Essen. Mieter haben ab 1. April Kündigungsschutz, wenn sie die Miete nicht mehr zahlen können. Essener Vermieter bieten Hilfe an, warnen aber auch.

Kurzarbeit und steigende Arbeitslosenzahlen: Die Corana-Krise dürfte auch in Essen Mieter in Zahlungsnöte bringen. Um sie vor dem Rauswurf aus ihrer Wohnung zu bewahren, hat die Bundesregierung ein Schutzschild beschlossen: Vermieter dürfen ihren Mietern, wenn sie mit der Miete in Rückstand geraten, keine Wohnungskündigung aussprechen. Das gilt ab 1. April bis Ende Juni.

Die neue Regelung treibt die Essener Vermieter um. Schließlich könnten sich das Mieter auch zunutze machen. Das größte städtische Wohnungsunternehmen Allbau appelliert daher an seine Mieter, bei denen sich Zahlungsprobleme abzeichnen: „Was dann nicht sein darf, wäre nur über die Miete nachzudenken. Es müssen alle Haushaltsausgaben angepasst werden. Schließlich kann der Vermieter nicht Kraft Gesetz per se die Folgen zu tragen haben“, erklärte Allbau-Chef Dirk Miklikowski. Er betonte gleichzeitig: "Wir werden helfen, die wirtschaftlichen Ängste unserer Kundinnen und Kunden zu bewältigen und dabei den Erhalt des Wohnraums sicherstellen."

Der Allbau will daher geplante Mieterhöhungen vorerst aussetzen und seinen Mietern, wo nötig, Stundungsvereinbarungen anbieten. "Wir appellieren aber auch an alle Mieter, dann mit uns das Gespräch zu suchen", so Miklikowski.

Haus und Grund: "Vermieter dürfen nicht zum Zwischenkreditgeber werden"

Der Immobilieneigentümerverband Haus und Grund in Essen, pflichtet Miklikowski bei: "Der Vermieter kann nicht zum Zwischenkreditgeber werden", sagte Geschäftsführer Werner Weskamp. Der Verband vertritt in Essen vor allem viele Kleinvermieter, die meist nur wenige Wohnungen besitzen. Darunter seien viele ältere Eigentümer, für die die Mieteinnahmen wichtige Altersbezüge sind, so Weskamp.

Auch er riet Mietern, sich rechtzeitig an ihren Vermieter zu wenden und wenigstens Teilzahlungen zu vereinbaren. „Mit einer solchen Regelung wäre beiden Seiten geholfen“, sagte Weskamp. Denn schließlich entfalle für den Mieter nicht grundsätzlich die Pflicht, Miete zu zahlen. Binnen zwei Jahren nämlich muss der Mieter spätestens seine Mietschulden zurückgezahlt haben.

Weskamp rät betroffenen Haushalten außerdem, zu prüfen, ob sie Anspruch auf Wohngeld haben. „Das kann temporär helfen“, sagte er. Die Erfahrung in der Vergangenheit habe aber gezeigt, dass viele ihren Anspruch aus Unwissenheit gar nicht geltend machen. Allerdings sei es wichtig, Wohngeld schnell zu beantragen. Denn es wird nicht rückwirkend gezahlt, so Haus und Grund.

Vermieter in Essen rechnen mit zwischenzeitlichen Mietausfällen

Die Vermieter in Essen stellen sich unterdessen auf Mietausfälle schon in den kommenden Wochen ein. Weskamp von Haus und Grund Essen rechnet damit, dass die ersten Probleme mit den Mietzahlungen im April auftauchen könnten, verstärkt aber im Mai.

Auch der Allbau erklärte: „Wir glauben, dass die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie einen Teil unserer Kunden und Kundinnen hart treffen werden. Sinkende oder wegbrechende Einkünfte werden bei einigen dazu führen, dass die Haushaltsausgaben die Einnahmen übersteigen“, prophezeit Miklikowski. Mit 17.800 Wohnungen ist der Allbau der größte Vermieter in der Stadt und hat vorwiegend Wohnraum im ohnehin sozial schwächeren Essener Norden.

Bei der kleineren Wohnungsgenossenschaft Essen-Nord haben sich bereits Mieter gemeldet, die damit rechnen, dass sie in absehbarer Zeit ihre Miete nicht mehr bzw. nicht mehr voll zahlen können. Man sei daher gespannt, wie sich die Corona-Krise auf die Mietzahlungen in nächster Zeit auswirken wird, sagt der Vorstandsvorsitzende, Juan-Carlos Pulido.

Mieter muss Betroffenheit nachweisen

Geraten Mieter wegen der Corona-Krise in Zahlungsnöte, müssen sie dies dem Vermieter gegenüber glaubwürdig machen. „Das Mietenmoratorium ist kein Freibrief. Sich einfach zurücklehnen und nicht zahlen, geht nicht“, betonte Weskamp. Ein Nachweis könne beispielsweise eine Lohnabrechnung oder eine eidesstattliche Versicherung sein. Genau scheint das aber nicht geregelt und deshalb dürfte Vermieter die Nachweispflicht in nächster Zeit wohl umtreiben.

Wohnungswirtschaft aber auch Mieterverbände hatten sich ursprünglich für einen anderen Weg ausgesprochen, wie betroffenen Mietern geholfen werden sollte. Sie plädierten für einen Hilfsfonds, der bei Problemen die Mietzahlungen übernimmt. "Ich hätte mir diese Lösung gewünscht", sagt Pulido, Chef der Wohnungsgenossenschaft Essen-Nord. Mit der nun gefundenen Regelung würden die Vermieter "ein Stück weit im Stich gelassen".

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Normalerweise können Vermieter ihren Mietern kündigen, wenn sich ein Rückstand von zwei Monatsmieten aufgebaut hat.

Doch Bundesrat und Bundestag haben nun wegen der Corona-Krise einen besonderen Schutz der Mieter beschlossen: Wenn die Miete zwischen dem 1. April und dem 30. Juni ganz oder teilweise ausbleibt, darf das für den Vermieter kein Grund sein, die Wohnung zu kündigen. Dieser außerordentliche Kündigungsschutz gilt für zwei Jahre. So lange haben Mieter Zeit, die fehlenden Beträge zurückzuzahlen.

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