Essen. Im Kampf gegen die Verbreitung des Coronavirus ist nun auch die Redaktion der WAZ Essen im Homeoffice. Persönliche Eindrücke unserer Reporter.

Normal ist dieser Tage nichts mehr, für niemanden. Das Coronavirus und seine Folgen haben unsere Gesellschaft fest im Griff. Doch bei allen Einschnitten und Herausforderungen, wächst auch die Solidarität in unserer Stadt spürbar. In vielen Vierteln entstehen neue Nachbarschaftshilfen. Jüngere bieten Älteren an, ihnen das Einkaufen abzunehmen, damit die so genannte Risikogruppe Zuhause bleiben kann. Wir berichten sehr gerne darüber. Nicht nur, weil es unsere Arbeit ist, sondern auch, um eine möglichst große Aufmerksamkeit für diese Initiativen zu erzeugen. Essen ist uns WAZ-Reportern eine Herzensangelegenheit.

Auch deshalb arbeiten wir inzwischen fast rund um die Uhr, um Sie, liebe Leserinnen und Leser, so umfassend und aktuell wie nur möglich über die Folgen der Corona-Krise auf dem Laufenden zu halten – in der Zeitung und auf waz.de.

Das ist allein schon angesichts der schieren Menge an Nachrichten eine Herausforderung. Erschwerend kommt hinzu, dass seit Dienstag alle WAZ-Reporter im Homeoffice sind, um daran mitzuwirken, die Verbreitung des Virus zu verlangsamen. Nur einer von uns darf jeweils in der Redaktion die Stellung halten. Gleichwohl bemühen wir uns, das Geschehen in unserer Stadt bestmöglich abzubilden. Einblicke in die Arbeit unserer Reporter zwischen Wickeltisch, Vor-Ort-Recherche und Telefon-Interviews.

Frank Stenglein sitzt allein im Turm

Frank Stenglein
Frank Stenglein © WAZ | FS

Schön ruhig ist es ja jetzt im „Turm“ des Funke Media Office am Berliner Platz, wo sich die Redaktion der WAZ Essen befindet. Wo zu normalen Zeiten ein gutes Dutzend Redakteure die Essener Themen und die Stadtteilthemen recherchieren und schreiben, wo telefoniert und diskutiert, gelacht und auch mal gestritten wird, herrscht jetzt eine ungewohnte Stille.

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Redaktionsleiter Frank Stenglein könnte auf diese Erfahrung gut verzichten. Als einziger hält er hier die Stellung, koordiniert die Ausgabe und versucht die Fäden zusammenzuhalten. Das Klackern einer einzigen Tastatur und das dezente Rauschen der Elektronik sind derzeit die einzigen Geräusche.

Journalismus ist Teamwork, selbst wenn in der Regel dann jeder an seinen eigenen Themen und Texten arbeitet. Die kreative Atmosphäre einer Redaktion, der unmittelbare Kontakt unter den Journalistinnen und Journalisten, ist schwer zu ersetzen. Irgendwie muss es aber nun leider eine ganze Weile so gehen.

Christina Wandt freut sich über nette Gesten

Christina Wandt
Christina Wandt © WAZ | CW

Christina im Haus-und-Garten-Office: Sieht idyllisch aus - aber können Eichhörnchen und Meisen die Kollegen ersetzen? Auf Dauer eher nicht. Immerhin punktet die Familie: In der Redaktion ist mir noch nie ein Milchkaffee mit Keks serviert worden.

Sinan Sat zwischen Wickeltisch, Bällebad und Schreibtisch

Unzählige Chatnachrichten blinken auf dem Bildschirm. Die gesamte Kommunikation einer Großstadtredaktion untereinander und mit weiteren wichtigen Schnittstellen des Unternehmens muss jetzt hauptsächlich schriftlich geführt werden. Würde man die Umdrehungen des Maus-Rädchens zählen, von der ersten bis zur (vorerst) letzten Nachricht, landete man sicher jetzt schon in den Tausendern.

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Und dann sind da noch die Kinder. Der Große – erst etwas mehr als anderthalb Jahre alt – darf bekanntlich zur Zeit nicht in die Kita und auch nicht auf den Spielplatz. Spielen will und soll er mit seinem Papa trotzdem zwischendurch, wenn der schon Zuhause ist. Und da ist noch der Kleine – gerade fünf Monate alt geworden – dessen Welt sich als einzige bei uns nicht verändert hat. Fläschchen, Brei, volle Windeln, getragen werden wollen… – das alles geht seinen gewohnten Gang. Dank des unermüdlichen Einsatzes meiner Frau, kann ich mich dennoch um die Arbeit kümmern. Selbst, wenn das bedeutet, dass ich während eines Telefonats mal mit Kopfhörern am Wickel- statt am Schreibtisch bin.

