Essen. In der Corona-Krise gibt es eine verstärkte Nachfrage nach Medikamenten. Essener Apotheker appellieren an die Bürger, nicht zu hamstern.
In Zeiten des Coronavirus wächst auch die Sorge vor einer möglichen Medikamentenknappheit und Hamsterkäufen in Apotheken. Essener Apotheker rufen die Bürger nun zur Besonnenheit auf: Es gebe keinen Grund, Arzneimittel zu bunkern.
Nach der Falschmeldung, dass die Einnahme des Schmerzmittels Ibuprofen im Falle einer Corona-Infektion die Symptome verstärken könnte, hatten sich besonders Berichte über Hamsterkäufe von Paracetamol gehäuft. „Wir hatten einige Kunden, die jetzt zwei, drei oder mehr Packungen kaufen wollen“, bestätigt zum Beispiel Hanno Höhn, Inhaber der Nordstern-Apotheke in Karnap.
Apotheker geben in der Regel nur eine Packung Paracetamol heraus
Er erkläre dann, dass er nur eine Packung herausgeben könne: „Ich mache den Kunden klar, dass die Versorgungssicherheit nur gewährleistet werden kann, wenn man jetzt Hamsterkäufe verhindert.“ Die meisten reagierten verständnisvoll.
Das bestätigt auch Klaus Peterseim, Inhaber der Dom-Apotheke. Wenige Kunden, die es tatsächlich aufs Hamstern abgesehen hätten, hätten ihn jedoch sogar beschimpft, als er ihnen nur eine Packung geben wollte: „Die bitte ich dann, meine Apotheke zu verlassen.“
Der Tenor der Apotheker lautet: Mehrere Packungen des Schmerzmittels würde man ohnehin nicht einfach herausgeben. Rolf-Günther Westhaus, Sprecher der Essener Apotheker, appelliert trotzdem an die Bürger, verantwortungsvoll mit Medikamenten umzugehen. Denn ob jemand sofort zu den nächsten Apotheken laufe, um sich die zweite und dritte Packung zu kaufen, könne man nicht kontrollieren.
Einen massiven Engpass gibt es: Pneumokokken-Impfstoff ist fast gar nicht lieferbar
Von Hamsterkäufen möchte Klaus Peterseim in der Mehrheit der Fälle gar nicht sprechen. Wohl aber habe man gemerkt, dass sich die Kunden in den letzten Wochen stärker bevorratet hätten – zum Beispiel, indem sie etwas früher ein Rezept für ein verschreibungspflichtiges Medikament holten oder die Reserven in der Hausapotheke auffüllten.
Aus diesem Grund könne es vorkommen, dass ein bestimmtes Medikament nicht immer verfügbar sei. „In fast allen Fällen können wir aber eine Alternative anbieten“, so Peterseim.
Einen massiven Engpass gibt es aber doch: Der Impfstoff für die Pneumokokken-Impfung ist zurzeit kaum bis gar nicht lieferbar. Pneumokokken sind die bakteriellen Erreger, die am häufigsten eine Lungenentzündung auslösen. „Es gibt schon lange die Empfehlung für Menschen über 60, sich gegen Pneumokokken impfen zu lassen. Die ist aber bisher nur selten befolgt worden“, erklärt Peterseim.
Angst vor Lungenentzündung sorgt für verstärkte Nachfrage nach Impfstoff
Mit wachsender Angst vor einer durch Corona verursachten Lungenentzündung sei die Nachfrage nach dem Impfstoff nun immens gestiegen. In so hohem Maße, dass sie die Produktionskapazitäten um ein Vielfaches übersteige.
Von Hamsterkäufen der etwas anderen Art berichtet dagegen Vivien Peisker, Apothekerin in der Einhorn-Apotheke: „Vitamin C ist bei uns zurzeit komplett ausverkauft.“ In der Tat scheinen einige Kunden derzeit zu hoffen, mit solchen Nahrungsergänzungsmitteln ihr Immunsystem gegen Corona zu stärken.
Verstärkte Nachfrage nach Vitaminpräparaten für das Immunsystem
„Es gibt eine hohe Nachfrage nach Vitaminen und Immunstimulantien“, bestätigt Rolf-Günther Westhaus – und weist darauf hin, dass eine gesunde Ernährung, Sport und frische Luft immer noch die beste Stärkung für das Immunsystem brächten.
Trotz gesicherter Versorgung betonen die Apotheker allerdings, dass es nicht erst seit Corona-Zeiten immer wieder Lieferengpässe bei Medikamenten gebe – und das durch die Bank: Antibiotika, Schmerzmittel, Schilddrüsenpräparate, Blutdruckmittel, Psychopharmaka. Grund sei die Verlagerung der Produktion auf wenige Standorte im Ausland.
„Nach der Corona-Krise sollte es nicht weitergehen wie bisher“
Obwohl bei Engpässen meist eine Alternative gefunden werden könne, plädiert Westhaus daher dafür, die Krise zum Anlass für ein Umdenken zu nehmen: „Jeder erlebt gerade, wie wichtig Medikamente sind. Nach der Corona-Krise sollte es nicht weitergehen wie bisher.“ Man müsse ernsthaft darüber denken, zumindest die Produktion der wichtigsten Medikamente wieder nach Europa zu verlegen.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat kürzlich die Abgabe bestimmter Medikamente an Apotheken kontingentiert. Betroffen sind Arzneimittel, die als versorgungsrelevant eingestuft werden. Dazu gehören zum Beispiel Ibuprofen und Paracetamol.
Als Begründung für die Anordnung gab das BfArM an, dass „aktuell verstärkt eine übermäßige Bevorratung bei einzelnen Marktteilnehmern mit Arzneimitteln“ stattfinde. Diese führe „in direkter Folge zu einer Ungleichverteilung“.
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