der Corona-Krise hat der Mittelständler deshalb blitzschnell reagiert und die Fertigung rasch umgestellt auf dringend benötigte Krisenprodukte: vom Spuckschutz aus Plexiglas für die Ladentheke bis zur so genannten Intubationsbox für Krankenhäuser. Ergebnis: Die Produktion brummt. Oder wie Inhaber Jan Seeber sagt: "Wir haben volle Hütte."

KAD - das steht für Kunststoff Acryl Design. Das Unternehmen ist schon vor 75 Jahren gegründet worden und zählt zu den alteingesessenen Betrieben der Stadt. Die Anschrift "Hängebank" im Gewerbegebiet Zehnthof in Kray erinnert an die Zeiten weit vor vor dem Strukturwandel, als Essen noch zu den größten Bergbaustädten der Welt gehörte.

Die Plexibox-Idee stammt aus Taiwan, Anfang April ging ein Video viral

Die Intubationsbox hat ein Tüftler aus Taiwan erfunden, aber Ärzte des renommierten Boston Medical Centre hätten Anfang April dafür gesorgt, dass das Video mit dem Plexiglas-Würfel in Zeiten von Corona viral gegangen sei. Dementsprechend spürbar ist die Nachfrage in Kray jetzt nach diesem Krisen-Erzeugnis, das zum Stückpreis von 175 Euro verkauft wird.

Die Idee zu dieser Box ist ebenso genial wie einfach. Müsse einem Patienten im Krankenhaus durch den Mund eine Sonde oder ein Schlauch eingeführt werden, sei das medizinische Personal gerade jetzt hoch infektionsgefährdet, sagt Jan Seeber. "Durch den Druck in der Lunge muss der Patient oft abhusten und speien, die Spritzer können das Personal kontaminieren."

"Medizinisches Personal muss vor Infektion geschützt werden"

Ein einfacher Mundschutz reiche daher keinesfalls aus, sehr wohl aber der an zwei Seiten offene Plexiglas-Würfel (Kantenlänge 65 bis 70 Zentimeter), der zusätzlich mit zwei Löchern zum Hineingreifen versehen ist. Er schirmt den Kopf des Patienten vollständig ab, im Gegenzug sitzen alle Handgriffe, weil die Box durchsichtig ist.

"Es geht darum, das medizinische Personal zu schützen, damit es nicht selbst in Quarantäne muss", sagt Seeber, der daran erinnert, dass sich in Italien 30.000 Ärzte mit Corona angesteckt haben, etliche tödlich. Das Glas für den Würfel sei lebensmittelecht und bestehe übrigens aus demselben Material ("Original Plexiglas XT") wie für so genannte Brutkästen, in denen Frühgeborene ihre ersten Lebenswochen verbringen.

Täglich 100 Plexi-Schutzscheiben für Arztpraxen, Geschäfte und Krankenhäuser

Die Intubationsbox made in Kray ist das pfiffige Produkt im neuen Corona-Sortiment, aber weitaus gefragter sei der "Spuckschutz" für Verkaufstheken, Ladentische und Kassen von Supermärkten, Apotheken und Geschäften sowie für den Empfang in Arztpraxen und Krankenhäusern. "Jedes Teil ist maßangefertigt", sagt Seeber. Ob an die Decke gehängt oder standsicher aufgestellt: Die Schutzscheiben halten Viren und Bakterien ab. Pro Tag verlassen mehr als 100 Stück die Halle an der Hängebank.

Und wie funktioniert das Corona-Kontaktverbot für die 35 Beschäftigten am Arbeitsplatz? Seeber: "Für das Personal gelten Mundschutzpflicht und Abstandsregeln, Türkliniken dürfen nicht berührt werden und ältere Mitarbeiter sind vorsichtshalber nach Hause geschickt worden."

Weitere Informationen zur Corona-Krise in Essen in unserem News-Blog.