Essen. Lebensmittelläden in Essen erleben einen Ansturm. Doch das schafft neue Probleme wegen der Ansteckungsgefahr. Ein Vor-Ort-Bericht.
Nachmittags im Lidl in Frohnhausen. Dass es voller ist als sonst, sieht man auf den ersten Blick. Schon auf dem Parkplatz sind die meisten Parklücken besetzt, sobald ein Auto herausfährt, parkt sofort das nächste ein. Ein Schild an der Eingangstür bittet die Kunden, wenn möglich kontaktlos zu bezahlen.
Das Internet ist voller Videos von leeren Regalen, Menschen, die kiloweise Nudeln kaufen oder sich um die verbleibenden Klopapier-Packungen streiten. Die rasante Ausbreitung des Coronavirus versetzt viele Menschen in Sorge, ihnen könnten die Lebensmittel ausgehen.
Alle kaufen ein wenig mehr als sonst - viele Regale sind leer
So weit scheint es im Frohnhausener Lidl längst noch nicht gekommen zu sein. Streitigkeiten gibt es nicht, die Stimmung ist zwar angespannt, aber ruhig. Und doch: Die „Hamster-Klassiker“ sind auch hier weitgehend ausverkauft. In den Regalen, in denen sonst Toilettenpapier, Flüssigseife, Nudeln und Dosensuppen stehen, herrscht gähnende Leere. Auch der Bestand an Tiefkühlware ist deutlich dezimiert. „Mein Gott, sind die alle krank hier“, entfährt es einem Mann mit Blick auf das leergeräumte H-Milch-Regal.
Zu diesem Zeitpunkt hat niemand den ganzen Einkaufswagen mit Konserven vollgepackt, ein Blick in die Wagen verrät jedoch: Viele kaufen einfach ein wenig mehr als sonst, haben den Artikel statt einmal zweimal- oder dreimal in den Wagen gepackt. „Wenn man mitbekommt, was in den anderen Ländern los ist, macht man sich Sorgen“, sagt zum Beispiel Andrea Greve.
Teilweise auch frische Lebensmittel wie Obst, Gemüse und Fleisch vergriffen
Sie kauft in der Tat diesmal die doppelte Menge: Für sich und für ihre über 80-jährigen Eltern, die aufgrund ihrer Risikogruppen-Zugehörigkeit zu Hause bleiben. Aber auch für sich selbst hat sie etwas mehr eingekauft, ein paar Dosen mit Erbsen und Möhren zum Beispiel: „Bis jetzt hatte ich das noch gar nicht gemacht, aber mittlerweile mache ich mir schon Gedanken.“
Im Rewe an der Rüttenscheider Straße sind auch die Obst- und Gemüsevorräte dezimiert: Brokkoli, Lauchzwiebeln, rote Paprika – all das ist vergriffen. Ähnlich sieht es in der Selbstbedienungsabteilung für Fleisch aus. Wen die Corona-Angst noch nicht erfasst hat, der steht mitunter schockiert vor den leeren Regalen. „Ich wollte eigentlich nur eine Packung Nudeln fürs Essen heute Abend kaufen“, sagt zum Beispiel Sven Bätje, der sich angesichts des nicht mehr vorhandenen Nudelsortiments eine Alternative überlegen muss.
Angst vor Ansteckungsgefahr im Supermarkt ist ebenfalls präsent
Doch leere Regale sind nur das eine, vielleicht kleinste Problem. Denn wenn so viele Leute an einem Ort zusammenkommen, besteht zwangsläufig ein höheres Infektionsrisiko. „Als ich einkaufen war, haben alle Kunden das Obst und Gemüse angefasst und wieder zurückgelegt“, beschwert sich zum Beispiel eine Rewe-Kundin.
Die 75-Jährige hat eine Lungen-Vorerkrankung und ist damit gleich doppelt gefährdet. „Es werden so viele Maßnahmen ergriffen und gleichzeitig weiß ich nicht, ob nicht 50 Leute vor mir die Paprika angefasst haben, von denen einer das Virus hat.“
Rewe Köster in Rellinghausen bietet Einkaufslieferservice ohne Liefergebühr an
Und nicht nur das: Vor den Kassen bilden sich lange Schlangen, die Leute stehen nah beieinander. Viele achten im Supermarkt eben nicht darauf, die empfohlenen zwei Meter Abstand zu halten – oder können es aufgrund der beengten Lage mit vielen Menschen auf wenig Quadratmetern gar nicht.
Jens Köster ist Inhaber eines Rewe-Marktes in Rellinghausen. Er zählt momentan 30 bis 40 Prozent mehr Kunden in seinem Supermarkt, am Samstag waren es ganze 2500. Um die Situation im Supermarkt zu entzerren, bietet er seinen Einkauflieferservice in Rellinghausen und Stadtwald nun ohne Liefergebühr an. „So wollen wir vor allem den Risikogruppen einen Anreiz bieten, zu Hause zu bleiben“, so Köster.
„Wir können nicht gewährleisten, dass die Leute beim Einkauf Abstand voneinander halten.“
An den Kassen lägen außerdem Mundschutz und Desinfektionsmittel für die Kassierer aus. Aber: „Wir vertrauen hauptsächlich auf das Verantwortungsbewusstsein unserer Kunden.“ Zurzeit gebe es keine Pläne, etwa die Anzahl der Kunden im Laden zu beschränken. Es seien jedoch Schilder aufgestellt worden, die auf die Einhaltung des Abstandes und der Hygieneregeln hinweisen.
Über eventuelle Lieferengpässe bei wichtigen Lebensmitteln müssen sich die Kunden laut Köster derweil keine Sorgen machen: „Wir werden jeden Tag beliefert und haben die Bestellmengen erhöht.“ Zwar könne es sein, dass einzelne Produkte längere Zeit vergriffen seien, es gebe jedoch immer Alternativen.
Ansteckungsgefahr verringern: Hände waschen und in die Armbeuge husten oder niesen
Um sich vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen, ist regelmäßiges und gründliches Händewaschen das A und O. Steht gerade keine Waschmöglichkeit zur Verfügung, sollte man es zumindest vermeiden, mit den Händen Mund, Augen oder Nase zu berühren und Speisen mit der Hand zu essen.
Beim Husten und Niesen gilt: Am besten in ein Einwegtaschentuch, das danach sofort weggeschmissen wird. Ist keines vorhanden, so ist es ratsam, in die Armbeuge zu husten oder zu niesen, sich von anderen Menschen wegzudrehen und sich mindestens einen Meter weit zu entfernen.