Essen. In Not-Zeiten spendet Literatur Trost. So bringen viele Essener Händler die Ware nun bis vor die Tür. Camus' Seuchenroman “Die Pest“ ist gefragt.

Gelesen wird in diesen Tagen wohl so viel wie nie. Zeitungen, Nachrichten-Portale und die Seiten der Sozialen Medien werden immer mehr unsere einzige Verbindung zur Außenwelt: Hier noch ein Update zur Zahl der Corona-Erkrankten, dort ein Bericht über fehlende Toilettenpapiervorräte.

Doch zwischen all diesen Negativ-Nachrichten wird immer spürbarer, dass unser Kopf und unsere Augen auch mal eine Detox-Kur von all den Krisen-Infos brauchen. Und dass wir neben dem Nachrichtenverschlingen endlich mal wieder zum Lesen kommen.

Weil wir zwischendrin auch Geschichten brauchen, die uns in andere Welten entführen; die uns ablenken, vielleicht auch trösten, amüsieren und uns zumindest in unserer Phantasie auf Reisen gehen lassen. Die Buchhändler der Stadt haben längst reagiert: Weil die Geschäfte seit dieser Woche nicht mehr geöffnet sind, haben viele lokale Literaturanbieter einen Lieferservice eingerichtet. Hier ein kleiner Überblick übers Angebot, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Essener Händler liefern wegen Corona-Krise Bücher nach Hause

Die Buchhandlung Proust hat mit dem rollenden Buchgeschäft schon seit über zwei Jahren Erfahrung. Das Büchertaxi auf drei Rädern, die Piaggio Ape, tourt schon seit 2017 durch die Stadt, um Kunden zu beliefern, die nicht mobil genug sind, um ihre Bücher persönlich abzuholen. Damit will man vor allem langjährige treue Kunden halten und der Internet-Konkurrenz von Amazon trotzen. Denn die kann nicht ersetzen, was der Buchhandel vor Ort zu bieten hat: fachkundige Beratung und den persönlichen Kontakt.

Der persönliche Kontakt fällt derzeit natürlich flach. Aber auf die persönlichen Empfehlungen können sich die Kunden weiterhin verlassen. Schließlich habe man derzeit ja mehr Zeit denn je, selber zu lesen und Tipps zu formulieren, heißt es bei Proust.

In Bücherbriefen sollen die Kunden ab sofort regelmäßig Infos zu Frühjahrs-Neuerscheinungen erhalten, die dann frei Haus geliefert werden. Für eine inhabergeführte Buchhandlung wie Proust sei so ein kostenloses Angebot in Tagen wie diesen überlebenswichtig, erklären Beate Scherzer und Peter Kolling.

"Als kleine Buchhandlung werden wir eine längere Phase der Schließung nicht überleben; ein dramatischer Umsatzeinbruch bräche uns das Genick", lautet ihr Appell, den Lieferservice für Literatur auch in Anspruch zu nehmen. Und zwar telefonisch unter 8396840 oder per Mail (info@buchhandlung-proust.de).

Auch in Werden kommen die Bücher nach Hause

Auch in der Werdener Buchhandlung Schmitz ist der Onlineshop schon seit Jahren geöffnet. Derzeit allerdings verzeichne man eine deutlich verstärkte Nachfrage, berichtet Dennis Hasemann. Auch bei Schmitz werden Bestellungen per Telefon unter 494 640 oder online (bestellen@schmitzbuch.de) angenommen. Die Wartezeiten auf das erwünschte Buch sind kurz, verspricht Hasemann. "Noch werden wir vom Großhandel über Nacht beliefert."

Neben Belletristik und Ratgeber-Literatur ginge derzeit vor allem ein Titel durch die Decke: Albert Camus' alter Schulbuchklassiker "Die Pest".

Rüttenscheider Büchergeschäft macht neue Erfahrungen

Nicht alle Händler haben schon so lange Erfahrung mit dem Lieferdienst. Manche machen in diesen Tagen auch ganz spontan handschriftiliche Aushänge, um ihre Kunden mit der neuen Situation vertraut zu machen und auf den neuen Bring-Service hinzuweisen, wie die Rüttenscheider Papeterie Petersen, die ihre Mitteilung über die Bestellmöglichkeiten (Telefon: 774 1747/ Onlineservice: Info@papeterie-petersen.de) und mit einem mutmachenden Credo schließt: "Alles wird gut. Essen ist stark!"

In der Buchhandlung Buchkontext im Girardethaus hat man sich ebenfalls auf die neue Situation eingestellt und bringt die Ware nun direkt zum Kunden. Literatur ausgeliefert habe man auch schon in der Vergangenheit, sagt Irmgard Krahe, bislang vor allem aber an Firmenkunden oder auch an Seniorenheime. Nun aber habe auch die Nachfrage von Privatkunden stark zugenommen.

Auch bei Buchkontext versorgt man die Kunden nicht nur mit frischer Literatur, sondern ist am Telefon immer mit einer persönlichen Empfehlung zur Stelle. Die Bestellungen werden dann an der Tür abgegeben oder im Briefkasten deponiert. Irmgard Krahe hofft, dass man den Service auch im Falle einer möglichen Ausgangssperre aufrecht erhalten kann. Denn Bücher sind in diesen Zeiten vielleicht mehr als eine Form der Unterhaltung. Sie können ein (Über)lebensmittel sein.