Essener Norden. Drei Gastronomen im Essener Norden erzählen, wie sie um ihr finanzielles Überleben kämpfen: Mit einem Lieferservice und dem Griff aufs Sparkonto.
Gastronomen und Imbissbudenbetreiber in ganz Essen stehen durch die Corona-Krise und den damit verbundenen Auflagen vor großen Herausforderungen. So auch die Besitzer der Bückmanns Mühle in Altenessen: Sie haben reagiert und aus der Not heraus innerhalb kürzester Zeit einen Lieferservice aus dem Boden gestampft.
„In Altenessen gibt es – glücklicherweise muss man ja jetzt fast schon sagen – nicht so viele Gastronomien wie zum Beispiel in Rüttenscheid. Vergleichsweise bekommen wir wahrscheinlich daher viele telefonische Essensbestellungen“, erzählt Ulrike Dluzewski, die mit ihrem Mann und dem gemeinsamen Sohn das Restaurant Bückmanns Mühle in Altenessen leitet. Dennoch leide auch ihre Familie stark unter den wegfallenden Restaurantbesuchern. Wie ihr geht es vielen Gastronomen im Essener Norden.
Essen unterstützt Gastronomen
Die Essen Marketing GmbH unterstützt Restaurants, Cafés und Bäckereien unter dem Motto „Essen hält zusammen“ mit einer neuen Plattform im Internet. Sie ist unter https://www.visitessen.de/essentourismus_service/essen_haelt_zusammen/gastronomie_ehz.de.html erreichbar.
Dort können sich alle Lokale melden, die einen Abhol- oder Lieferservice anbieten.
Für lokale Bars gibt es die Initiative Unterstütze Deine lokale Bar. Sie ist ein Zusammenschluss aus Industrie, Medien und Agenturen. Unter https://supportyourlocalbar.com/ gibt es die Möglichkeit, Trinkgeld an die Bar zu spenden.
Die Corona-Krise erfordert neue Geschäftskonzepte
So musste Ulrike Dluzewski ihre sechs Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Derzeit hält nur ihre Familie die Stellung in der Bückmanns Mühle, die sie erst im September 2019 übernommen haben. Denn trotz der Auflage, dass bis zum 19. April alle Gastronomien geschlossen bleiben müssen, sind Abholungen und Lieferservices erlaubt. „Da wir aber vorher gar keinen Lieferservice hatten, ist es für uns komplettes Neuland – aber natürlich auch eine riesige Chance, die wir unbedingt nutzen wollten“, erzählt Dluzewski.
Kurzerhand habe ihr Sohn Marcel Paschinski die Planung des Lieferdienstes übernommen. „Zwei Tage und zwei Nächte saß ich durchgehend an der Vorbereitung“, sagt Paschinski. „Die Speisekarte musste angepasst werden, damit die Gerichte auch frisch und heiß beim Gast ankommen“, erklärt der gelernte Koch. Anstatt Steaks gibt es jetzt überbackene Schnitzel, und auch die Küche wurde erst einmal umgestaltet. „Vom Salz bis zur Pommesschale wurde alles umgestellt, damit die Handgriffe kürzer sind und alles schnell zubereitet werden kann.“
Lieferung mit Handschuhen und Mundschutz
Für die Lieferung im Umkreis von Altenessen sind seine Eltern verantwortlich. Sie halten sich akribisch an die Regeln: „Wir liefern mit Handschuhen und Schutzmasken, damit auch mit Bargeld bezahlt werden kann“, so Paschinski. Aber nicht nur die tägliche Arbeit habe sich kurzfristig verändert, auch mental würde die Corona-Krise Spuren hinterlassen. „Ich kann vor Sorge nur ein paar Stunden in der Nacht schlafen. Das geht an die Substanz“, erzählt Mutter Ulrike Dluzewski und Marcel Paschinski fügt hinzu: „Alle sprechen davon, dass es erst der Anfang der Krise ist. Aber was wird, wenn es Monate dauert?“
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Ähnlich geht es Katharina Meladini, die in Katernberg die Imbissbude Ikarus-Grill betreibt. Für sie würde sich leider kein Lieferdienst rentieren: „Seit der Corona-Krise kommen so wenige Kunden, dass ich nur noch alleine im Laden arbeite“, erzählt die 55-Jährige. „Ich habe zwar noch finanzielle Rücklagen, aber die reichen nicht ewig. Die Existenzangst beschert mir schlaflose Nächte“, sagt sie traurig.
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Angst vor dem finanziellen Absturz
Besonders hart getroffen hat es auch Familienvater Eugen Rihovski vom Vereinslokal des FC Kray. Er und seine Frau haben nämlich erst zum Neujahr 2020 die Neueröffnung des Restaurants „Abseits Bar“ gefeiert. Davor war Rihovski als Bürokaufmann und seine Frau als Steuerfachangestellte tätig. „Wir bereuen unsere Entscheidung nicht, aber die derzeitige Situation ist definitiv anders als gedacht und gewünscht“, erzählt der 33-Jährige. Auch das Paar hat umgehend einen Abhol- und Lieferservice eingerichtet.
„Trotzdem können wir wahrscheinlich erst einmal weder die Miete noch unsere Rechnungen bezahlen. Die Angst vor dem finanziellen Absturz ist definitiv da“, so Rihovski. Aber er sieht auch etwas Positives: „Das Verständnis der Lieferanten und der generelle Zusammenhalt ist viel größer. Wir sitzen alle in einem Boot, sprechen miteinander und versuchen Lösungen zu finden.“ Die Frage sei nur, wie lange man auf dieses Verständnis treffe.
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