Martin Spletter und die Kinder, Stockrosen und Interview-Notizen

Martin Spletter
Martin Spletter © WAZ | MS

Zu Hause zu arbeiten, das ist wie Großraumbüro, nur dass die Kinder in der Nähe sind, nicht die Kollegen. Ich sitze an unserem Esstisch im Wohnzimmer, und ab halb neun klingelt das Telefon. Freunde unserer Söhne, Verabredungs-Dates werden vereinbart. Konzentration: schwierig. Später machen die Kinder ihre Schulaufgaben, die online gestellt wurden, aber „wo ist denn mein Deutschheft?“

Ich hätte ihnen früher und besser Ordnung beibringen müssen, bin selbst natürlich nicht das beste Vorbild. Wo sind noch mal meine Notizen von meinem letzten Interview?

Immerhin: der Garten ist nur drei Schritte entfernt, Kaffeepause auf der Terrasse tut gut, und wenn ich nach zwei oder drei Wochen Coronakrise gar keine Themen mehr habe, schreibe ich Ihnen, liebe Leser, wie sich die Stockrosen bei uns zu Hause entwickeln oder tausche Tipps mit Ihnen aus zum Thema Gartenmöbelbau aus Europaletten.

Marcus Schymiczek freut sich aufs Wiedersehen

Marcus Schymiczek
Marcus Schymiczek © WAZ | MS

Homeoffice macht einsam. Soviel kann ich nach zwei Tagen schon sagen. Gut, der Kaffee schmeckt vertraut, und meine Kinder lassen mich arbeiten. Mal sehen wie lange, wenn die verordneten Ferien so schnell keine Ende nehmen sollten. Was mir fehlt?

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Der kreative Austausch mit meinen Kollegen und auch das lockere Gespräch über Dinge abseits der täglichen Arbeit. Aber ich denke, so geht es uns allen. Freue mich darauf, euch wiederzusehen. Hoffentlich bald.

Janet Lindgens, Nachbars Gartentisch und die fehlenden Kollegen

Von einem auf den anderen Tag ins Homeoffice zu gehen, stellt einen nicht nur vor technische Herausforderungen. Ich musste mir erstmal einen Schreibtisch organisieren. Und da das blau-gelbe Möbelhaus schon seit Dienstag geschlossen hat, habe ich mir einen Gartentisch vom Nachbarn geliehen. Mein Mann arbeitet schon seit Tagen im Homeoffice und hat bereits unseren Esstisch, der in normalen Zeiten auch als Schreibtisch dient, beschlagnahmt. Im gleichen Zimmer zu arbeiten geht ohnehin nicht, denn wir müssen beide viel telefonieren.

Janet Lindgens
Janet Lindgens © WAZ | JL

Und so habe ich jetzt im Gästezimmer meinen Arbeitsplatz eingerichtet mit Blick in den immer grüner werdenden Garten. Die Systeme laufen auch. Also alles perfekt? Mit nichten. Denn es fehlen die Kollegen, mit denen man sich gerne zu Themen austauscht, die einen bei Fragen und Problemen helfen und natürlich: Mit denen man auch mal herzlich lachen kann.

Heike van Ackern ist trotz Homeoffice für unsere Leser da

Es ist schon sehr einsam, das Homeoffice. Vorteil ganz klar, der Kaffee schmeckt besser. Das tägliche gute Essen in der Kantine fehlt absolut. Technik klappt bei mir perfekt. Man benötigt schon sehr viel Selbstdisziplin um bei diesem schönen Wetter nicht in den Garten zu gehen und eine lange Mittagspause einzulegen. Und meine Kollegen fehlen mir alle.

Heike van Ackern
Heike van Ackern © WAZ | HVA

Unsere Leser, die mich anrufen, merken es überhaupt nicht, dass wir im Homeoffice arbeiten. Und wenn das Gespräch darauf kommt, finden sie es alle großartig! Keiner murrt, dass die Zeitung nicht zugestellt wurde und es sind ganz viele Anfragen nach dem WAZ Plus Abo darunter. Ach ja und ganz viele verfrühte Urlaubsrückkehrer, die ihre Zeitung für einen längeren Zeitpunkt abbestellt haben, und diese aber wieder ab sofort lesen möchten.

