Essen-Karnap. Mohamed (16) und Belal (14) haben als Boxer erste Titel errungen. Trainiert werden sie in der Karnaper „Talentschmiede Ruhrpott“ des VKJ.

Gleich zwei junge Karnaper Boxer starten gerade durch: Mohamed Demir (16) und Belal Semmo (14) sind in ihrer Altersklasse aktuell zum Niederrheinmeister und Vizemeister gekürt worden. Trainiert werden sie in der „Talentschmiede Ruhrpott“. Das ist ein 2012 gegründetes Kooperationsprojekt vom Verein für Kinder- und Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten, VKJ, und dem Boxring Essen e.V.

Belal Semmo kann nicht eine Sekunde lang ruhig stehen: Er tänzelt von einem Fuß auf den anderen, mag es kaum abwarten, zum Aufwärmen loszurennen, um anschließend den Sandsack mit den Fäusten zu bearbeiten. Zum Boxen kam der 14-Jährige vor zwei Jahren – sein älterer Bruder hat ihn einfach in die Turnhalle der Maria-Kunigunda-Grundschule in Karnap mitgenommen: „Er hat mir gesagt, hier kann man Druck ablassen.“

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Zwei ehemalige Boxer trainieren die Jugendlichen in Karnap

Aber nicht nur das: Beim Training lernt der zappelige schlaksige Junge wichtige Dinge wie Fairness, Eigenverantwortung und wie man mit Niederlagen umgeht. Und das funktioniert: „Belal war ein wildes Kind, als er zu uns kam. Inzwischen ist er schon viel disziplinierter“, bestätigt sein Trainer Mohamed Zaitouni. Der Mittelgewichtsboxer macht das gemeinsam mit dem ehemaligen Bundesligaboxer Gjevdet Gashi, ehrenamtlich, trainiert zwei Mal in der Woche für jeweils zwei Stunden rund 20 Kinder und Jugendliche aus dem Essener Norden.

Von Beginn an ist Gjevdet Gashi mit Herz und Seele ehrenamtlicher Trainer in der „Talentschmiede Ruhrpott“.
Von Beginn an ist Gjevdet Gashi mit Herz und Seele ehrenamtlicher Trainer in der „Talentschmiede Ruhrpott“. © FUNKE Foto Services | Julia Tillmann

Die beiden ergänzen sich gut: Während der 43-jährige Mohamed Zaitouni mehr der Sozialarbeiter der jungen Boxer ist, legt der 51-jährige Gjevdet Gashi großen Wert auf die sportliche Komponente. Ohne Worte, nur mit Mimik, Gestik und der Trillerpfeife dirigiert der drahtige Ex-Boxer Gashi die Gruppe: Laufen, Sprinten, dabei mit den Armen rudern – die Aufwärmphase lässt die ersten ins Schwitzen kommen.

Wer zu spät kommt muss auf die Bank

„Ich bin streng. Wer zum Beispiel zu spät kommt, muss von der Bank aus zusehen“, sagt Gashi. Aber er setze keinen unter Druck, „die jungen Kerle sollen ja auch Spaß haben. Und der Ehrgeiz muss von den Jungs selber kommen“.

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Und Ehrgeiz hat Belal genauso wie der zwei Jahre ältere Mohamed Demir. „Seit ich klein bin, will ich Boxer werden“, sagt der 16-Jährige. Schon mit sieben Jahren stand er in der Halle vor den beiden Trainern – und wurde erst einmal wieder weggeschickt. Zwei Jahre später startete er dann durch und bestritt bereits ein halbes Jahr später seinen ersten Kampf. „Hier habe ich gelernt, Verantwortung für mein Handeln zu übernehmen. Das hat mir gut getan“, sagt er und klingt dabei ganz schön erwachsen.

Das Training hat positiven Einfluss auf das Sozialverhalten der Jungen

Tatsächlich habe das Training einen positiven Einfluss auf das Sozialverhalten der Kinder und Jugendlichen, sagt Vera Luber, Geschäftsführerin des VKJ: „Sie lernen hier, respektvoll miteinander umzugehen, helfen und unterstützen sich gegenseitig. Und sie erfahren, wie man mit Frustrationen umgeht. Diese positive Entwicklung erleben wir immer wieder bei den Teilnehmern.“

Zu den Erfahrungen, die die jungen Boxer sammeln, gehöre aber auch die Reduzierung und Kanalisierung von Agressionen. „Ich habe mich früher gerne geprügelt“, sagt ein Teilnehmer, „jetzt rede ich lieber statt zuzuhauen.“

Sponsoren unterstützen das soziale Boxprojekt

Das soziale Box-Projekt „Talentschmiede Ruhrpott“ wird von Sponsoren unterstützt.. Sie sorgen für die richtige Ausrüstung der jungen Talente, bezahlen das sportliche Equipment wie Boxhandschuhe und Sportkleidung, aber auch Trainingszubehör wie Sandsäcke.

Das Projekt soll dazu beitragen, durch sportliche Erfolgserlebnisse die Entwicklung von Selbstbewusstsein, Regelorientierung und Leistungsbereitschaft bei den Jugendlichen zu unterstützen und ihnen den Zugang zu entsprechenden sportlichen Angeboten und Organisationen zu erleichtern.

Das Boxtraining wird zweimal wöchentlich, Dienstag von 20 bis 22 Uhr und Freitag von 18 bis 20 Uhr in der Turnhalle der Maria-Kunigunda-Grundschule an der Katernberger Straße 84-90 durchgeführt.

Mehr Infos unter https://www.vkj.de/de/home/

Nachdenken statt impulsiv zu handeln – das gilt auch für die beiden Talente Belal und Mohamed: Ihre Begeisterung für den Boxsport lässt sie reifen und das Leben ganz neu entdecken. Und sie haben Ziele: Die Schule gut beenden und die sportliche Zukunft Schritt für Schritt gestalten, lautet das von Mohamed. Belal ist da schon großspuriger: „Ich will Box-Weltmeister werden“, sagt er und zeigt sein charmantes Grinsen. Und wenn das nicht klappt? „Dann werde ich eben Friseur.“