Essen. Die Infizierten-Zahl in Essen geht seit dem Wochenende zurück. Gesundheitsdezernent Peter Renzel warnt: Für eine Entwarnung ist es viel zu früh.

Die Zahl der bestätigten Corona-Fälle in Essen stieg in der vergangenen Woche erstmals über 300, seit Montag liegt sie wieder unter 300. Hat Essen den Höhepunkt der Corona-Krise hinter sich? Fragen an den Gesundheitsdezernent Peter Renzel.

Herr Renzel, was würde passieren, wenn in Essen das Leben ab morgen wieder normal läuft? Alle zur Arbeit, zur Schule gehen und die Geschäfte wieder öffnen?

Dann hätten wir sehr wahrscheinlich eine explosionsartige Vermehrung der Infektionszahlen. Die Essener Kurve würde sofort nicht mehr linear steigen wie im Monat März, sondern exponentiell.

Am 1. März 2020 gab es in Essen einen Infizierten, am 31. März waren es 296 Infizierte. Was sagt Ihnen das?

Das Virus ist da. Nur durch die radikalen Maßnahmen, die derzeit verordnet sind, gelingt es uns, die steigende Kurve möglichst flach zu halten. Das heißt auch: Die Schließungen, die Kontaktverbote und der somit weitgehende Stillstand des öffentlichen Lebens werden uns noch lange begleiten.

Wie lange?

Mindestens bis weit in den April hinein. In den ersten Aprilwochen werden wir vermutlich darüber diskutieren, wann die Maßnahmen gelockert werden können. Doch ich glaube, das wird noch dauern. Wie lange, kann derzeit niemand seriös sagen. Ich auch nicht.

Warum sinken die Essener Zahlen derzeit?

Weil die Zahl der neu befundeten Infektionen stabil bleibt, während die Zahl der Genesungen steigt - am 31. März sind es 111.

Ab wann gilt jemand, der an Corona erkrankt war, als geheilt?

Als genesen gilt nach den Richtlinien des Robert-Koch-Instituts, wer nach einer zweiwöchigen Quarantäne mindestens 48 Stunden lang symptomfrei ist. Als gesund gilt auch derjenige, der nach einer Quarantäne abgestrichen wird und negativ getestet wurde. Neue Abstriche werden beispielsweise bei den Patienten gemacht, die einen schweren Krankheitsverlauf hinter sich haben oder die noch symptomatisch sind.

Wer überprüft das?

Die Mitarbeiter im Lagezentrum der Unteren Gesundheitsbehörde. Sie stehen ja auch im Austausch mit den Personen in Quarantäne, lassen die Betroffenen Fiebertagebuch führen. Die Personen werden außerdem regelmäßig abtelefoniert, wie es ihnen geht und wie sich der Krankheitsverlauf entwickelt. Ein Anruf erfolgt dann natürlich auch, wenn die Quarantäne abgelaufen ist. Hat derjenige Symptome, wird neu abgestrichen und bei einem weiterhin positiven Befund die Quarantäne verlängert.

Was ist jetzt aus Ihrer Sicht am wichtigsten?

Die Bürger müssen sich weiter an die Regeln halten. Das tun sie auch weitgehend nach unserer Beobachtung, auch wenn alle über die Kontrollen am Baldeneysee diskutieren. Entscheidend ist jetzt außerdem, dass wir die Risikopatienten schützen: die Pflegebedürftigen in den Heimen und das Personal.

Sind Isolationen ganzer Einrichtungen der richtige Weg?

Es sieht ganz so aus. Wir wollen an alle Einrichtungen herantreten und dafür sorgen, dass auch die fitten Senioren, die Ausgang haben, keine Infektionen von außen mehr in die Heime hereintragen können.

Plant die Stadt Essen eine generelle Pflicht für ihre Bürger, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen?

Nein, das ist derzeit nicht geplant.

Gibt es noch genügend freie Betten auf den Intensivstationen der Essener Krankenhäuser und betten mit Beatmungsgerät?

Ja, die gibt es. Die Krankenhäuser und Kliniken melden ihre Verfügbarkeiten täglich an das Land NRW. Täglich aktualisierte Zahlen von Patienten mit schweren Krankheitsverläufen, die in den Essener Krankenhäusern liegen, bekommen wir als Lagezentrum jedoch erst in den nächsten Tagen.