Dominika Sagan vermisst das Lachen, Brummen und sogar das Seufzen

Dominika Sagan
Dominika Sagan © WAZ | DS

Tag 2 im Heisinger Homeoffice: 15.01 Uhr, zweiter Kaffee, Blick aus dem Fenster aufs Baugerüst gegenüber, der neue Bürostuhl macht sich gut. Die Technik ist stabil, die Programme auf dem Laptop laufen, die Handyverbindung ist nur zweimal abgebrochen. Statt zu Terminen auszurücken, telefoniere ich nun vor allem, erhalte viel mehr Informationen per Mail als sonst - draußen bei den Menschen. Läuft, kann ich melden.

Die Geschichten stehen, der Fotograf hat sich gerade gemeldet. Aber sonst ist es still hier, ein Einzelbüro statt Großraum, keiner außer mir hackt in die Tasten oder telefoniert, keiner brummt, seufzt, lacht, scherzt oder schimpft.

Es bleibt ungewohnt, niemandem kurz etwas zurufen zu können, und das tun wir häufig: Welches Bild nehmen wir? Kannst Du bitte mal auf die Überschrift schauen? Hat jemand Zeit, den Text gegenzulesen? Das sind die Klassiker – sie finden nun per Whats-App statt.

Es läuft, doch meine Kollegen fehlen, ich vermisse die direkten Rückmeldungen und den persönlichen Austausch - aber auch das Lachen, Brummen und sogar das Seufzen – und den Großraum.

Kirsten Simon wird erstmals in Jogginghose am Schreibtisch sitzen

Kirsten Simon
Kirsten Simon © WAZ | KS

Der erste Satz für den ersten Artikel am ersten kompletten Homeoffice-Tag meines Lebens ist schnell geschrieben, doch dann nimmt das Gedankenkarussell Fahrt auf: Was die anderen jetzt wohl machen? Ob sie in Jogginghosen am Tisch sitzen und recherchieren?

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Vorher hatte ich mir eingeredet, dass es viele Vorteile haben muss, von zu Hause zu arbeiten. Der kurze Weg zum Arbeitsplatz, die Nähe zu Balkon und Garten, und über Internet und Smartphone laufen doch ohnehin alle Systeme wie in der Redaktion. Dazu diese wohltuende Stille, so bildete ich es mir ein.

Die Wahrheit ist: Ich vermisse schon jetzt mein Großraumbüro. Die schnellen Zurufe statt langer Mails. Den Kollegen, der sich für den falschen Bundesligaverein entschieden hat und mit dem es deshalb vieles zu besprechen gibt. Die Konferenz, in der meistens etwas Platz bleibt, um auch mal zu lachen. Und am Mittag die Auswahl zwischen fünf Gerichten in der Kantine.

Ich stelle also fest, dass ich ein Rudeltier bin, wenn es um das Arbeiten geht. Aber vielleicht braucht es auch einfach etwas Übung, um sich an die neuen Umstände zu gewöhnen. Morgen werde ich zum ersten Mal in meinem Leben in der Jogginghose zum Schreibtisch gehen.

Katrin Böcker sehnt sich nach ihren Kollegen und vermisst den direkten Kontakt zum Leser

Katrin Böcker
Katrin Böcker © WAZ | KB

Die ersten beiden Tage im Homeoffice: Arbeiten von Zuhause hat definitiv seine Vorteile. Morgens gleichermaßen direkt vom Bett auf den Schreibtischstuhl zu fallen zum Beispiel, ohne die Pendelei von Köln nach Essen, mit der ich mich sonst herumschlagen muss. Und auch die Jeans gegen Fleece-Hosen einzutauschen, ist gar nicht so übel. Wer hat nochmal gesagt, man sollte im Home-Office die gleiche Kleidung tragen wie im Büro?

Die Technik klappt ebenfalls besser als befürchtet und bei kleinen Problemchen sind die Kollegen schnell über diverse Online-Kommunikationskanäle zur Stelle.

Aber während vorm Fenster immer noch Menschengrüppchen auf der sonnenbeschienenen Straße unterwegs sind, kommt es einem allein vor dem Laptop ein wenig einsam vor. Mir fehlt die Atmosphäre in der Redaktion, das Teamwork und die Möglichkeit, schnell Face-to-Face jemanden um Hilfe zu bitten. Und Journalismus ganz ohne draußen bei den Menschen zu sein, macht eben auch nur halb so viel Spaß. Telefonisch kann man einiges erledigen, den persönlichen Kontakt ersetzt das aber nicht. Keine Dauerlösung also. Corona, es reicht jetzt auch – wäre schön, wenn du dich wieder verziehst.